01.03.2004

Kindererziehung ist einfach

Essay von Sabine Beppler-Spahl

Statt Erziehungsberatern brauchen wir mutige Eltern.

Als mein Sohn vor gut drei Jahren in Berlin zur Welt kam, wandelte sich neben meiner persönlichen Lebenslage auch mein Status als Bürgerin der Stadt. Nicht nur Firmen und Verlage überhäuften mich mit Werbematerialien für ihre Baby- und Kinderprodukte, auch von offizieller Seite wurde mir als frischgebackener Mutter ungeahnte Aufmerksamkeit zuteil. Es begann mit einem Schreiben des Bezirksamtes Wilmersdorf, welches ich wenige Tage nach der Entlassung aus der Klinik erhielt:

„Liebe Eltern!
Wir gratulieren Ihnen zur Geburt Ihres Kindes. Die Geburt eines Kindes bedeutet eine große Veränderung und Umstellung in der Familie und es tauchen viele Fragen auf ... Als zuständige Sozialarbeiterin würde ich mich gerne am 11.9. um 11 Uhr zum Gespräch bei Ihnen zu Hause anmelden.”

Hatte ich mich irgendwie verdächtig gemacht? Ich inspizierte unsere Wohnung und kam zu dem Schluss, dass ich nichts zu verbergen hatte. Die Dame vom Amt verriet mir zu meiner Beruhigung, dass alle Haushalte im Bezirk Berlin-Wilmersdorf nach der Geburt eines Kindes aufgesucht werden. Dem Besuch folgte die monatliche Zusendung eines Erziehungsbulletins mit Tipps zu Erziehungsfragen sowie Hinweisen, wie mit Partnerschaftskrisen am besten umzugehen sei. Dieser „Elternbrief“ wird von dem Verein Neue Erziehung e.V. herausgegeben und durch den Berliner Senat sowie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

So wird mir eine Fürsorge zuteil, die im Grunde unauffällig ist, sich aber letztlich als Versuch identifizieren lässt, Eltern zu erziehen. Mütter und Väter sollen durch professionelle Berater erziehungstauglich gemacht werden. Leider wird dabei häufig das genaue Gegenteil von dem bewirkt, was die Berater offiziell bezwecken. Statt Eltern zu stärken, werden sie verunsichert und ihre Erziehungssouveränität zunehmend untergraben.

„Professionelle Erziehungsberater sehen sich berufen, Eltern von ihren Vorstellungen zu überzeugen und warnen vor den Konsequenzen, wenn man diese nicht anerkennt oder sich nicht den Erwartungen entsprechend verhält.“

Kampagne der Verunsicherung

Nach der Geburt eines Kindes stellen sich Eltern in der Tat fast täglich neue Fragen: Nimmt mein Kind genug Nahrung auf? Wie warm muss ich es anziehen? Warum schreit es nun schon wieder? Konkrete Fragen dieser Art beantwortet jede kompetente Hebamme, die allen Haushalten nach einer Geburt auf Kosten der Krankenkasse zusteht, die eigene Mutter, die Freundin oder auch der Kinderarzt. Die Hilfe zur Erziehung durch Sozialarbeiter und Psychologen hat einen anderen Charakter. Es geht darum, Eltern beizubringen, wie sie mit ihren Kindern richtig umgehen. Grundlage der Ratschläge sind dabei nicht zuletzt die eigenen Wertvorstellungen, Weltanschauungen und Erziehungsprinzipien. Die Autoren der Berliner Elternbriefe propagieren zum Beispiel sehr entschieden einen ausgesprochen soften Erziehungsstil. Die Sorge, Eltern könnten zu autoritär sein und ihre eigenen Vorstellungen und Wünsche über die des Kindes stellen, zieht sich durch alle Briefe. Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn die Erziehungsberatung eine offene, tolerante Debatte über Erziehungsfragen zuließe und es Eltern – innerhalb eines gewissen Rahmens – erlaubte, ihren eigenen Erziehungsstil zu finden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Professionelle Erziehungsberater sehen sich berufen, Eltern von ihren Vorstellungen zu überzeugen und warnen vor den Konsequenzen, wenn man diese nicht anerkennt oder sich nicht den Erwartungen entsprechend verhält.

