10.02.2012

Die Energiewende ist schon gescheitert

Essay von Günter Keil

Wieso die Energiewende spektakulär scheitern muss: Buchstäblich keines der hehren Ziele kann erreicht werden. Internationale Experten wissen das längst. Hierzulande wird diese Realität verleugnet – auf Kosten der Armen: Die Politik macht Energie zum Luxusgut

Inhaltsverzeichnis 
1. Übertreiben, Beschönigen, Weglassen, Verschweigen
2. Windstrom – Versorgung nach Wetterlage
3. Solarstrom – geringer Nutzen für sehr viel Geld
4. Biogas: Wenn Nahrungsmittel verheizt werden
5. Jenseits der Planwirtschaft: Entschädigung für die Nicht-Erzeugung von „Ökostrom“, Verpflichtung zur Hellseherei und „negative Preise“
6. Die zweimal vergessenen Netze
7. Schäden umverteilen
8. Das stille Ende großer Ankündigungen
9. Das Prinzip Hoffnung als Realitätsersatz
10. Fehlinvestitionen: Die Förderung des Ungeeigneten
11. Die Geister, die man gestern rief…
12. Deutschlands Energiewende bedroht die Nachbarländer
13. Für die Bürger wird es immer teurer
14. Ein internationales Urteil
15. Die Energie-Planwirtschaft ist längst Realität
16. Wie geht es weiter?
 


Wie man weiß, hat sich im Frühjahr und Frühsommer 2011 die sogenannte Energiewende zugetragen – in Rekordzeit durch das Parlament gepeitscht, als ob Deutschland unmittelbar ein Tsunami drohte. Jetzt, wo sich die ersten Auswirkungen und Fehler dieses Gesetzeswerkes zeigen, die Methoden ihrer Kaschierung offenkundig werden und nun auch Reaktionen aus dem Ausland vorliegen, kann man eine Diagnose der sogenannten Energiewende versuchen.

1. Übertreiben, Beschönigen, Weglassen, Verschweigen [Inhalt]

Wer die amtlichen Verlautbarungen zur Energiepolitik, zur Begründung von Gesetzen, die die Förderung bestimmter Energietechnologien betreffen, die politischen Erläuterungen zu sämtlichen staatlichen Maßnahmen auf diesem Gebiet kritisch betrachtet, der kann zunächst die durchgängig festzustellenden fast unglaublichen Fehler nicht fassen.

Bis er das System erkennt: Vorbei sind die Zeiten, in denen eine Oberste Bundesbehörde unter keinen Umständen die Bürger gezielt getäuscht und mit falschen Informationen in die Irre geführt hätte. Die einzige lässliche Sünde war in diesen „guten alten Zeiten“ das Weglassen allzu peinlicher Aussagen – aber es wurde niemals gefälscht und gelogen.

Vorbei. Die Manipulation von Fakten und absichtliche Falschinformationen sind seit etwa sechs Jahren zu einem normalen Mittel der Öffentlichkeitsarbeit geworden. Das Hauptschlachtfeld dieses Medienkriegs sind die so genannten erneuerbaren Energien, die es natürlich nicht gibt, denn Energie ist nicht erneuerbar. Gemeint sind regenerative Energietechniken, mit denen die Strahlungsenergie der Sonne, die kinetische Energie von Luftströmungen oder die chemische Energie von Biomasse ausgenutzt werden kann. Es war und ist das politische Ziel der letzten und der derzeitigen Bundesregierung, für diese Energietechniken trotz ihrer vielfachen und massiven Nachteile eine öffentliche Akzeptanz zu erreichen und Widerstände der Fachleute zu neutralisieren. Dazu dient diese systematische Fehlinformation – sie ist ein politisches Instrument zur Durchsetzung ideologischer Ziele.

