01.09.2015

Energiewende: Elektroimmobilität

Kommentar von Thilo Spahl

Tesla verkauft bald Sonnenbatterien, stationäre Stromspeicher. Mit der Speicherleistung lässt sich Geld verdienen, weil unsere Energieversorgung dank der Erneuerbaren sehr instabil geworden ist, meint Thilo Spahl. Arme Menschen ohne Energieversorgung profitieren eher nicht davon

Eine kleine Personalmeldung: Der Deutschland-Chef von Tesla Motors, Philipp Schröder, wird ab Oktober die Geschäftsführung Vertrieb und Marketing bei der Allgäuer Firma Sonnenbatterie übernehmen. Man fragt sich natürlich: Läuft es nicht mit den schicken Elektrolimousinen? Die erste Antwort ist, es laufe prächtig. Im März 2015 wurden in Deutschland erstmals mehr Tesla Model S zugelassen als 7er BMWs und Porsche Panamera. Die zweite Antwort: Es läuft nicht. Statt 1000 Autos pro Monat, die Tesla als Ziel vorgegeben hat, werden in Deutschland noch nicht einmal 1000 pro Jahr abgesetzt. Da verkauft Philipp Schröder dann doch lieber wieder Sonnenbatterien. Aber was ist das eigentlich? Es sind stationäre Stromspeicher für Keller oder Garage. Und offenbar ein ganz heißes Ding. Sagt auch sein Ex-Chef, der Milliardär, Tesla-Gründer und Multiunternehmer Elon Musk.

Am 1. Mai hat Musk in einem glanzvollen Auftritt seine eigenen, schick als „Powerwall“ bezeichneten Batterien für den häuslichen Gebrauch angekündigt. Seinen Vortrag begann er mit den Worten, er wolle über einen „grundlegenden Wandel“ sprechen bei der Art, „wie die Welt funktioniert“ – also über Batterien, die die Welt verändern. [1] Was bisher verkauft werde, sei furchtbar, ließ er wissen („das Problem mit herkömmlichen Batterien besteht darin, dass sie nichts taugen“). Seine neue Powerwall dagegen sehe aus wie eine schöne Skulptur und sei in vielen verschiedenen Farben zu haben. (Daraus zu schließen, dass es sich um ein Lifestyle-Produkt handeln könnte, ist nicht abwegig.) Als weitere Vorteile nennt Musk: „Sie gibt ihnen Seelenfrieden und Sicherheit“. Seelenfrieden und Sicherheit und das auch noch zum günstigen Preis, was will man mehr? Der deutsche Ökostrom-Anbieter LichtBlick tritt als Partner von Tesla auf und will die Batterien zu einem „Schwarmstrom-Speicher“ vernetzen. Dazu gleich mehr.

„Vom explodierenden Wachstum mit batteriegetriebenen Autos ist wenig zu sehen“

Warum will das aufstrebende Automobilstartup und Börsenliebling Tesla Batterien für Zuhause verkaufen? Es mag an der sogenannten „Giga-Factory“ liegen, die die Dinger ab dem Jahr 2017 in Massen produzieren soll. Was hergestellt wird, muss auch irgendwie unters Volk gebracht werden. Den Bau der fünf Milliarden US-Dollar teuren Fabrik begründet Tesla mit dem Bedarf der Batterien für die jährlich 500.000 Autos, die sich das Unternehmen für die zweite Hälfte der Dekade, also ab nächstem Jahr, vorgenommen hat. Ein Blick auf die bisherigen Verkaufszahlen zeigt allerdings, dass man sich wegen eines Batterieengpasses wenig Sorgen zu machen braucht. 22.500 der Luxuslimousinen wurden im Jahr 2013 abgesetzt, im Jahr 2014 waren es 31.655. Weltweit. Einen beträchtlichen Teil davon im Elektroautowunderland Norwegen. Dort wurde im April 2015 das 50.000ste Elektroauto verkauft, es war ein Tesla.

