04.09.2009

Falsches Deutsch ist kein Unrecht – auch nicht im Wahlkampf

Von Thilo Spahl

„Weil gute und kostenlose Bildung ein Recht ist“. So steht es auf dem Wahlkampfplakat der SPD. Was gemeint ist, ist schon klar. Ebenso klar ist jedoch, dass die Betonung eher auf „kostenlos“ als auf „gut“ liegt.

Dem Germanistik-Absolventen, der als unbezahlter Praktikant der von der SPD mit der knackigen Formulierung ihrer Botschaften betrauten Werbeagentur diesen Spruch womöglich, demotiviert von seinen prekären Berufsaussichten, mal eben hingerotzt hat, ohne sich seiner Bildung zu erinnern, können wir die Schuld kaum geben. Er hätte es wahrscheinlich auch in korrektem Deutsch hinbekommen; also zum Beispiel: „Weil es ein Recht auf gute und kostenlose Bildung geben muss.“

Aber was hätte da der Text-Chef gesagt? „Junge, denk mal nach“, hätte er gesagt. „So geht das nicht. Wir wollen die Bundstagswahl gewinnen und keinen Grammatikwettbewerb!“

Diese Sichtweise kann natürlich auch der ohnehin kaum mehr hinschauende Nichtwähler nachvollziehen. Das ist schon in Ordnung. Die Sprache der Werbung muss nicht, braucht nicht und soll nicht die Sprache Goethes sein. Was ihn indes irritiert, ist das Unbehagen, das ein kurz aufblinkender Gedanke ihm bereitet: Warum musste der junge Mann, vom Steuerzahler finanziert, 12 Semester Germanistik oder Kommunikationswirt studieren, wenn sein Beitrag zur Gesellschaft hinterher darin bestehen soll, als „Freelancer“ Werbesprüche von jener Qualität und Güte zu fabrizieren, wie wir sie auf besagtem und anderen Plakaten in Farbe gedruckt sehen?

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