10.03.2014

Keine Angst – der Westen wird nicht untergehen

Essay von Vera Lengsfeld

Die durch niemanden kontrollierte EU-Bürokratie zielt auf einen zentralistischen europäischen Einheitsstaat. So wird Europa sich jedoch selbst untreu, denn seine Stärke lag stets in seiner Kleinteiligkeit und der Idee der Beschränkung der Regierungsmacht.

DEndzeitstimmungen hat es in der Geschichte der Menschheit immer gegeben. Davon zeugen nicht nur das Buch der Bücher, sondern auch zahlreiche Legenden. In letzter Zeit scheinen sich die Untergangsszenarien aber zu häufen. Denken wir allein an die beiden letzten Jahrzehnte, nachdem die Menschheit der akuten Gefahr, einem Atomkrieg zum Opfer zu fallen, durch den Zusammenbruch des kommunistischen Blocks entronnen war. Überbevölkerung, Überalterung, Schweinepest, Rinderwahn, Vogelgrippe, Aids, Erderwärmung, Fettleibigkeit, mögliche Asteroideneinschläge, resistente Viren, um nur einige der düsteren Prophezeiungen zu nennen, die mit Regelmäßigkeit durch die Medien geistern, aber ebenso regelmäßig das Ende der Menschheit nicht herbeigeführt haben. Tatsächlich leben wir immer länger und immer besser und das nicht nur im Westen, sondern global.

Immer noch führt der Westen die Lebensstandardstatistik an. Angesichts der selbst produzierten Probleme, die den Westen zurzeit beschäftigen, fragt man sich allerdings, wie lange noch.

Bevor wir uns diesen Problemen zuwenden, müsste als erstes geklärt werden, was der Westen überhaupt ist: USA, Kanada, Europa, Australien, Neuseeland, Japan. Was macht den Westen aus? Ganz klar: Es ist nicht die Geografie, die den Westen eint. Japan, Australien und Neuseeland liegen im Osten. Polen, Tschechien, Ungarn und die anderen Ostblockstaaten gehörten bis 1990 nicht zum Westen, sondern zu einem feindlichen, antiwestlichen Block. Heute sind sie die Länder, die dem westlichen Ideal noch am nächsten kommen.

Es ist auch nicht das Christentum, das den Westen eint. Es gibt inzwischen mehr Christen in Südamerika als in Europa und in Nigeria mehr als in Deutschland. Der Westen hat ebenso nichts mit Ethnien zu tun – dafür ist Japan der Beweis oder auch die USA, die als multiethnisches Einwanderungsland in vieler Hinsicht das westliche Modell par excellence sind.

„Was den Westen ausmacht, gleichzeitig sein Erfolgsmodell darstellt, ist die Idee der Beschränkung von Macht und die Kontrolle, der Regierungen unterworfen werden.“

Was den Westen ausmacht, gleichzeitig sein Erfolgsmodell darstellt, ist die Idee der Beschränkung von Macht und die Kontrolle, der Regierungen unterworfen werden. Diese Idee von Machtbeschränkung und Kontrolle ist keineswegs erst in der Moderne entstanden, auch nicht in der Neuzeit, sondern hat eine Tradition, die bis ins Mittelalter zurückreicht.

Schon 1100 erließ Henry I die Charta der Freiheiten, mit der er seiner Macht selbst Grenzen setzte. Ein Jahrhundert später war es nicht mehr der König selbst, sondern Druck von unten, der dazu führte, dass mit der Magna Charta weitere Machtbeschränkungen für King John vorgenommen wurden.

Als die Parlamentarier 1628 Charles I die Petition of Right präsentierten, die sich u.a. gegen die Verletzung des Eigentumsrechts wendete, beriefen sie sich bereits auf altes englisches Recht, demzufolge ohne Einverständnis des Parlaments keine Steuern erhoben werden dürfen. Als Charles I die Petition zwar unterschrieb, um Geld bewilligt zu bekommen, die Forderungen aber nicht erfüllte, brach ein Bürgerkrieg aus, der mit der Hinrichtung des Königs endete und das Haushaltsrecht als das Königsrecht des Parlaments etablierte. Im siebzehnten Jahrhundert stolperte England eher ungeschickt als zielstrebig in Richtung einer verfassungsgemäßen Festschreibung der Parlamentshoheit, die endgültig mit der Glorreichen Revolution erreicht wurde. Die Durchsetzung der Bill of Rights regelt die Rechte des Parlaments gegenüber dem Königtum. Es ist ein Dokument der Beschränkung der Macht.