Eine Grundbehauptung für die Rechtfertigung der „Erneuerbaren“ ist der Ersatz von Kohlekraftwerken durch Wind- und Solarstrom. Tatsächlich konnte jedoch dadurch bis zum heutigen Tag kein einziges Kohlekraftwerk stillgelegt werden, weil diese Anlagen selbst bei starker Einspeisung des „grünen“ Stroms als Reserve unverzichtbar sind.

Auf dringende Bitten der Regierung und ihrer Bundesnetzagentur mussten die Kraftwerksbetreiber selbst ältere, nur noch teilweise betriebene Kraftwerksblocks wieder anfahren, weil deren Strom nach der Abschaltung der acht Kernkraftwerke dringend gebraucht wird. Es kann festgestellt werden: Der Treibstoff für Merkels Energiewende ist Kohle – und zwar viel mehr als bislang. Dass es auch dabei aus verschiedenen Gründen wieder klemmt, wird in Absatz 8 „Das stille Ende großer Ankündigungen“ und Absatz 13 „Für die Bürger wird es immer teurer“ beschrieben.

Die von Frau Merkel angestrebte sogenannte Energiewende ist – abgesehen vom Ausstieg aus der Kernkraft – in allen Einzelheiten seit sechs Jahren der Kern der Energie-Regierungspolitik, neu ist nur der geradezu messianische Ehrgeiz, die selbst gesteckten Ziele in einer noch kürzeren Zeit zu erreichen. Ein kurzer Durchgang durch die politisch wichtigsten Förderfelder im Energiebereich zeigt die offensichtlichen, aber verschwiegenen Schwachstellen:

2. Windstrom – Versorgung nach Wetterlage [Inhalt]

Die Stromerzeugung mit Windkraftanlagen zeigt wegen deren Wetterabhängigkeit extreme Schwankungen – einschließlich tagelanger Perioden ohne jede nennenswerte Leistung; aber auch plötzlich auftretende Leistungsspitzen, die das Verbundnetz an den Rand des Zusammenbruchs bringen. Großflächige Stromsperren drohen, vor allem im Winter, wenn der Bedarf steigt, das Ausland weniger liefert – und Flaute herrscht. Bei plötzlichem Starkwind kann das Gleiche geschehen: Dann schalten die Windräder schlagartig ab. Man lässt es darauf ankommen.

Eine sehr beeindruckende Zahl zum Ausmaß der wetterbedingten Leistungsschwankungen der Windkraft und des Solarstroms nannte der Leiter Politik und Märkte der Essener RWE Innogy, Holger Gassner auf einem VDI-Kongress Ende November 2011: „Es sind allein im ersten Halbjahr 2011 Variationen der verfügbaren Windkraftkapazitäten von 23 GW (= 23.000 MW) und der Photovoltaikleistung von 13 GW beobachtet worden.“ Ein Alptraum für die Übertragungsnetz-Betreiber.

Die stets bei der Einweihung neuer Windparks behauptete Versorgung von mehreren tausend Haushalten gehört hierbei zu den Standardlügen, denn bei Flaute kann kein einziger Haushalt versorgt werden. Man benötigt zudem schnell regelbare Kraftwerke, die einspringen, wenn sich die Leistung der WKA zu schnell ändert, und die Kraftwerke, die das am besten können, sind Kernkraftwerke. Diese werden nun der Reihe nach abgeschaltet und fallen als Netzstabilisatoren aus.

Weil große Stromspeicher fehlen, muss man buchstäblich um jeden Preis versuchen, überflüssigen Windstrom, der oft genug verschenkt werden muss, ins Ausland zu leiten. Manchmal muss sogar dem Abnehmer dafür noch ein Preis bezahlt werden. Der Ausbau der Windkraft erfolgt weiterhin mit hohem Tempo. Das vergrößert das Problem – aber man negiert es. Prinzipiell könnten Pumpspeicherwerke diese Schwankungen ausgleichen, aber Deutschland hat viel zu wenige davon und der immer größer werdende Bedarf kann hier niemals gedeckt werden. Es werden Langzeitspeicher benötigt, um längere Flauten abfangen zu können. Eine zehntägige Flaute ist nicht selten; aber Deutschland erlebte gerade eine 44 Tage andauernden Hochdruck-Wetterlage im Oktober und November 2011, die einen nicht enden wollenden, spektakulären Einbruch in der Windstromerzeugung mit sich brachte.

