01.02.2011
Greenpeace und die Atom-Azubis
Von Thilo Spahl
Die einen haben das Geld. Die anderen den Pranger. Über die ungleiche Partnerschaft des Schweizer Atomkonzerns Axpo mit der Umwelt-NGO Greenpeace.
Beim Schweizer Energiekonzern Axpo liegt der Anteil der Kernenergie an der gesamten Strombeschaffung nach eigenen Angaben bei rund zwei Dritteln und damit deutlich über dem Grenzwert, ab dem sich ein Unternehmen nicht wundern muss, in meist unfreundlicher Absicht als Atomkonzern bezeichnet zu werden.
Neuester Kooperationspartner des Unternehmens ist Greenpeace. Axpo teilte mit, dass seine 120 Azubis unter Anleitung von Greenpeace auf der sich momentan im Bau befindenden Umwelt Arena (einer Art Ausstellungshalle für umweltfreundliche Produkte) im Herbst das größte Solardach der Schweiz installieren werden. Man wolle mit diesem Jugendsolar-Projekt den jungen Menschen Grundwissen über Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien vermitteln.
Wie ist diese Annäherung von Atomindustrie und Umweltschützern zu interpretieren? Offenbar ist es für den Energiekonzern schwer, einen Vorschlag von Greenpeace zurückzuweisen. Manfred Thumann, Chef der Axpo AG, sagte: “Greenpeace ist mit der Idee auf uns zugekommen. Wir fanden sie sehr spannend und haben uns entschlossen, das Projekt zu realisieren.” Dafür gibt es wohl zwei Gründe. Erstens sind sich die PR-Abteilungen beider Organisationen über ihre Botschaften einig. Beide sind selbstverständlich Evangelisten der Nachhaltigkeit. Schließlich hatte Axpo auch schon ohne Greenpeace erkannt, wie chic es ist, eine „Umwelt Arena“ zu bauen und sie über und über mit Solarschindeln zu bedecken. Der zweite Grund erschließt sich, wenn wir erfahren, dass Greenpeace Schweiz erst vor Kurzem die Nominierung von Axpo für den „Public Eye Award“ vorgenommen hat, bei dem die Umweltorganisation das übelste Unternehmen des Jahres auszeichnet. Diese drohende Preisverleihung macht plausibel, weshalb Axpo sehr daran gelegen sein musste, die Beziehungen zu Greenpeace zu verbessern.
Es ging noch einmal gut. Am 27. Januar wurde das gemeinsame Projekt von Axpo und Greenpeace bekannt gegeben. Am 28. Januar wurde der Bergbaukonzern AngloGold Ashanti mit dem Public Eye Global Award 2011 für unverantwortliches Konzernverhalten ausgezeichnet. Axpo blieb vom grellen Licht verschont.
Auf der Website von „Public Eye“ wird erläutert, wie der Preis funktioniert: „Im Vorfeld des World Economic Forums im Januar werden die übelsten Unternehmen des Jahres auf einer Shortlist öffentlich angeprangert. Diese Firmen spüren den Druck der Zivilgesellschaft: Unsere “renommierten” Schmähpreise stellen die Konzernskandale in internationales Scheinwerferlicht und helfen so NGO-Kampagnen auf der ganzen Welt zu mehr Gehör.“
Greenpeace ist also im Besitz des Prangers. Axpo ist im Besitz des Geldes. Vielleicht ergibt sich eine gedeihliche Zusammenarbeit der ungleichen Partner.