01.05.2002

Zur Sache

Von Thomas Deichmann

Verfallsdatum

Verbraucherschutzpolitik liegt im Trend. Je weniger die Bürger zu den Wahlurnen gehen und je mehr das Interesse an den Vorgängen in der parlamentarischen Arena verkümmert, desto mehr zeigen Politiker sich bemüht, den Bürger als Verbraucher durch Wahlmöglichkeiten anderer Art an sich zu binden. Er wird »empowert«, indem man ihm in den Supermärkten vermeintlich sinnvolle neue Alternativen bietet. Noch besser klappt diese Art Wählerbindung, wenn man Leute aufschreckt und ihnen dann Schutz vor der wirklichen oder angeblichen Gefahr in Aussicht stellt. Bei diesem Spiel mit der Angst lässt sich politische Handlungsfähigkeit demonstrieren. Und die Gentechnik bietet hier offenbar ein reiches Reservoir an Themen.

In Deutschland ist diese Politikform am weitesten gediehen. Vergangenes Jahr wurde hierzulande ein neues Verbraucherschutzministerium (BMVEL) gegründet. Ministerin Renate Künast (B‘90/Grüne) kümmert sich seitdem um die traditionellen Ressorts Landwirtschaft und Ernährung. Ihre Politik wird meist unkritisch abgenickt und oft gepriesen. Welch hohen Preis die Gesellschaft dafür zahlt, erfahren Sie in diesem Novo.

Glücklicherweise gibt es erste Anzeichen dafür, dass das Verfallsdatum der Verbraucherschutzpolitik Renate Künasts bald abgelaufen sein könnte. Neue Umfragen aus dem Hause Allensbach deuten darauf hin, dass Haltungen wie »Der Verbraucher will keine Gentechnik« längst überholt sind. Eine auszugsweise in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 2.12.01 veröffentlichte Allensbach-Studie titelte jedenfalls kurz und knapp »Gentechnik ist gut«. Die Meldung bot einen kleinen Einblick in den Stimmungswandel der Bevölkerung, die offenbar nackten Tatsachen und Fakten weit mehr Glauben schenkt als Frau Künast recht sein mag. Auftraggeber der Studie war das Bundespresseamt in Berlin, von dem auf Anfrage lediglich eine Kurzfassung bereitgestellt wurde. Die Bundesregierung kümmert sich offenbar darum, dass die wohl eher unerwünschten Untersuchungsergebnisse nicht an die breite Öffentlichkeit gelangen. Wie sonst sollte Künast sich weiter diffuser Ängste gegen die modernen Biowissenschaften bedienen und sich gleichzeitig als Verbraucherschützerin profilieren?

Anlässlich der Fußball-WM präsentieren wir Ihnen in diesem Heft einen Schwerpunkt der besonderen Art. Wer sich schon lange fragt, warum selbst der deutsche Fußball nicht ganz das ist, was er einmal war, erfährt hier einiges.


Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre


Thomas Deichmann
Chefredakteur

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