Es gibt bereits die Daten: Von der gesamten in Deutschland installierten Windstrom-Leistung von 27.215 MW (Stand nach EWI vom 30. Juni 2011) lieferten die Windräder an 22 Tagen des November:

  • an 4 Tagen 15 % ihrer möglichen elektrischen Arbeit;
  • an 5 Tagen 7-8 %;
  • an 2 Tagen 4-5 %;
  • an 11 Tagen 2-2,5 %

Zu diesem Thema schreibt Prof. Dr. Fritz Vahrenholt, RWE Innogy GmbH: „Bei 450 TWh (Terawattstunden = Milliarden kWh) Jahresverbrauch liegt der durchschnittliche Tagesverbrauch bei 1,25 TWh und bei 10 Tagen somit bei 12,5 TWh. Die derzeit in Deutschland vorhandene Kapazität an Pumpspeicher-Kraftwerken beträgt 7.000 MW, mit denen sich rund 0,04 TWh an Strom erzeugen lassen, wenn sie komplett leer laufen. Demnach würde zur Abpufferung der Flautenzeit von 10 Tagen das 313-fache der heute installierten Pumpspeicherleistung benötigt. Dies ist für Deutschland und die Alpenregion auch auf Grund von Akzeptanzproblemen vollkommen unrealistisch.“

Die letzte Oktoberwoche und der November 2011 zeigten, dass Prof. Vahrenholts Annahme einer zehntägigen Flaute als „worst case“ noch stark untertrieben war: Dieser Einbruch dauerte 22 Tage. Angesichts dieser Misere werden von der Regierung Hoffnungen auf neue Stromspeichermöglichkeiten geweckt: So trotz der oben erwähnten fehlenden echten Pumpspeicherwerke die Nutzung norwegischer Wasserkraftwerke per Seekabel, die Erzeugung von Wasserstoff mit überflüssigem Windstrom oder die Verwendung von Elektroautos als Speicher für das Stromnetz. Zu diesen Visionen weiter unten. Ein weiteres, wohl nur aus Verzweiflung geborenes Riesenprojekt ist der Bau von mindestens 3000 Kilometer neuer Höchstspannungsleitungen von Nord- nach Süddeutschland, um den im Norden erzeugten, dort aber nicht benötigten Windstrom bis nach Baden-Württemberg und Bayern zu transportieren, wo auch die Abschaltung der Kernkraftwerke besonders große Löcher in die Stromversorgung gerissen hat. Selbstverständlich kann der unzuverlässige Windstrom diese Grundlaststromlücke auch nicht annähernd ausgleichen.

Wenn man alle Systemschwächen der Windkraft ignoriert und nur die installierte, aber fast nie – und wenn, dann nur für Stunden – gelieferte Maximalleistung herausstellt und diese den Bürgern auch noch als zuverlässige Stromversorgung verkauft, dann kann man sie für die stärkste der „Erneuerbaren“ halten. Realistisch betrachtet ist es jedoch nur eine gelegentliche, unberechenbar und zufällig anfallende Stromerzeugung, die nicht nur sehr teuer ist, sondern auch eine ernste Störung der Stromversorgung darstellt.

