02.08.2010
Der Rechte-Tsunami der UN
Was ist davon zu halten, dass die Vereinten Nationen den Anspruch auf den Zugang zu freien Märkte und zu reinem Wasser in die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aufgenommen haben? Nichts – und zwar aus mehreren Gründen.
Zunächst lässt sich beobachten, dass eine immer größere Flut von „Rechten“ unser Leben überzieht, ohne es besser, freier und gerechter zu machen. Die Verrechtlichung nahezu aller Bereiche des öffentlichen wie privaten Lebens erdrückt jede Art von individueller Eigenständigkeit und Stärke sowie den persönlichen Antrieb, die eigene Lage selbst zu verbessern. Fortschritt lässt sich nicht einklagen, er muss aktiv bewerkstelligt werden.
Die Rechte-Flut löst zudem eine Sinnentleerung des Rechtsbegriffes ais. Dem traditionellen Rechtsverständnis zufolge werden „Rechte“ nicht verliehen, sondern errungen – errungen deswegen, weil sie eine reale Veränderung bewirken. Das unaufgeforderte Verleihen von „Rechten“ negiert dieses Verhältnis: Der Anspruch auf den Zugang zu freien Märkten und reinem Wasser hat für diejenigen, denen diese verwehrt bleiben, keine praktische Konsequenz. Bei wem sollten die Menschen in Sudan den Zugang auf frisches Wasser einklagen, bei wem nordkoreanische Bauern den zu freien Märkten?
Für unser Rechts-, Gesellschafts- und auch Bürgerverständnis hat der inflationäre Gebrauch des Rechtsbegriffes folgenschwere Konsequenzen. Er macht uns zu passiven Empfängern von Rechten und degradiert uns zu Verbrauchern und Konsumenten. Es ist kein Zufall, dass Verbraucherschutzpolitik und -aktionismus gerade in Zeiten, in denen der Glaube an den Sinn politischen Engagements immer stärker schwindet, populär ist wie nie. Vielmehr ist die – zum Teil selbstgewählte – Rolle als „bewusster Konsument“ die logische Folge um sich greifender politischer Apathie.
Die „Menschenrechte neuen Typs“ verstärken diesen Trend. Sie suggerieren die Allmacht dirigistischen Handelns, ganz so, als ob sich die Verfügbarkeit reinen Wassers und freier Märkte per Dekret einführen ließe. Das Verbreiten dieser Art der Autoritätsgläubigkeit mag Politikerkreisen schmeicheln, zugleich aber hat es den Anschein, als werde nun alles, was seit Jahren an mangelndem Fortschritt scheitert, zum Trost in den Rang von Menschenrechten erhoben. Dies reduziert die Bedeutung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte auf die eines infantilen Wunschzettels. Sollen wir wirklich an den Weihnachtsmann glauben?