Daran orientierten sich die amerikanischen Rebellen hundert Jahre später, als sie verfassungsmäßige Rechte zur Beschränkung von Regierungsgewalt proklamierten. In vieler Hinsicht waren die Amerikaner erfolgreicher oder konsequenter als ihre englischen Vorbilder. Bis heute ist die amerikanische Verfassung der weitest gehende Versuch, Regierungsmacht zu beschränken. Hier wird Macht sorgfältig auf die staatliche oder föderale Ebene verteilt, zwischen Exekutive, Legislative und Judikative das System der gegenseitigen Kontrolle etabliert.

Aber es war eben kein Dokument nur der eigenen Überlegungen der Verfassungsväter. Es war Fortsetzung und Höhepunkt der europäischen Entwicklung. Als die Amerikaner „No Taxation without Representation“ riefen, forderten sie ein altes Recht, dass ihnen von einer tyrannischen Regierung verweigert wurde. Die repräsentativen Institutionen sollten alte, unveräußerliche Rechte schützen.

In Deutschland scheiterte der Versuch des Paulskirchenparlaments, eine bundesstaatliche konstitutionelle Erbmonarchie zu etablieren, die in demokratischer Abstimmung gewählt wird. Kaiser Friedrich Wilhelm lehnte das Ansinnen des Parlaments ab und berief sich auf sein Gottesgnadentum. Aber immerhin war der demokratische Gedanke so stark, dass Teile der Paulskirchenverfassung sowohl in die Weimarer Verfassung als auch ins Grundgesetz übernommen wurden.

Politiker mögen heute als unermüdliche Streiter für immer mehr Regierung angesehen werden, aber die Parlamente und Institutionen, in denen sie sitzen, waren ursprünglich für den gegenteiligen Zweck entwickelt worden: um Monarchen und deren Minister daran zu hindern, immer mehr Steuern ohne die Einwilligung des Volkes zu erheben.

„Eine Regierung aus gewählten Repräsentanten mit der Aufgabe, die Macht klein zu halten, ist die Basis des westlichen Erfolgsmodells.“

Eine Regierung aus gewählten Repräsentanten mit der Aufgabe, die Macht klein zu halten, ist die Basis des westlichen Erfolgsmodells. Wie kam es dennoch zu dem ausufernden Wachstum von Regierungen und Regierungsinstitutionen im Westen in den letzten Jahrzehnten?

Die gängige Antwort lautet, Demokratien, die das ganze Volk zu repräsentieren hätten, brauchten große Regierungen. Falsch. England, Frankreich und die USA hatten im 19. Jahrhundert nach der Einführung des Allgemeinen Wahlrechts kleine Regierungen, die Staatsausgaben betrugen nicht mehr als drei Prozent des Bruttosozialprodukts.

Es war das undemokratische Preußen unter Bismarck, das den interventionistischen Staat erfand. Es begann 1881 mit der Einführung der Sozialversicherung bei Unfällen, 1883 folgte die Krankenversicherung und 1889 die Altersversicherung. Nicht die Wähler haben Bismarck gezwungen, diese Wohltaten einzuführen. Die waren im Preußischen Dreiklassenwahlrecht viel zu unterschiedlich verteilt. Es war die Idee von Sozialreformern um Theodor Lohmann. Der Wahrheit halber muss man hinzufügen, dass es ähnliche Eliten, die ebenfalls der Meinung waren, der Staat müsse mehr tun, auch in England oder Frankreich gab. Man sah mit Bewunderung auf das „Preußische Modell“. Weil aber den Wählern in England und Frankreich die Kosten solch sozialer Wohltaten noch bewusst waren, lehnten sie ähnliche Modelle für sich ab.

Erst als die Grundlagen der Steuererhebung geändert wurden, die Staatsausgaben verschleiert werden konnten, war dem Wachstum der Regierungen Tür und Tor geöffnet. Bis zum ersten Weltkrieg betrug die Steuer-, und Ausgabenlast der Bürger für den Staat nicht mehr als zehn Prozent ihres Einkommens. Das war etwa der Teil, der schon seit dem Mittelalter aufgebracht werden musste.

