23.06.2014

Energiepolitik: Deutsche Energiewende kostet Schweizer Arbeitsplätze

Von Fred F. Mueller

Die Energiewende in Deutschland gefährdet die Existenz von Kraftwerken in den Alpenländern, erläutert Fred F. Mueller. Neben konventioneller Energie leidet darunter auch die Wasserkraft. In der Schweiz stehen notwendige Investitionen sowie Arbeitsplätze auf dem Spiel.

Der weiter massiv voranschreitende Ausbau der deutschen Kapazitäten bei der Stromerzeugung aus Wind- und Solarenergie wirkt sich mittlerweile immer stärker auch auf die Nachbarländer aus. Die ohne Rücksicht auf den Bedarf produzierten, hoch subventionierten Strommengen schaden der Elektrizitätswirtschaft in den Nachbarländern gleich zweifach: Schon der gesunkene Börsenpreis belastet die Erträge der Stromerzeuger und gefährdet ihre wirtschaftliche Grundlage. Hinzu kommen noch Dumpingstrategien, denn bei starkem Anfall von Wind- und Solarenergie werden die Überschussmengen mit Geldgeschenken ins Ausland abgeleitet und treiben die dortigen Anbieter vollends ins Aus. 

„So wie die Revolution ihre Kinder frisst, so frisst die deutsche Energiewende ihre Geschwister“

So wie bekanntlich die Revolution ihre Kinder frisst, so frisst die deutsche Energiewende ihre Geschwister: „Klassische erneuerbare Energien“ wie die bereits seit vielen Jahrzehnten etablierte Wasserkraft, die sich dem Markt stellen müssen, werden durch den hoch subventionierten Strom aus Windanlagen, Solarparks oder Faulgasanlagen mit der gleichen Rücksichtslosigkeit aus dem Markt gedrängt wie die konventionellen Anbieter. Und das trifft nicht nur Stromerzeuger in Deutschland: Die sinn- und planlos zum falschen Zeitpunkt erzeugten Überschussmengen werden auch in die Netze der Nachbarländer gedrückt (s. Abb.1) und ruinieren den dortigen Kraftwerksbetreibern das Geschäftsmodell.



Abbildung 1: Am 11. Mai 2014 wurde in Deutschland Strom wegen der chaotischen Überproduktion aus Wind- und Solaranlagen mit Geldgeschenken bis zu 65 € pro MWh in die in- und ausländischen Märkte gedrückt – nichts anderes als frühkolonialistisches Dumping (Grafik: Rolf Schuster)


Besonders übel trifft es dabei gerade in den Alpenländern die dort bisher sehr gut aufgestellten Betreiber von Wasserkraftwerken. So auch die Axpo AG, den größten Schweizer Produzenten von Strom aus Wasserkraftwerken. In einem Interview mit der Berner Zeitung vom 7. Juni 2014 klagte Axpo-Verwaltungsratspräsident Robert Lombardini, dass man inzwischen wegen der Ertragsausfälle und der ungewissen Zukunft in der Zwickmühle stecke und Geld aktuell nur noch im Winter verdient werde. Wenn es keine Änderung gebe, so könne die Axpo bis zu einer Milliarde Franken verlieren. Die Situation sei alarmierend, weil in den nächsten drei bis fünf, wenn nicht gar zehn Jahren keine Änderung des Ist-Zustandes zu sehen sei. Er frage sich, wie es so weit habe kommen können, dass die Wasserkraft plötzlich nicht mehr rentabel sei.[1]

Im Sommer, so Lombardini, werde es angesichts der aus dem europäischen Ausland verfügbaren Strommengen bald so weit sein, dass man gezwungen sei, das Wasser ungenutzt neben den Turbinen vorbeizuleiten. Es mache keinen Sinn, sich aufgrund der dann am Markt geltenden Tiefstpreise noch finanziell dafür bestrafen zu lassen, dass man Energie ins Netz einleite.

„Neue Anlagen sind kaum noch geplant, es wird nur noch da investiert, wo es unbedingt nötig ist.“

Aus dem gleichen Grund wurde bei der Axpo auch die Investitionstätigkeit weitgehend eingestellt. Neue Anlagen sind kaum noch geplant, es wird nur noch da investiert, wo es unbedingt nötig ist. Wegen der Ertragsausfälle und der ungewissen Zukunft steckt das Unternehmen in einer Zwickmühle zwischen schlichter Aufrechterhaltung des Bestands und der eigentlich erforderlichen Erneuerung der Anlagen. Man könne im Prinzip nur noch versuchen, den vorhandenen Bestand an Wasserkraftwerken mit möglichst wenig Aufwand sicher am Netz zu halten. Wenig Freude dürfte dies bei der Schweizer Regierung hervorrufen, denn für deren ambitionierte Energiewendepläne – einschließlich eines massiven Ausbaus der Wasserkraft – bedeutet dies einen herben Rückschlag. Für die eigentlich dringlich erforderlichen Investitionen in Neuanlagen und größere Kapazitäten dürfte angesichts der desolaten Marktsituation schlicht kein Geld da sein.

