29.03.2010

Zentralbanken sind nicht die Lösung, sondern das Problem

Von Michael von Prollius

Zentralbanken gelten als Institutionen, die die Wirtschaft stabilisieren. Ihr Auftrag ist zumeist die sogenannte Preisniveaustabilität zu gewährleisten und das Wachstum der Wirtschaft zu unterstützen. An diesem Ruf arbeiten die Monopolisten mit weltweit mehr als hunderttausend Mitarbeitern genauso hartnäckig wie die Regierungen, die sie geschaffen haben – zum Teil von großen Geschäftsbanken zu ihrem Glück gedrängt wie in den USA bis 1913.

Allerdings ist der Ruf der Zentralbanken als Stabilisatoren eine vergleichsweise junge Erfindung.

Auch Radu Golban hat in seinem Kommentar „Die untypische Währungsunion“ dem Zentralismus einer alles beherrschenden Zentralbank in Europa das Wort geredet. Es fehle eine „wirkliche“ Zentralbank angesichts des dezentralen Verbunds nationaler Zentralbanken und ein gemeinsamer Finanzminister. Historische Untersuchungen untermauerten die Zweifel an einem „optimalen Währungsraum“ in Europa. Radu Golban weist zu Recht auf unterschiedliche nationale Zinssätze hin, auch wenn es vermutlich treffender wäre, von unterschiedlichen regionalen Zinssätzen zu sprechen. Diese Unterschiede gelten auch für die Inflation, womit vermutlich Teuerung gemeint ist.  Insofern sollten „Konvergenzprobleme“ eigentlich nicht erstaunen. Die Lösung kann jedoch keinesfalls mehr Zentralismus sein, sondern lautet vielmehr Dezentralismus.

Warum muss das der Fall sein? Zunächst liegt es auf der Hand, für regionale Unterschiede auch regional unterschiedliche Lösungen zuzulassen. Es gibt keine Notwendigkeit für eine rigorose Zentralisierung, für eine Gleichmacherei von Vielfalt. In diesem Zusammenhang lohnt sich ein Blick in die Geschichte der Zentralbanken: Eine Zentralbank zeichnet sich durch das nationale Monopol für die Ausgabe von Papiergeld aus. Sie stützen sich dabei auf das gesetzliche, also politisch bestimmte, ausschließliche Zahlungsmittel. Allerdings gibt es Zentralbanken erst seit dem 19. Jahrhundert, ihre Vorläufer, privilegierte Geschäftsbanken, bereits seit dem 17. Jahrhundert. Aufgabe der von den Regierungen begünstigten privaten Finanzinstitute war es zunächst, die finanziellen Bedürfnisse der Regierungen zu stillen. Von einer die Wirtschaft stabilisierenden Rolle war nicht die Rede. So verwalteten die privilegierten Geschäftsbanken die Einlagen der Regierung und ihre Schulden; zudem kümmerten sie sich um kurzfristige Kredite. Sie taten das als Gewinn maximierende Unternehmen. Daran hat sich bis heute praktisch nichts geändert, streichen die Zentralbanken doch die sogenannte Seignorage ein, also die Differenz zwischen den Kosten der Produktion eines Geldscheins und seinem Nennwert. Dabei entwertet die Ausweitung der heute ungedeckten Geldmenge – Geld ist heute eine Ansammlung bunt bedruckter Scheine ohne jegliche Deckung – die Kaufkraft aller Aktiva. Verkürzt gesagt liegt das daran, dass mehr Geld für die gleiche Gütermenge zur Verfügung steht – es stehen also nicht mehr 10 Euro fünf Birnen gegenüber, sondern 20 Euro fünf Birnen. Die inflationäre Geldmengenausweitung war für alle Herrscher und Regierungen stets eine willkommene Finanzierungsmöglichkeit ihrer ärgerlicherweise durch knappe Ressourcen begrenzten Aktivitäten.