Heute geben die Steuerzahler des Westens gut die Hälfte ihres Einkommens, in Deutschland ist es schon mehr als die Hälfte, an den Staat ab. Das heißt, die größten Ausgaben, die ein Steuerzahler in seinem Leben hat, betreffen nicht mehr sein Haus, sein etwa halbes Dutzend Autos, seine noch so exotischen Reisen oder die Ausbildung seiner Kinder. Die Mammutausgabe seines Lebens muss er dem Staat entrichten. Sonst drohen Gefängnis und soziale Ächtung.

Der Trick, mit dem es den Regierungen relativ problemlos gelingt, so viel Geld von ihren Bürgern zu bekommen, heißt progressive Besteuerung. Sobald die Steuerveranlagung nicht mehr für alle gleich ist, sind die Steuerzahler hinreichend gespalten. Wie sehr, hat die jüngste Ankündigung von Steuererhöhungen durch die Grünen gezeigt. Anfangs stimmte eine Mehrheit der Deutschen den Plänen zur höheren Besteuerung von „Reichen“ zu. Erst als klar wurde, dass große Teile des Mittelstandes betroffen sein würden, wendete sich das Blatt.

Zwei weitere Tricks helfen, den Umfang der Staatsausgaben zu verschleiern: unablässige Kreditaufnahme und das Drucken frischen Geldes. Die unbekümmerte Schuldenaufnahme hat den Westen in seine gegenwärtige Krise geführt. Diese Staatsschuldenkrise des Westens hat schon seltsame Blüten getrieben. Unvergessen ist die Bittfahrt des ESM-Chefs Klaus Regling nach China, wo er 2011 die Chinesen überreden wollte, 700 Milliarden Euro in den ESM zu stecken.

Ein Land, in dem ein Arbeiter durchschnittlich 80 Dollar in der Woche verdient, sollte Ländern aus der Klemme helfen, in denen einem Fünftel der arbeitsfähigen Bevölkerung weit mehr fürs Nichtstun bezahlt wird. Allein die Idee gehabt zu haben, zeugt von der verzweifelten Lage der Schuldenstaaten. Die westliche Schuldenpolitik ist längst am Ende, nur zieht sich die Konkursverschleppung noch etwas hin.

Ist deshalb aber der Westen am Ende? Um die Eingangssätze ins Philosophische zu wenden: Es hat dem Westen nie an Philosophen und Wissenschaftlern gefehlt, die seinen bevorstehenden Untergang prophezeiten. Von Wissenschaftlern wie Malthus oder Galton, Historikern wie Toynbee und Spengler bis zu Philosophen wie Nietzsche oder Schriftstellern wie Wells zieht sich ein Strang von Untergangsszenarien durch das westliche Denken.

„Während der hundert Jahre nach dem Erscheinen von Der Untergang des Abendlandes hat sich der Westen eines spektakulären wissenschaftlich-technischen Fortschritts erfreut.“

Fest steht, dass alle, die in den vergangenen Jahrhunderten den Untergang des Westens bevorstehen sahen, sich gründlich geirrt haben. Während der hundert Jahre nach dem Erscheinen von Der Untergang des Abendlandes hat sich der Westen eines spektakulären wissenschaftlich-technischen Fortschritts erfreut, einer technologischen Revolution, ausgelöst von den mit dem Zusammenbruch des Ostblocks frei gewordenen wissenschaftlich-technischen Kapazitäten, die im Kalten Krieg durch den Rüstungswettlauf gebunden waren.

Statt zusammenzubrechen, hat die westliche Zivilisation eine große globale Wirkung entfaltet. Auch gegen den Willen unserer Intelligenzija ist die Anziehungskraft des westlichen Lebensmodells ungebrochen.

Nur weil die Untergangspropheten immer wieder falsch lagen, heißt das noch nicht, dass wir uns auf der sicheren Seite befinden. Um eine Zukunft zu haben, muss der Westen zu seinem Erfolgsmodell zurückkehren. Das ist leichter gesagt als getan, denn die westliche politische Elite, oder was sich dazu ernannt hat, beschreitet gegenwärtig den umgekehrten Weg. Sie wendet sich vom westlichen Erfolgsmodell ab und versucht, hinter dem Rücken der Bevölkerung einen europäischen Einheitsstaat zu installieren. Wie absurd das ist, haben wir vorgeführt bekommen, als die Nachrichten vermelden mussten, dass die Außenminister der EU sich nicht auf eine gemeinsame Linie in der Syrienfrage verständigen konnten. Es gibt eben 27 unterschiedliche Haltungen zu Syrien, nicht eine europäische, es gibt 27 nationale Interessen, nicht ein europäisches. Und das ist auch gut so.

