26.01.2015

Der grüne Papst

Essay von Rob Lyons

Franziskus gilt als Reformpapst, der die Kirche von veralteten Traditionen befreit. Auch seine Einstellung zum Thema Umwelt spiegelt den aktuellen Zeitgeist wider. Rob Lyons zeigt auf, warum diese Haltung sowohl antikatholisch und als auch antihumanistisch ist

„Wir sind Hüter der Schöpfung. Wenn wir die Schöpfung ausbeuten, zerstören wir das Zeichen der Liebe Gottes. Die Schöpfung zerstören, bedeutet, zu Gott zu sagen: ‚Ich mag sie nicht. Sie gefällt mir nicht.‘ ‚Was magst du dann?‘ ‚Ich mag mich selbst!‘ Hier, das ist die Sünde! Erkennst du das? Die Bewahrung der Schöpfung ist die Bewahrung von Gottes Geschenk an uns, und sie ist auch eine Möglichkeit, Gott zu danken. Die Bewahrung der Schöpfung ist die Bewahrung von Gottes Geschenk, und das bedeutet, zu Gott zu sagen: ‚Danke, ich bin der Hüter der Schöpfung, aber, um sie fortschreiten zu lassen, und niemals, um dein Geschenk zu zerstören.‘ Diese Haltung müssen wir gegenüber der Schöpfung einnehmen: sie zu bewahren, denn wenn wir die Schöpfung zerstören, wird die Schöpfung uns zerstören! Vergesst das nicht.“ [1]

So Papst Franziskus auf einer Audienz im Vatikan mit Repräsentanten der „indigenen Völker der Welt“ im Mai 2014. Nun hat der Papst laut Guardian scheinbar vor, eine Enzyklika über den Klimawandel und die Umwelt zu veröffentlichen. [2] Er hat es sich wohl zum Ziel gemacht, die Ergebnisse des kommenden Weltklimagipfels in Paris zu beeinflussen. Dort soll ein neues internationales Abkommen zur Regulierung von Treibhausgasemissionen unterzeichnet werden.

Trotz aller biblischen Metaphern sind die Absichten des Papstes durch und durch modern – und weltlich. Franziskus, geboren Jorge Mario Bergoglio, wurde März 2013 ins Amt gewählt, also zu einer Zeit, in der menschliche Gier – besonders in Form dieser hinterhältigen Banker – für alle Probleme dieser Welt verantwortlich gemacht wurde. Seine Entscheidung, den Namen des bedeutenden katholischen Asketen Franziskus von Assisi zu übernehmen, ist somit der Versuch, den reichen Vatikanstaat als Freund nicht nur der Armen, sondern auch der Natur darzustellen. Angesichts theologischer Orientierungslosigkeit und schwindender Basis der katholischen Kirche in westlichen Gesellschaften ist die Wiederholung von Plattitüden der westlichen Linken ein kluger Schachzug, um der Kirche „Relevanz“ zu verleihen.

„Auf Wiedersehen Gott. Willkommen Gaia.“

Exzessiver Konsum ist die Wurzel allen Übels, so scheint es. Wie Papst Franziskus am Weltjugendtag 2013 verkündete: „Nicht die Kultur des Egoismus, des Individualismus, die häufig unsere Gesellschaft bestimmt, nicht sie baut eine bewohnbarere Welt auf und führt zu ihr hin, nicht sie, sondern die Kultur der Solidarität: Die Kultur der Solidarität heißt, im anderen nicht einen Konkurrenten oder eine Nummer zu sehen, sondern einen Bruder oder eine Schwester. Und wir alle sind Brüder und Schwestern!“ [3] Während Franziskus als radikaler Reformpapst wahrgenommen wird, ist seine Frömmigkeit beliebig und Mainstream.

Übrigens ist die Hinwendung der Kirche zum Umweltschutz weder neu noch überraschend: Franziskus’ Vorgänger haben die neue Religion des grünen Evangeliums seit den späten 1970ern verfolgt. Doch während der Amtszeit Johannes Paul II. (1978–2005) hatte die Verehrung der Natur noch einen relativ geringen Anteil an den päpstlichen Lehren. Wenn ein Papst sich in die Diskussion um ein bedeutendes internationales Klimaabkommen einmischen will, haben diese Entwicklungen aber einen Gang zugelegt. Darüber freut sich die Art von Umweltaktivist, die ansonsten nie verlegen ist, die Religion zu verurteilen. Nun heißt es wirklich: Auf Wiedersehen Gott. Willkommen Gaia.

Die Botschaft der Bescheidenheit, Sparsamkeit und der Verehrung der Natur mutet geschmacklos an in Zeiten ökonomischer Unsicherheit, in denen viele Kirchenmitglieder gerade so über die Runden kommen. Wahrscheinlich wird die kommende päpstliche Enzyklika (im Grunde ein päpstliches Rundschreiben) dennoch Katholiken dazu aufrufen, auf fossile Brennstoffe zu verzichten. Während der Klimakonferenz in Lima verlangten katholische Bischöfe außerdem ein „neues Wirtschaftssystem“, in dessen Zentrum „das Ende der Ära der fossilen Brennstoffe und deren stufenweise Abschaffung, sowie die Einführung 100-prozentig erneuerbarer Energien mit Zugriff auf nachhaltige Energie für alle“ stehen würde. So lautet das Evangelium nach Naomi Klein – statt nach Matthäus, Markus, Lukas oder Johannes.

„Die Bibel stellt den Menschen ins Zentrum religiösen Denkens und moralischer Lehre“

Als zahlendem Mitglied des Clubs nicht-praktizierender Katholiken ist die Natur über die Menschen zu stellen, meilenweit von dem entfernt, was mir als Kind beigebracht wurde. Die Bibel stellt den Menschen ins Zentrum religiösen Denkens und moralischer Lehre, auch wenn wir am Ende alle der Willkür eines allmächtigen Schöpfers ausgesetzt sind. Jetzt verhält sich die Kirche so, als wäre die Erde als Selbstzweck von Bedeutung, statt als Werkzeug, um dem Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen.

Wie Aktivist und Autor Alex Epstein in seinem Buch The Moral Case for Fossil Fuels aufzeigt, haben sich unsere ethischen Maßstäbe verändert. Wenn als richtiger ethischer Maßstab der Fortschritt im menschlichen Wohlergehen herangezogen wird, dann waren fossile Brennstoffe ein großer Segen. Sie spielten eine zentrale Rolle bei der Verbesserung unserer Lebensumstände in den letzten zwei Jahrhunderten: Wir führen gesündere, längere Leben in größerem Komfort, leiden weniger unter Armut und Krankheit und haben dafür mehr Möglichkeiten, unser Leben zu gestalten. Der Natur mehr Bedeutung zuzuschreiben als dem Menschen – was ein Wechsel von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien mit sich bringt – ist nicht nur eine schlechte Idee. Es ist unmoralisch.

Dennoch lehrt die katholische Kirche ihre Anhänger, genau dafür einzutreten. Solch ungezügeltes Öko-Denken, nicht das fortschreitende Verständnis und die Veränderung der Natur durch den Menschen, wird unser Ende herbeiführen. Vergesst das nicht.

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