Die Regierung kann das aber nicht zugeben, denn für sie ist Windstrom die Schlüsselkomponente in ihrem Energiekonzept, das sich ohne die Verwirklichung von dessen Phantasiezahlen in Nichts auflösen würde: Bis 2030 sollen die so genannten Erneuerbaren enorme 50 Prozent der Stromversorgung liefern; allein die Offshore-Windparks 15 Prozent. Und bei denen gibt es schon jetzt Probleme: Abgesehen von den erwähnten prinzipiellen Systemschwächen, an denen die Physik und das Wetter Schuld sind, gibt es Schwierigkeiten beim Anschluss der Windräder auf See: Der Netzbetreiber Tennet warnte: „Tatsächlich gibt es in sämtlichen laufenden Projekten erhebliche Schwierigkeiten im Planungs- und Baufortschritt.“ Alle Beteiligten „stießen an die Grenzen ihrer Ressourcen“, und „hinzu kommen massive Probleme bei der Beschaffung des Kapitals.“

Mit welchem tatsächlichen Windräder-Ausbau bis 2022 zu rechnen ist, hat soeben (Anfang Dezember 2011) dankenswerterweise die Bonner Bundesnetzagentur – immerhin eine staatliche Behörde – ermittelt bzw. abgeschätzt: Sie hat den Strombedarf und die Stromerzeugung in Deutschland in drei Szenarien berechnet; als Grundlage für den dann nötigen Netzausbau. Welches Szenario dann Realität werde, hänge vor allem davon ab, wie stark die Windkraft zulege, sagte Behördenchef Matthias Kurth. Im mittleren Szenario erwartet die Behörde einen Ausbau der installierten Windstrom-Leistung:

  • auf dem Festland von 27.100 MW auf 47.500 MW;
  • bei Offshore-Windparks von 100 MW auf 13.000 MW

Die Netzagentur rechnet deshalb auch mit zeitweise erheblichen Stromüberschüssen.

Wie diese dann zum Schaden der Verbraucher behandelt werden, ist in Absatz 5 „Jenseits der Planwirtschaft“ beschrieben. In Anbetracht der schon beim jetzigen Ausbau kaum noch zu beherrschenden Schwierigkeiten – insbesondere das unlösbare Speicherproblem – ist diese Abschätzung der Bundesnetzagentur im Grunde die Projektion einer von Deutschland ausgelösten Katastrophe für den gesamten europäischen Netzverbund. Siehe Absatz 12 „Energiewende bedroht die Nachbarländer“.

3. Solarstrom – geringer Nutzen für sehr viel Geld [Inhalt]

Auch die Stromgewinnung aus Sonnenlicht leidet unter dem Wetter und zusätzlich auch unter den Tageszeiten: Nachts, bei bedecktem Himmel, bei Regen und auch bei einer Schneedecke gibt es überhaupt keinen Strom. Weil auch bei klarem Himmel die Einstrahlung in Deutschland verglichen mit südlichen Ländern eher bescheiden ist, liefern alle für teures Geld installierten Photovoltaik-Zellen trotz ihrer inzwischen gewaltigen installierten theoretischen Maximalleistung, aber wegen ihres sehr geringen Nutzungsgrades auch nur einen kläglichen Anteil von 1,9 Prozent an der Inlands-Stromerzeugung.

Probleme verursacht die Photovoltaik (PV) wegen ihrer dezentral verteilten Einspeisung auch in den unteren Spannungsebenen des Netzes, das bisher nur auf die Versorgung der Abnehmer, aber nicht auf die Bewältigung der Stromeinspeisung vieler Stromerzeuger ausgelegt ist. Alle PV-Anlagen sind zudem darauf eingestellt, dass alle Anlagen – wie in der bisherigen Niederspannungsrichtlinie des BDEW gefordert – bei einer Netzfrequenz von 50,2 Hertz, die die Folge einer gefährlich zu hohen Stromeinspeisung ist, gleichzeitig vom Netz gehen. Dieser abrupte Einbruch kann dann zu einem Netzausfall führen, wie das BMU in einem Berichtsentwurf vom Mai 2011 selbst konstatiert – vgl. Absatz 6. Deshalb plant es, den Anwendungsbereich des § 6 EEG auch auf PV-Anlagen zu erstrecken, so dass auch diese in das Einspeisemanagement nach § 11 EEG einbezogen werden. Wie das gehen soll, ist unklar. Denn die Betreiber der unteren Verteilungsnetze haben keine Chance zu einem Eingriff in die zahllosen Einzelanlagen. Außerdem: „Bei Wolkendurchzug funktioniert das bei Solarstromanlagen nicht“, wie der Leiter des Fachgebiets Elektrische Energieversorgungsnetze der TU München, Prof. Rolf Witzmann nüchtern feststellte. Gegen den dadurch verursachten rapiden Wechsel von Leerlauf zu voller PV-Leistung ist der Netzbetreiber machtlos; es hilft nur automatische Abschaltung durch die Einzelanlage selbst und kein „Einspeisemanagement“.