Die unbedingt empfohlenen Verhaltensregeln sind häufig widersprüchlich oder setzen Eltern unter großen Druck. Die Folge ist, dass Eltern verunsichert sind oder sich mit Gewissensbissen plagen, wenn sie dem gut gemeinten Rat nicht Folge leisten wollen oder können.

Nehmen wir zum Beispiel das leidige Thema des Ein- und Durchschlafens von Babys und Kleinkindern. Die meisten Eltern merken schnell, dass ein Baby ihnen die oft dringend benötigte Nachtruhe streitig macht. Wie ist zu reagieren? Der Elterbrief rät: „Zeigen Sie (ihrem Baby), dass Sie es nicht im Stich lassen. Setzen Sie sich, wenn Ihr Baby nachts aufwacht, an sein Bettchen, sprechen Sie mit ihm, damit es merkt, dass Sie da sind. Machen Sie aber auch deutlich, dass Nacht ist, nicht Tag.“ Ein Rat, der wenig erfolgversprechend und zudem ziemlich unklar ist. Die Generation unserer Eltern erhielt da schon pragmatischere Hinweise, etwa von dem wohl renommiertesten Erziehungsberater der Nachkriegszeit, dem amerikanischen Kinderarzt Dr. Spock. In seinem zuerst 1945 erschienenen langjährigen Bestseller Baby and Child Care empfiehlt er, das Baby abends immer zur gleichen Zeit ins Bett zu bringen, ihm liebevoll, aber deutlich „Gute Nacht“ zu sagen und das Zimmer danach nicht wieder zu betreten.

Obwohl sich Benjamin Spock in den 50er-Jahren als liberaler Erziehungsspezialist einen Ruf machte, gilt sein Rat heute als kaltherzig. Viele Eltern suchen in der Ein- und Durchschlaffrage den Kompromiss. Das Buch Jedes Kind kann schlafen lernen ist ein Bestseller in Deutschland, weil es ein sehr konkretes Vorgehen zur Überwindung des Schlafproblems darlegt. Die Autoren empfehlen, nur in jeweils länger werdenden Abständen kurz nach dem schreienden Baby zu schauen. Ähnlich wie Dr. Spock trösten sie die Eltern damit, dass ein Baby in der Regel nicht ewig schreit, bei Berücksichtigung der Regeln des Buchs den Eltern schon nach zwei Nächten deutlich mehr Ruhe gönnt und schnell lernt, nachts durchzuschlafen. Ein Restzweifel bleibt dennoch bei vielen Eltern. Keine Mutter möchte, dass sich ihr Kind allein gelassen fühlt. Als ob die Autoren des Elternbriefes ahnen, dass Mütter und Väter nach einigen Monaten unruhigen Schlafs geneigt sind, sich anderen Rat als den ihren einzuholen, schreiben sie in der nächsten Ausgabe: „Es mag stimmen: Jedes schreiende Baby gibt irgendwann erschöpft auf und lernt früher oder später, dass nachts keine Aussicht auf Hilfe besteht. Ein fragwürdiger ‚Erfolg’, der Eltern und Kind eine Menge Vertrauen kostet.”

Wer weder sein Kind vernachlässigen noch die halbe Nacht am Bettchen sitzen möchte (eine Option, die besonders für berufstätige Mütter kaum in Frage kommt), glaubt vielleicht eine gute Lösung gefunden zu haben, indem er das Baby mit ins eigene Bett nimmt. Falsch, so der Elterbrief: „Auch einem kleinen Kind kann die Nähe zu seinen Eltern zu viel werden. Denn Mamas oder Papas Kuscheltier ist Baby nicht! Sie können ruhig anfangen, Ihr Baby allein schlafen zu lassen – im Kinderbett neben sich oder im Zimmer nebenan. Keine Sorge, wenn es Sie braucht, wird es sich bemerkbar machen.”

Problem gesucht!