Allein im vergangenen Jahr soll der Staat dafür 355 bis 470 Millionen Euro Subventionen ausgegeben haben. Dass es so nicht weitergehen kann, ist auch den Norwegern klar. Ab dem Jahr 2018 wird die enorme Förderung schrittweise abgebaut. [2] Auch im Rest der Welt ist von explodierendem Wachstum bei batteriegetriebenen Autos wenig zu sehen. In Deutschland sollen bekanntlich nach dem Willen der Bundesregierung bis zum Jahr 2020 eine Million Stromer auf die Straße. Anfang 2015 waren es aber gerade einmal gut 25.000. Man ist also noch mindestens 97 Prozent vom Ziel entfernt.

Dann also erstmal Powerwalls. Aber gibt es dafür genügend Abnehmer? Wer kauft die Speicher und warum? Laut Elon Musk werden sie „unglaublich hilfreich für Menschen sein, die heute keine Elektrizität haben.“ Davon gibt es tatsächlich fast eine Milliarde. Mit einem Einkommen von ein bis zwei Dollar am Tag werden sie Tesla Energy aber nicht gerade die Tür einrennen. Der typische Käufer sieht anders aus. In Amerika zum Beispiel wie Vivek Wadhwa, ein offenbar wohlhabender Westküstenakademiker, der uns erklärt: „Ich lebe in einem Solarhaus, das den Großteil der Energie liefert, die ich für Heizung, Klimaanlage, Kochen und das Laden meines Tesla Model S benötige. […] Nichts ist ärgerlicher, als dass die Sonne scheint und Energie erzeugt, die man gerade nicht braucht. Dies ist ein Problem, das Tesla zu lösen verspricht. […] Tesla ist dabei, mit dem Stromnetz zu machen, was Mobiltelefone mit dem Telefonfestnetz gemacht haben – uns davon zu befreien.“ [3] Was kauft Wadhwa genau ein? Seelenfrieden? Nein. Aber so etwas Ähnliches: Selbstzufriedenheit. Das Gefühl, up-to-date zu sein, stark, autark und gleichzeitig im Einklang mit den Menschheitsinteressen. Ein gutes Gefühl, wenn man nicht lange darüber nachdenkt.

Auch in Deutschland dürften viele Käufer eine ähnliche Motivation haben. Hinzu kommen pekuniäre Annehmlichkeiten. Denn in einem Energiesystem, das angesichts des hohen Anteils an Erneuerbaren sehr instabil geworden ist, lässt sich mit Speicherleistung Geld verdienen. Hier kommt der deutsche Tesla-Partner ins Spiel. LichtBlick-Gründer und Vorstandsvorsitzender Heiko von Tschischwitz schwärmt von der „dezentralen Energierevolution“. LichtBlick vernetze „lokale Batterien zu einem leistungsstarken SchwarmStrom-Speicher.“ Das sei der „entscheidende Schritt, um die dezentrale Energiewelt zum systembestimmenden Fundament unserer Energieversorgung zu machen.“ [4]

„In einem Energiesystem, das angesichts des hohen Anteils an Erneuerbaren sehr instabil geworden ist, lässt sich mit Speicherleistung Geld verdienen“

Für die Nutzer geht es nicht in erster Linie darum, den selbst produzierten Strom zu speichern. Das brauchen sie ja nicht, denn sie bekommen jederzeit Strom aus der Steckdose. Vielmehr sollen und wollen sie ihre Powerwalls immer dann aufladen, wenn in Deutschland mal wieder zu viel Ökostrom ins Netz eingespeist wird, dort für Probleme sorgt und deshalb praktisch verschenkt oder an Nutzer abgegeben wird, die dafür noch Geld erhalten. Man verkauft also den selbst produzierten Solarstrom für viel Geld und kauft ihn in derselben Sekunde mit der Hilfe von Lichtblick und der Batterie für sehr wenig oder nichts zurück, um ihn später nochmal verkaufen zu können.

Feine Sache. Für den Powerwallbesitzer. Außer der Powerwall kann man natürlich auch seinen Tesla mit anschließen, um das Netz zu stabilisieren. Die Rentabilität wird darunter allerdings etwas leiden. Der Basispreis des Model S liegt in Deutschland je nach Leistung und Reichweite zwischen 80.000 und 111.200 Euro. Wir ahnen, dass es dem typischen Solardach-Tesla-Powerwall-Besitzer nicht wirklich darum geht, noch etwas Geld zu machen. Er hat genug davon. Es geht ihm darum, das Richtige zu tun. Wenn es nur nicht so verflixt schwer wäre, herauszufinden, was das ist!

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