Im gleichen Zusammenhang trifft es ausgerechnet auch Projekte, die gerade aus Sicht der „Energiewende“-Strategen eigentlich von zentraler Bedeutung sind, nämlich die Alpen-Pumpspeicherkraftwerke, die von manchen Politikern gerne vollmundig als „Batterien Europas“ angepriesen werden. Zu den Projekten, die nach Lombardinis Ansicht angesichts des aktuellen Marktumfeldes kaum noch Aussicht auf eine Realisierung haben, gehört auch die geplante Erweiterung des Pumpspeicherkraftwerks der Kraftwerke Linth-Limmern AG im Kanton Glarus. Damit würden volle 1000 Megawatt bereits geplante Speicherkapazität wegfallen.

In das Bild passt dann auch eine Meldung des Internet-Nachrichtendienstes Bluewin.ch vom 16. Juni 2014.[2] Aufgrund der niedrigeren Großhandelspreise für Strom wurden der Axpo die Ergebnisse gründlich verhagelt. Insgesamt sank laut einer Medienmitteilung des Konzerns die Gesamtleistung (Umsatz) um über 10 Prozent auf 3,57 Milliarden Franken. Beim Betriebsergebnis vor Steuern (EBIT) verzeichnete die Axpo im Vergleich zum letzten Geschäftsjahr ein Minus von rund 25 Prozent auf 545 Mio. Franken. Unter dem Strich blieben 502 Millionen Franken übrig, rund 16 Prozent weniger als 2012/13. Alleine die in der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2013/2014 erforderliche Preissenkung für die Stromlieferungen an die Kantonswerke per 1. Januar habe das Ergebnis um rund 25 Millionen Franken sinken lassen.

„Die deutsche Energiewende kostet in der Schweiz inzwischen Arbeitsplätze auch und gerade im Bereich der umweltfreundlichen, CO2-vermeidenden Wasserkraft.“

„Wir sehen keinen Trend, dass die Strompreise sich erholen würden“, so Axpo-Chef Andrew Walo in diesem Zusammenhang. Deshalb müsse man rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen, indem man auch die laufenden Kosten senkt. Erreicht werden soll dies durch den Abbau von 300 der insgesamt derzeit 4460 Vollzeitstellen, das bedeutet die Entlassung von immerhin sieben Prozent der Belegschaft. Natürlich versucht man, diese Maßnahme durch zeitliche Streckung über drei Jahre und die Anwendung eines Sozialplans abzufedern. Dennoch bleibt die hässliche Tatsache bestehen: Die deutsche Energiewende kostet in der Schweiz inzwischen Arbeitsplätze auch und gerade im Bereich der umweltfreundlichen, CO2-vermeidenden Wasserkraft.

Angesichts der Härten, die für die betroffenen Mitarbeiter mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes verbunden sind, sollte die Nonchalance, mit der die Schweizer Vertreter der Verursacher dieser Misere gerade eine neue politische Initiative lancieren, den einen oder anderen Mitbürger doch nachdenklich stimmen. Am gleichen Tag, an dem die Meldung über den Arbeitsplatzverlust bei der Axpo bei Bluewin publiziert wurde, erschien dort auch die Meldung, dass die die Schweizer Solar-Lobby Prosolar zusammen mit dem WWF Schweiz eine Abgabe auf den von ihnen so bezeichneten „Dreckstrom“ aus Kohle-, Gas- und Kernkraftwerke durchsetzen wollen. Damit, so die Begründung, sollten angebliche „Marktverzerrungen“ gemildert und der Umwelt geholfen werden, ohne die Haushalte und die Wirtschaft unnötig zu belasten. Es gehe darum, die von der Allgemeinheit bezahlten externen Kosten der atomaren und fossilen Stromproduktion auszugleichen. Gleichzeitig führe dies zu einer „fairen Chance“ für die erneuerbare Energien.[3] Dabei ist man nicht kleinlich und geht von einem Aufschlag von rund 10 Rappen pro Kilowattstunde aus, was immerhin einen weiteren Kostensprung von rund 30 Prozent auf die Stromrechnung bedingen würde.

Dieses Vorgehen kann man schon als dreist bezeichnen. Ähnlich wie in Deutschland hat die Schweizer Erneuerbare-Energien-Lobby bereits vor einiger Zeit die sogenannte KEV-Abgabe durchgesetzt, welche den Betreibern von Wind- und Solaranlagen insgesamt schätzungsweise 10 Milliarden Schweizer Franken auf Kosten des Stromverbrauchers in die Kassen spülen wird. Während Schweizer Kraftwerke aufgrund des subventionierten Stroms aus Deutschlands EE-Kraftwerken um ihre Existenz kämpfen müssen, will man ihnen jetzt zusätzlich noch Strafabgaben aufbrummen. Besonders bemerkenswert ist hierbei die Rolle des WWF: Dass jede der von ihnen so heiß befürworteten Windenergieanlage jedes Jahr unzählige Vögel und Fledermäuse erschlägt, scheint für diese angeblichen Naturschützer überhaupt nicht ins Gewicht zu fallen. Es wird Zeit, aufzuwachen und diesen Leuten die Spendengelder zu streichen.

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