17.12.2008

Der Alex wird trockengelegt

Von Johannes Richardt

Die seit geraumer Zeit immer lauter werdenden Rufe nach Alkoholverboten sind inzwischen bis ins Zentrum der Republik vorgedrungen. Der Berliner Bezirk Mitte erlässt ab dem 1. Januar 2009 ein eingeschränktes Alkoholverbot für den Alexanderplatz und einige andere Orte der Stadt.

Den Saufgelagen, die Jugendliche und junge Erwachsene seit Monaten dort veranstalteten, solle so ein Riegel vorgeschoben werden, hieß es aus dem zuständigen Bezirksamt. Aus Gründen des Jugendschutzes und der Gesundheitsvorsorge seien solche Exzesse inakzeptabel. Zudem werden Touristen und Anwohner durch die Folgen des unkontrollierten Alkoholkonsums – herumliegende Scherben und leere Flaschen – unzumutbar belästigt. Bei Verstößen gegen das Verbot drohen Zwangs- und Bußgelder sowie Platzverweise.

Seitdem die mittelhessische Universitätsstadt Marburg im Dezember 2007 auf den Straßen und Plätzen der Innenstadt ein nächtliches Alkoholverbot mit der Begründung durchsetzte, dass sich dieses Gebiet zu einer Partymeile für Kinder und jugendliche Erwachsene entwickelt hätte, folgen immer mehr Städte diesem Beispiel für eine zunehmend restriktive Politik im Umgang mit Alkoholkonsum im öffentlichen Raum. Im idyllischen Freiburg im Breisgau ist seit dem 1. Januar 2008 ein ähnliches weit reichendes Verbot von öffentlichem Alkoholkonsum in Kraft getreten. Zudem wurden im Jahr 2008 auch Alkoholverbote in Erfurt, Magdeburg, Ilmenau oder Bamberg, um hier nur einige weitere Städte zu nennen, erlassen. In Hamburg und Augsburg sind ebenfalls Alkoholverbote geplant, und man kann wohl davon ausgehen, dass nicht nur dort die Berliner Entscheidung Wasser auf die Mühlen derjenigen Kräfte sein wird, die den Bürgern den öffentliche Konsum eines legal erhältlichen Genussmittels untersagen wollen.

Durch solche Verbote werden nicht nur unter Missachtung der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung diejenigen kriminalisiert und als potenzielle Gefährder der öffentlichen Ordnung stigmatisiert, die ohne destruktive Ambitionen, aus welchem Grund auch immer, ihr Recht auf Alkoholkonsum im freien öffentlichen Raum ausleben wollen. Auch zeigt sich hier einmal mehr der „therapeutische Staat“ am Werk, der mit vorgeschobenen moralischen Argumenten – im Fall Berlin Alexanderplatz „Jugendschutz“ und „Gesundheitsvorsorge“ – versucht, seine „Untertanen“ zu moralischem Wohlverhalten zu erziehen. Aufbauend auf einem obrigkeitsstaatlichen Demokratieverständnis und unter dem Deckmantel der Gefahrenprävention werden so nicht nur die gesellschaftlichen Freiräume beschnitten, auch offenbart die Politik wieder einmal, dass sie dem Einzelnen nicht zutraut, selber zu wissen, was gut für ihn ist.

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