Die Kleinteiligkeit war immer Europas Stärke. Als Christoph Kolumbus beim portugiesischen König keine Unterstützung für seine Pläne fand, den Atlantik auf der Suche nach einem neuen Seeweg nach Indien zu überqueren, konnte er sich nach Spanien wenden und Amerika wurde entdeckt. Als die Bourbonenkönige in Frankreich entschieden, ihre Protestanten loszuwerden, konnten die nach England oder Brandenburg flüchten und hier die Kultur mit Chaiselongues, Portemonnaies und Sahneschnitten bereichern. Die vier großen Erfindungen Chinas, das Papier, der Buchdruck, das Schießpulver und der Kompass, wurden erst von den Europäern zu Weltmarktprodukten gemacht. China hatte sich als bürokratisches Imperium in einen tausendjährigen Stillstand begeben. Die Geschichte lehrt, dass große Imperien nicht unbedingt wettbewerbsfähiger sind als kleine Einheiten. Ein Europäischer Zentralstaat wird ebenso scheitern wie die Sowjetunion gescheitert ist.

„In seiner Geschichte war Europa immer hayekanisch. Aus diesem Grund waren europäische Länder immer sehr innovativ, dynamisch und kreativ.“

Machen wir eine Zeitreise: Vor tausend Jahren hatte China eine große Flotte, Universitäten, Kanäle, Papiergeld und Großstädte. Indien blickte auf eine fünftausendjährige Zivilisation zurück, in Konstantinopel stand schon die mächtige Hagia Sophia. Aber keines dieser Reiche war für die nächsten tausend Jahre der Geschichte bestimmend. Das war Europa, das vor tausend Jahren noch durch in mächtigen Wäldern stehende Weiler dominiert war. In Europa gab es nie ein Imperium, sondern Staaten, die miteinander im Wettbewerb standen. Es gab nie einen gemeinsamen Plan, kein koordiniertes Handeln, trotz aller Versuche der mittelalterlichen Päpste, der Habsburger, Napoleons oder der Kaiser – der Kontinent funktionierte so, wie sich der Ökonom Friedrich August von Hayek eine gut funktionierende Marktwirtschaft vorstellt. In seiner Geschichte war Europa also immer hayekanisch. Aus diesem Grund waren europäische Länder immer sehr innovativ, dynamisch und kreativ. Es gab keine gesamteuropäische Bürokratie, die sie gängelte. Bis vor kurzem. Seit die EU und ihre Kommissare Europa beinahe täglich mit neuen Vorschriften, Verboten, Verordnungen und Erlassen überziehen, nimmt diese Dynamik spürbar ab. Wir erleben die Entwicklung einer bürokratischen „Elite“, die das traditionelle Leben Europas, sein Erfolgsmodell, zu ersticken droht.

Wenn wir heute den Reichtum der alten italienischen oder flandrischen Städte bewundern, so sind sie ein Resultat des freien Wettbewerbs freier Stadtstaaten. Die holländische Republik bestand im 17. Jahrhundert aus einer Föderation verschiedener Staaten. Dieses Modell der Machtverteilung hatte außerordentlich produktive Folgen: Erstmals in der Geschichte der Menschheit begann das Bruttoinlandsprodukt schneller zu wachsen als die Bevölkerung. Es explodierte förmlich und erlaubte den Holländern, der mittelalterlichen Armut zu entkommen. Trotz weniger natürlicher Ressourcen wurden die Holländer zu einer Weltmacht: Sie dominierten den Welthandel, hatten eine Hochseeflotte und ein riesiges Imperium. Holland im 17. Jahrhundert war das wohlhabendste Land der Welt.

Also gab es nicht nur erfolgreichen Wettbewerb von Staaten untereinander, sondern auch Wettbewerb innerhalb von Staaten. Die europäischen Länder mit Machtverteilung waren immer innovations- und wettbewerbsfähiger als die Länder mit Zentralmacht wie Frankreich und Spanien, aber insgesamt profitierten auch die Zentralstaaten vom europäischen Modell. Von 1800 bis 2006 wuchs das Pro-Kopf-Einkommen des Westens um das Einundzwanzigfache, im Rest der Welt nur um das Achtfache.