Jetzt denkt das BMU über teure Nachrüstung aller PV-Anlagen nach. Man muss allerdings davon ausgehen, dass auch hier wieder dafür gesorgt wird, dass dem Betreiber der nicht gelieferte Solarstrom voll bezahlt wird. Das ist schließlich das Prinzip der Regierung – siehe die „Härtefallregelung“ des EEG § 12.

Dieses Problem und seine Behandlung ist für alle Komponenten der Energiewende typisch: Die negativen Folgen unbedachter Fehlentscheidungen – hier die extreme Photovoltaik-Förderung – werden mit neuen Reparatureingriffen zu beheben versucht – und erneut wird es teuer. Die Erzeugung des Solarstroms ist extrem teuer; sie liegt um das zehnfache über den Strom-Erzeugungskosten konventioneller Kraftwerke. Die Besitzer derartiger Anlagen erhalten – entsprechend dem EEG-Gesetz – ab 1. Juli 2011 pro eingespeister Kilowattstunde 24,4 Cent, was dann dem Strompreis für Endverbraucher aufgeschlagen wird. Und das Geld, das die Solarzellen kostet, geht inzwischen zu ca. 60 Prozent nach China. Deutschland ist dank seiner übertriebenen Photovoltaik-Zwangsförderung der weitaus größte Kunde von Chinas neuen PV-Fabriken. Dort sind die Arbeitsplätze entstanden – mit dem Geld der Stromverbraucher, die sich keine eigene PV-Anlage leisten können. China hat diesen gewaltigen, von deutschen Verbrauchern bezahlten Geldstrom für den Aufbau seiner Photovoltaik-Produktion eingesetzt und ist inzwischen der weltgrößte Hersteller. Chinas Solarzellen sind konkurrenzlos billig und jetzt brechen den deutschen Unternehmen die Umsätze weg. Es trifft diejenigen Arbeitsplätze, die nach grünen Plänen eigentlich an die Stelle der Jobs in der konventionellen Energiewirtschaft treten sollten. Der Windkraft droht exakt das gleiche Schicksal: 2006 fanden sich unter den zehn weltgrößten Windkraftanlagen-Herstellern noch vier deutsche. 2010 standen nur noch zwei Namen auf der Liste – wohl aber vier chinesische. Das ständig wiederholte Argument über die „Erneuerbaren“ als Jobmaschine löst sich jetzt auf. Ohne weitere Dauersubventionen hätte nur ein kleiner Teil von ihnen Bestand.

Ebenso wie der Windstrom leistet auch der Solarstrom keinerlei Beitrag zur Grundlast-Stromversorgung. Im Gegenteil stört auch diese wetterabhängige Stromeinspeisung vor allem die Stabilität im Netz und beansprucht ebenfalls große Stromspeicher, die es nicht gibt.