Es wird wohl niemand ernsthaft die Meinung vertreten, dass Erziehung heute objektiv schwieriger ist als vor 30, 60 oder noch mehr Jahren. Die Generation unserer Urgroßeltern, Großeltern und Eltern hatten mit ganz anderen Problemen zu kämpfen als wir (Not, Krieg, Krankheit und früher Tod von Müttern, Vätern oder auch Kindern). Unsere Probleme sind eher subjektiver Natur. Professionelle Erziehungsberater tendieren dazu, diese subjektiven Schwierigkeiten übertrieben darzustellen und Probleme zu suchen, weil sie ansonsten ihre eigene Existenzberechtigung in Frage stellen müssten.

Für mich war es daher wenig erstaunlich, dass meine Sozialarbeiterin auch bei mir ein Problem finden sollte. Ich hatte meinen vier Wochen alten Sohn in seinen Maxi-Cosi gesetzt. Mit strengem Blick machte sie mich darauf aufmerksam, dass der Kindersitz Schäden im Rückgrat hervorrufen könne (ein Hinweis, den mein Kinderarzt auf Nachfrage mit einer simplen Handbewegung und Kopfschütteln abtat). Auch meinte sie, ein Stillproblem zu erkennen, da ich aus gutem Grund dazu übergegangen war, nicht immer zu stillen, sondern abwechselnd abzupumpen und die Milch in der Flasche zu geben und vergessen hatte, die Pumpe rechtzeitig vor Eintreffen der Sozialarbeiterin zu verstecken.

Glaubt man den Elternbriefen, so können Eltern in jeder Lebensphase eines Kindes folgenschwere Fehler begehen. Neben der Einschlaffrage ist die Windelentwöhnung ein Beispiel für eine Erziehungsfalle. Als mein Sohn im Spätsommer zwei Jahre alt wurde, kam mir die naheliegende Idee, die warmen Monate vor seinem zweiten Geburtstag zu nutzen, um ihn langsam ans Töpfchen zu gewöhnen. Aber Vorsicht: Die Warnung der Elternbriefe beginnen schon früh. Dass ein 12 Monate altes Kind noch nicht auf eine Windel verzichten kann, leuchtet ein. Der Elternbrief warnt: „Es gibt sie leider immer noch, die Verfechter der frühen Sauberkeitserziehung. Sie vergessen leicht, dass der Druck, aufs Töpfchen zu gehen, von einem kleinen Kind unter Umständen einen hohen Preis verlangt: Mit dem noch unsicheren Erfolg ist es bei der kleinsten Belastung manchmal schlagartig vorbei, oder es treten plötzlich Probleme in einem anderen Bereich auf.“

Erstaunlicher aber ist, dass die Warnung sich auch auf Kinder von fast zwei Jahren (1 Jahr, 10 Monate) erstreckt: „Nichts ist schlimmer, als fürs Pinkeln gescholten zu werden ... Ob Topf, Toilette oder Windel – das darf ruhig die Wahl unserer Kinder sein. Wir können anbieten und loben, mehr nicht.“

Auch wer glaubt, spätestens mit drei Jahren sei die Gefahr einer Überforderung gebannt, irrt sich: „Manche Eltern werden jetzt ungeduldig: Eigentlich könnte man mit drei Jahren schon sauber sein ... Könnte man, muss man aber nicht ... bleiben Sie so taktvoll, heiter und optimistisch wie bisher”, so der Brief für Kinder im Alter von 39 Monaten.

„Jede Erziehungsfrage, ob Schlafen oder Sauberkeit, wird zu einem Problem stilisiert.“