„Die Europäische Bürokratie, die von niemandem kontrolliert wird, auch nicht vom europäischen Parlament, ist dabei, den europäischen Systemwettbewerb, der Europa erfolgreich gemacht hat, zu eliminieren.“

Jetzt ist Europa dabei, diese Erfolgsgeschichte zu verspielen. Die Europäische Bürokratie, die von niemandem kontrolliert wird, auch nicht vom europäischen Parlament, ist dabei, den europäischen Systemwettbewerb, der Europa erfolgreich gemacht hat, zu eliminieren. Heute hat sich die Angst der europäischen Bürokratie vor dem Wettbewerb in einem Wettbewerbskommissar materialisiert, der mit Wettbewerb so viel am Hut hat wie der Orwell’sche Wahrheitsminister mit der Wahrheit.

Die unterschiedlichen europäischen Staaten sollen nicht länger unterschiedliche Lösungsansätze ausprobieren, die, wenn sie erfolgreich sind, von anderen Ländern übernommen werden können, sondern alle sollen gemeinsam an gemeinsamen Lösungen arbeiten. Zusätzlich schnüren überstaatliche Institutionen die individuellen Handlungsmöglichkeiten der Länder ein. Der Supranationalismus macht Systemwettbewerb unmöglich. Damit implementiert die Brüsseler Bürokratie ein zentralistisches Muster, das vor wenigen Jahren noch undenkbar war und das in seiner kommunistischen Ausprägung vor zwanzig Jahren vor aller Augen gescheitert ist.

Was spricht trotzdem dafür, dass die Zukunft hayekanisch und nicht zentralistisch ist? Das Erfolgsmodell des Westens ist eben nicht sein Wohlfahrtsstaat, sondern sein Modell der Machtbegrenzung. Als vor mehr als zwanzig Jahren das westliche Modell sich als dem Kommunismus überlegen erwies, war das ein Schock für die Teile der westlichen Intelligenzija, die zwar die Vorteile des Westens genossen, sich aber in der Sicherheit der Demokratie den Luxus des Hasses auf den Westen leisteten. Seitdem sind diese „Eliten“ dabei, verbissen den Beweis anzutreten, dass auch Sozialismus light nicht funktioniert. Ihr zentralistisches Modell von Europa war nie mehr als eine Kopfgeburt und eine Missgeburt dazu. Die Geburtsfehler sind Systemfehler und von daher nicht reparierbar. Es wird keine weiteren zwanzig Jahre dauern, bis das für alle sichtbar wird. Einheitseuropa funktioniert vorn und hinten nicht und wird nicht funktionieren.

Die digitale Revolution ist der beste Verbündete für eine hayekanische Zukunft. Bereits heute sind Informationen, die einst die Regierungs-, und Behördenbüros nicht verließen, allgemein zugänglich. Als Alternative zur staatlichen Propaganda und den Mainstreammedien etabliert sich zunehmend eine alternative Öffentlichkeit im Internet. Nicht mal den restriktiven chinesischen Behörden gelingt es, die unabhängigen Blogger in den Griff zu kriegen. In den westlichen Staaten wird das erst recht unmöglich sein.

Die technologischen Möglichkeiten wecken massenhaft den Appetit, Entscheidungen für sich selbst zu treffen. Neue Netzwerke und reziproker Austausch schaffen neue, unvorstellbare Ressourcen von gemeinschaftlicher Intelligenz. In Zukunft ist Google für jeden wichtiger als Regierungserlasse. Wahlfreiheit, Wettbewerb, im Handel und in Ideen, werden die Norm und sind über Internet realisierbar, ohne jede staatliche Gängelung. Das westliche Modell ist nicht zum Untergang verurteilt. Im Gegenteil. Es wird sich in der digitalen Welt durchsetzen. Die Zukunft ist hayekanisch. Die besten Tage liegen noch vor uns.


Dieser Artikel ist zuerst in der Novo-Printausgabe (#116 - II/2013) erschienen. Kaufen Sie ein Einzelheft oder werden Sie Abonnent, um die Herausgabe eines wegweisenden Zeitschriftenprojekts zu sichern.

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