Zu den Kosten der „Erneuerbaren“, die dem Strompreis aufgebürdet werden: Ein erstaunliches Eingeständnis ist im EEG-Erfahrungsbericht 2011(Entwurf) des BMU zu lesen: „Hier ist es in den letzten Jahren zu Fehlentwicklungen gekommen. So entfielen 2010 im Stromsektor von rund 23,7 Mrd. € Investitionen in erneuerbare Energien allein 19,5 Mrd. € und damit über 80% auf die Photovoltaik.“
Mit der zum 1. Januar 2012 vorgesehenen EEG-Novelle, genannt „neues EEG“, habe die Regierung „wirksam gegengesteuert und insbesondere mit dem Abbau der Überförderung der Photovoltaik entschlossen gehandelt.“ Das Zugeständnis durch die Regierung, dass es hier eine Überförderung gibt, ist interessant; die Behauptung, dass sie nun abgebaut würde, ist unwahr: In einer Mitteilung des BMU über „Daten und Fakten zur Photovoltaik-Förderung“ vom 17. November 2011 heißt es, dass nach dem am 1. Dezember 2012 in Kraft tretenden „neuen EEG“ der „Ausbaukorridor“ möglicherweise auf 2500-3500 Megawatt zusätzliche PV-Leistung pro Jahr sinken könnte. Ob und wann das tatsächlich erfolgt, bleibt im Unklaren; konkrete und später nachprüfbare Angaben werden vermieden.

Eine Absenkung kann das nicht genannt werden, denn ein weiterer jährlicher Ausbau der PV um die genannte Leistung ist nur wenig kleiner als der in den ersten neun Monaten von 2011 erfolgte Zubau mit 3400 Megawatt. Es soll also genau so weiter gehen, nur nicht so extrem wie im Boomjahr 2010 mit 7200 Megawatt Zubau. Diese Verschleierungstaktik des BMU hat nun die staatliche Bundesnetzagentur in ihrem im Absatz 2 „Windstrom“ erwähnten Bericht vom Dezember 2011 durchbrochen: Er befasst sich auch mit dem erwarteten Ausbau der Photovoltaik und nennt Zahlen. Hier erwartet die Behörde in ihrem wahrscheinlicheren Szenario bis 2022 einen Anstieg von heute 18.000 Megawatt auf enorme 54.000 Megawatt.

Auch dies wird zu den für die bedauernswerten Verbraucher kostenträchtigen Stromüberschüssen führen. Ebenso wie der erwartete extreme Ausbau der Windkraft (s.o.) dürfte auch dieser enorme Anstieg der PV sowohl an den dadurch ausgelösten Netzstörungen als auch an den nicht mehr verkraftbaren Kosten scheitern – aber erst nach vielen weiteren von den Verbrauchern gezahlten Milliarden Euro, die in diesem Falle zum größeren Teil nach China fließen.

Die Regierung sitzt in der Klemme: Einerseits setzt sie voll auf die Photovoltaik. Sie ist eben neben dem Windstrom die zweite Säule der Energiewende. Sie darf trotz erwiesener Nutzlosigkeit nicht fallen, koste es was es wolle. Andererseits ruiniert die „Überförderung“ die „notwendige Akzeptanz des EEG“ (Zitat aus o.e Bericht des BMU). Aber das muss die Regierung in Kauf nehmen, denn ohne eine derartige die Marktmechanismen außer Kraft setzende Überförderung könnte es den dringend gewünschten Zubau nicht geben. Und auch das „neue EEG“ sorgt weiterhin dafür.

4. Biogas: Wenn Nahrungsmittel verheizt werden [Inhalt]

Im Gegensatz zu Wind- und Solarstrom ist Biogas ein Energieträger, der gleichmäßig anfällt, gut speicherbar ist und mit dem auch über einen längeren Zeitraum Strom erzeugt werden kann, obwohl das seine mit Abstand schlechteste Nutzung darstellt. Ebenso wie die für eine Stromerzeugung vollkommen ungeeignete und quantitativ marginale Geothermie wird Biogas zu sehr zur Gewinnung elektrischer Energie eingesetzt, anstatt es mit einfachen Mitteln zu Erdgas zu veredeln und dem Wärmemarkt zuzuführen. Der Grund dafür ist die ideologische Überbewertung von Stromerzeugung, was zum exzessiven und teuren Ausbau der Windkraft und der Photovoltaik geführt hat und was gleichzeitig zu einer Vernachlässigung der Nutzung regenerativer Energiequellen für die Wärmeerzeugung führte.