Der Prototyp der Zentralbanken ist die Bank of England. Das gilt auch für ihre Rolle als Kreditgeber der letzten Instanz für andere Finanzinstitute. Für die Regierungen musste sie vor allem Kriegsausgaben finanzieren. Das gilt auch für die Banque de France, die Deutsche und die Schwedische Reichsbank. Heute ist die Finanzierung des Wohlfahrtsstaates dazu oder an die Stelle getreten. Die englische Formel dafür könnte lauten: „From Warfare to Welfare State“ (Marc A. Eisner).

Am Beispiel der USA lässt sich gut nachweisen, dass die Behauptung, Zentralbanken seien ein Stabilitätsgarant, nicht mehr als ein Mythos ist. So waren die Finanzkrisen nach Etablierung des Federal Reserve Systems 1920-21, 1929-33, 1937-38, 1980-82 und 2007-2009 in ihrem Ausmaß weitaus gravierender als die Krisen zuvor. Hinzu kommen ausgeprägte Inflationsphasen, darunter 1917-1920 und 1973-1980 sowie zahlreiche Vermögenspreisinflationen, die es unter dem Goldstandard in dieser Form nicht gab und die in einem freien Bankenwesen unmöglich wären. Ursache ist die natürliche Goldbremse, die die Geschäftsbanken im vor-zentralbanklichen System dazu zwang, eine zu große Ausgabe von Banknoten im Verhältnis zum vorhandenen Hartgeld zurückzuführen. Sonst floss Gold ins Ausland ab.

Diese Goldbremse musste zur Finanzierung des Ersten Weltkriegs gelöst werden. In Deutschland führte das zur Hyperinflation von 1923. Und allmählich wurde klar, dass Zentralbanken, die Interessen von Regierung und großen Geschäftsbanken einerseits sowie der Goldstandard andererseits unvereinbar sind. Das ankerlose Geld, das beliebig vermehrt werden kann, trat seinen weltweiten Siegeszug an. Inflation und stärkere Finanz- und Wirtschaftskrisen als je zuvor sind die Folge. Insbesondere seitdem US-Präsident Nixon den Golddevisenstandard im August 1971 aufgekündigt hat, übertrifft das Geldmengenwachstum das Gütermengenwachstum um ein Vielfaches. Seitdem hat es weltweit weitaus mehr als 100 Finanzkrisen gegeben. In Europa haben sich sämtliche Geldmengenaggregate zwischen 1998 und 2008 mehr als verdoppelt. Der Kaufkraftverlust des Euro beträgt innerhalb der ersten 10 Jahre bereits mehr als 50 Prozent. Eine Unze Gold kostete 1998 noch 10.788 Euro, im Juni 2008 aber bereits 25.657 Euro. Zusätzlich belastet wird der Euro durch die westeuropäischen Peripherieländer, deren Haushaltsdefizite unentschuldbar sind: Portugal mit 9,3 Prozent des BIP, Spanien 11,4 Prozent, Irland 12,5 Prozent und Griechenland 12,7 Prozent - bei einer erlaubten Höchstgrenze von 3 Prozent laut Maastricht-Vertrag. Die EZB finanziert hiebei die Staatsschulden: Europäische Geschäftsbanken erhalten preiswerte Darlehen von der EZB zum Zins von 1 Prozent, weil sie hierfür griechische Staatsanleihen als Sicherheit hinterlegen können, die wiederum deutlich höher verzinst werden als deutsche Staatsanleihen. So kann über neue Kredite neues Geld produziert werden und Griechenland muss niedrigere Zinsen für seine Schulden zahlen, weil seine Staatsanleihen als darlehnssicher gelten. Das ist “Gelddrucken leicht gemacht für Regierungen und Finanzinstitute”.

Der geldpolitische Zentralismus ist nicht nur mit Blick auf den so ermöglichten Ersten Weltkrieg ein verheerender Irrtum mit desaströsen Folgen. Auch die aktuelle Weltwirtschaftskrise hat als wichtigste Ursache die Politik des billigen Geldes der Zentralbanken. Es bleibt die Frage: Wer kann die beste Versorgung mit Geld gewährleisten: eine Zentralbehörde oder konkurrierende Unternehmen? Mit anderen Worten: Wer kann für mehr Stabilität sorgen: eine politische Zentralbehörde oder der wettbewerbliche Markt? Bilden Sie sich Ihre eigene Meinung.

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