01.02.2004

ZUR SACHE

Von Thomas Deichmann

Neue Friedensordnung

Nach dem Ende des Kalten Krieges kursierte eine Weile die Hoffnung, eine neue friedliche Weltordnung unter Leitung der Vereinten Nationen errichten zu können. Doch im Laufe der 90er-Jahre häuften sich kriegerische Konflikte und Interventionen in einem solchen Maße, dass es uns heute schon fast normal erscheint, täglich in den Nachrichten über militärische Auseinandersetzungen informiert zu werden. Zunächst wurde der Begriff „Humanitäre Intervention“ gewählt, um die Beteiligung der Vereinten Nationen und nationaler Armeen (darunter die Bundeswehr) an den neuen Kriegen zu rechtfertigen. Seit dem 11. September 2001 geht es (mit militärischer und politischer Dominanz der Vereinigten Staaten), fast nur noch um den „Krieg gegen den Terrorismus“.
Wir haben diese Entwicklungen in Novo von Beginn an analysiert und kommentiert. Und wir haben vor den Folgen gewarnt: vor einer schleichenden Militarisierung der internationalen Beziehungen, der Preisgabe zentraler Prinzipien des Völkerrechts und der Beschneidung unserer Freiheiten in jeglicher Hinsicht.
In der vorliegenden Ausgabe vertritt unser Autor Brendan O’Neill die These, dass der Grenzen überschreitende Terrorismus, der die aktuelle Stabilität der Welt neu in Frage stellt, auch (wenn nicht sogar vorrangig), ein hausgemachtes Problem und daher Folge westlicher Politik der letzten Jahre ist. Mit diesem Beitrag hoffen wir, erneut mehr Klarheit in die Dynamik der internationalen Beziehungen zu bringen – Klarheit, die notwendig ist, um die Spirale der Gewalt durchbrechen zu können. Unser Coverfotograf Michael Najjar beleuchtet das Thema auf seine eigene provokante Art.
Auch zu anderen Themen bieten wir Ihnen wieder ungewohnte Sichtweisen und Erklärungsansätze. Frank Füredi geht zum Beispiel der Frage nach, warum sich immer mehr junge Erwachsene geradezu kindisch verhalten und Nostalgie-Partys der neue Renner sind. Hanko Uphoff versucht, den tieferen Sinn der Arbeit von Christoph Schlingensief und seiner „Church of Fear“ zu erkunden. Sabine Reul widmet sich, wie schon im letzten Heft, der Reformdebatte in Deutschland. Sie plädiert, statt für eine Steuer- oder Gesundheits-, erst einmal für eine grundlegende Politikreform. Alexander Ewald beleuchtet diesen Ansatz mit Blick auf die verworrenen Diskussionen um die Krise des Renten- und Krankenversicherungssystems.
Diese und alle weiteren Artikel im aktuellen Doppelheft bieten Ihnen hoffentlich genügend Stoff für die kalten Wintermonate. Ich wünsche Ihnen jedenfalls erholsame Feiertage, einen guten Rutsch ins neue Jahr und eine anregende Lektüre.


Thomas Deichmann


Chefredakteur

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