Die Probleme des Biogases liegen aber nicht allein in einer ineffizienten Nutzung: Das Hauptproblem ist der große Flächenverbrauch, der zuvor landwirtschaftlich genutzte Flächen betrifft und an die Stelle der Produktion von Nahrungsmitteln Energiepflanzen setzt. Zwar wird angestrebt, pflanzliche Reststoffe und andere biologische Abfälle vermehrt einzusetzen, aber der Druck auf die Umwandlung von Agrarflächen zur Produktion von Raps, Mais etc. hält wegen der damit erzielbaren weitaus höheren Renditen unvermindert an – eine direkte Folge der Überförderung. Und selbst wenn Gülle zu Biogas vergoren wird, erhöht die Zugabe von Weizen den Gasertrag beträchtlich – und wird unbedenklich angewendet. Die gleichen Probleme ergeben sich bei der Herstellung von Biotreibstoff. Hier tritt ein weiterer negativer Umwelteffekt auf: Es wird in großem Umfang Palmöl aus subtropischen Ländern – z.B. Indonesien – eingeführt und hier verarbeitet. Im Ursprungsland werden daher neue Ölpalmplantagen eingerichtet und dafür Tropenwald gerodet. Schon lange prangern vor allem die Kirchen die Umwandlung von Agrarflächen und die Verwendung von Lebensmitteln als Energieträger als unethisch und skandalös an. Selbst das dem Umweltministerium nachgeordnete Umweltbundesamt spricht Biogas und Biodiesel schon lange jeglichen Umweltnutzen ab. In seiner hilflosen und erfolglosen Verteidigung der Einführung des E-10-Treibstoffs wagte es Umweltminister Röttgen denn auch nicht, diesem irgendeinen positiven Umwelteinfluss zuzuschreiben.

5. Jenseits der Planwirtschaft: Entschädigung für die Nicht-Erzeugung von „Ökostrom“, Verpflichtung zur Hellseherei und „negative Preise“ [Inhalt]

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG enthält mehrere kaum glaubliche Vorschriften. Beispiele:


Entschädigung für die Strom-Nichterzeugung
Die Härtefallregelung des EEG – der § 12 – bestimmt: „Wird die Einspeisung von EEG-Strom wegen eines Netzengpasses [...] reduziert, sind die von der Maßnahme betroffenen Betreiberinnen und Betreiber [...] für 95 Prozent der entgangenen Einnahmen [...] zu entschädigen. Übersteigen die entgangenen Einnahmen in einem Jahr ein Prozent der Jahreseinnahmen, sind die Betreiberinnen [...] zu 100 Prozent zu entschädigen.“ Mit anderen Worten: Bei besonders häufigen Netzstörungen durch den grünen Strom gibt es für dessen Erzeuger mehr Geld. Dies erinnert leider sehr an die Praktiken der Agrar-Planwirtschaft in der EU, wo ebenfalls Produktionsvermeidungen finanziell belohnt werden. In Deutschland wird nun auch die Energiewirtschaft dazu verurteilt, nach den destruktiv wirkenden Methoden der Planwirtschaft zu arbeiten.


Gesetzliche Verpflichtung zur Hellseherei
Der § 12 EEG enthält auch eine Verpflichtung für die Netzbetreiber, die offenbar von den Gesetzesmachern für notorische Betrüger gehalten werden, in die Zukunft zu sehen und das Ergebnis den Betreibern der Ökostromanlagen (EE-Anlagen genannt) verbindlich mitzuteilen: Zitat: „Betreiber von EE-Anlagen sollen künftig spätestens am Vortag vom Netzbetreiber über den erwarteten Zeitpunkt, den Umfa

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