Natürlich ist es schön, wenn Eltern entspannt sind und sich nicht wegen der Erziehung zur Sauberkeit unter Druck setzen. Das Problem ist jedoch, dass jeder dieser Ratschläge eine unterschwellige oder auch offen ausgesprochene Warnung enthält. Der Hinweis, Eltern und Kind zahlten bei jeder „Regelmissachtung“ einen hohen Preis, kommt fast einer Drohung gleich. Wer hat nicht schon Unmut zum Ausdruck gebracht, wenn das zwei- oder dreijährige Kind beim Spielen vergessen hat, „Bescheid“ zu sagen oder beim Winterspaziergang plötzlich mit nasser Hose herumläuft?
Zahlreiche berufstätige Mütter müssen das Topftraining Groß- oder Tagesmüttern überlassen, und die sind oft der Meinung, dass man einem Zweijährigen durchaus Trockenheit beibringen könne. Muss man fürchten, man habe sein Kind verängstigt oder fürs Leben geschädigt? Jede Erziehungsfrage, ob Schlafen oder Sauberkeit, wird so zu einem Problem. Auch beim Essen darf man sein Kind natürlich nicht unter Druck setzen und von ihm verlangen, dass es isst, was auf den Tisch kommt. Gleichzeitig enthält der Brief selbstverständlich, ganz dem Zeitgeist entsprechend, Tipps, wie sich die ganze Familie vollwertig ernähren kann. Was aber, wenn die Körner dem Kleinen nicht schmecken?

Die überforderten Eltern

Professionelle Erziehungsberatung ist gut gemeint, und ihre Vertreter sind bemüht, nicht bevormundend zu klingen. Erziehung soll als schwierige Aufgabe ernst genommen werden und höhere gesellschaftliche Anerkennung genießen, als dies früher der Fall war. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist, dass Erziehung heute oft als etwas so Schwieriges dargestellt wird, dass man sie Eltern eigentlich nicht alleine überlassen kann. Professionelle Intervention wird aufgewertet, das Recht der Eltern, ihre Kinder selbstbestimmt zu erziehen, wird abgewertet – wenn auch oft unbewusst und unbemerkt.

In seinem Buch Dr. Spock on Parenting beschreibt Benjamin Spock, wie einige Mütter in den 50er- und 60er-Jahren weinend nach der Geburt ihrer Babys aus der Klinik entlassen wurden. Die Mütter hatten Angst vor dem Alleinsein mit einem Neugeborenen und fürchteten sich vor der eigenen Unwissenheit im Umgang mit dem Kind. Anders als heute üblich und sicher eher im Einklang mit dem damaligen Zeitgeist betont Dr. Spock, dass Erziehung weniger schwierig sei, als diese Mütter vielleicht meinten. Er weist darauf hin, dass Eltern aufgrund ihres engen Verhältnisses und ihrer natürlichen Liebe zum Kind, das sie besser kennen als jeder Außenstehende, instinktiv in der Regel das Richtige tun.

Natürlich machen Eltern Fehler, aber in den seltensten Fällen solche gravierenden, dass Kinder wirklichen psychischen (oder physischen) Schaden davontragen. Erziehung verlangt von Eltern viel. Die meisten Eltern (außer wenigen Ausnahmen) sind mit der Erziehung ihrer Kinder jedoch nicht überfordert. Ganz anders sehen das die modernen „Dr. Spocks”. Eltern, die sich überfordert fühlen, sind die Regel. Das Bild der überforderten Mutter zieht sich durch alle Elternbriefe. Brief Nr. 6 enthält zum Beispiel eine Art Musterschreiben einer Frau an ihren Mann: „Mein lieber Mann, zugegeben, es war nicht nett von mir, alles stehen und liegen zu lassen nach unserem Streit. Aber ... ich kann nicht mehr… Hier bei Paula ist es wunderbar: Ich habe zehn Stunden geschlafen, dann gebadet, in Ruhe gefrühstückt…“

Weil davon ausgegangen wird, Kinder müssten vor der Überforderung ihrer Eltern, die jederzeit und überall zum Ausdruck kommen kann, geschützt werden, werden wir häufig ermuntert, professionellen Beistand aufzusuchen. Das folgende Zitat richtet sich an Eltern, die ihre Kinder schlagen, schlagen wollten oder einmal geschlagen haben: „Wie viele von uns sind schon erschrocken, sich plötzlich im Spiegel zu sehen, mit erhobener Hand, hasserfülltem Blick! Wer selbst als Kind geschlagen wurde, kann Konflikte oft nur lösen, wie er es gelernt hat: mit Gewalt. Manche reden sich raus, ein Klaps habe noch niemandem geschadet. Andere lassen Entsetzen und Scham zu, verstecken sich nicht, suchen das Gespräch ... Wer Gefahr läuft, sein Kind zu schlagen, sollte sich unbedingt um zuverlässige, fachliche Hilfe bemühen…” (Elternbrief 10).

„Statt von Überforderung zu sprechen, sollte man vielleicht darüber nachdenken, ob der Ruf nach den immer beherrschten, nie schimpfenden „Supereltern” nicht Überforderung erst aufkommen lässt.“

Diese Appelle zeigen, dass die Grenze zwischen „gut gemeint“ bis hin zu bevormundend oder sogar „bedrohend“ oft sehr verschwommen ist. Das Bild, welches hier vermittelt wird, könnte deutlicher nicht sein: Das Böse, welches in allen Eltern steckt, kann jederzeit hervorbrechen. Die Überforderung kann uns alle zu aggressiven, unkontrollierten Unmenschen machen. Wer sich zurücklehnt und guten Gewissens sagen kann, dass er seinem Kind noch nie einen Klaps gegeben hat, ist dennoch nicht vor Fehltritten als Folge von Überforderung gefeit: „Oft aber, besonders abends, wenn wir endlich für uns sein wollen, raubt uns unser lebendiges und mitteilsames Kind den letzten Nerv. ‚Bist Du wohl endlich ruhig?!’ hören wir uns schreien. Und ehe wir uns versehen, schreien wir unseren ganzen Kummer, unsere Wut auf unseren Partner, unseren Chef, auf die ganze Welt heraus. Je unbeherrschter wir aber selber sind, desto unruhiger wird auch das Kind. Es begreift nicht, was los ist. Es ängstigt sich, es kann sich nicht abschirmen gegen unsere bösen Worte, unsere Wut, es kann allenfalls schreien – was uns noch mehr an den Rand der Verzweiflung bringt. Das sind Momente, in denen manche Eltern die Beherrschung verlieren, in denen Gefühle von Überforderung und andauernder Anspannung sich gewaltsam entladen.“

„Eltern brauchen Hilfe, aber ganz anderer Art, etwa in Form einer besseren Tagesbetreuung ihrer Kinder.“

Es passiert uns von Zeit zu Zeit, dass wir unüberlegte Dinge sagen oder aufbrausen, obwohl es uns später Leid tut. Keine Familie hat je und wird je ohne Streit, Schimpfen und Spannungen leben. Kinder können damit durchaus umgehen. Wichtig ist, dass Kinder die Gewissheit haben, von ihren Eltern geliebt zu werden. Eltern dagegen sollten Selbstvertrauen in ihre eigenen Erziehungsfähigkeiten haben. Wer sich ständig Vorwürfe macht, setzt sich selber unter großen Druck. Statt von Überforderung zu sprechen, sollte man vielleicht darüber nachdenken, ob der Ruf nach den immer beherrschten, nie schimpfenden „Supereltern” nicht Überforderung erst aufkommen lässt.

Welche Hilfe brauchen Eltern wirklich?

Natürlich gibt es Eltern, die tatsächlich überfordert sind. Erschreckende Zeitungsberichte über misshandelte Kinder zeugen davon. Wir sollten uns jedoch gegen jeden Versuch wehren, diese Ausnahmefälle als Regelfall erscheinen zu lassen und somit alle Eltern mit den psychisch und charakterlich Schwächsten unserer Gesellschaft gleichzusetzen. Die weitaus große Mehrheit der Eltern will für ihre Kinder das Beste und das ist eine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Erziehung. Das ständige Überbetonen von Fehlern und Schwächen ist in dieser Situation eher hinderlich für die Entwicklung einer stabilen Eltern-Kind-Beziehung. Eltern brauchen Hilfe ganz anderer Art, etwa in Form einer besseren Tagesbetreuung ihrer Kinder. Als ich „meine“ Sozialarbeiterin auf geeignete Kinderbetreuung ansprach, gab sie mir eine Telefonliste von Kinderkrippen mit hoffnungslos langen Wartelisten und die Adresse der städtischen Tagesmutter-Verwaltungsstelle, wo man mir selbstverständlich auch nicht helfen konnte.

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