01.03.2010

Wie viel Windstrom braucht Deutschland?

Von Lutz Niemann

„Wir brauchen mehr Erneuerbare Energien“, diese Meinungsäußerung hören und lesen wir in Deutschland fast täglich. Ist das wirklich so? Dieser Frage sollte nachgegangen werden.

Zu Deutschlands Energiemix bei der Stromerzeugung sind seit 1998 in großem Maße die Erneuerbaren hinzu gekommen, eben der Windstrom und der Solarstrom. Laut Gesetz ist dieser Strom von den Netzbetreibern bevorzugt abzunehmen, auch wenn er nicht benötigt wird und auch wenn dafür andere, billiger produzierende Kraftwerke vom Netz genommen werden müssen.
Deutschland hat inzwischen eine Windleistung von rund 25.000 Megawatt (MW) installiert, das ist mehr als die Leistung aller unserer Kernkraftwerke von rund 21.500 MW. Im Falle hoher Windstromeinspeisung muss man andere Kraftwerke abschalten. Das sind von den fossil befeuerten Kraftwerken zuerst die Gaskraftwerke, denn diese haben Turbinen, die der schnell wechselnden Windstromeinspeisung am besten folgen können. Reicht das nicht, müssen auch Kohlekraftwerke abgefahren werden, und als letztes auch Kernkraftwerke. So muss das Kernkraftwerk Unterweser sehr oft, aber auch das Kernkraftwerk ISAR in der Leistung zurückgenommen werden. Deutschland nimmt billigen Strom mit Erzeugungspreis von ca. 3ct/kWh aus dem Netz, stattdessen versorgt man sich mit teuren Windstrom mit einem Erzeugerpreis von 9ct/kWh. Warum brauchen wir das? Diese Frage konnte bisher noch von niemandem nachvollziehbar beantwortet werden.

Es ist inzwischen nicht mehr möglich, bei Starkwind den gesamten Strom im Land zu verbrauchen. Dann fließt der Strom hinaus über die Grenzen. Der zunehmende Stromexportsaldo Deutschlands in den letzten Jahren liegt auch in der zunehmenden Windstromerzeugung der vergangenen Jahre begründet, wie die anhängende Tabelle zeigt.
Deutschland erhält für den exportierten Windstrom einen Preis, aber nicht den vollen Preis der Einspeisevergütung, den die Windmüller erhalten, sondern einen geringeren Preis um 3 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Die Differenz ist Deutschlands Verlust. Warum brauchen wir das?
Die Preisbildung über die Grenzen erfolgt nach Marktgesetzen. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, wenn das Angebot groß ist, fallen die Preise. Und im Jahre 2009 ist der Preis oft sehr weit gefallen, er ist sogar negativ geworden, mindesten 18 Mal.* Deutschland war dann der „billige Jakob“ auf dem westeuropäischen Strommarkt – für den außer Landes fließenden Windstrom musste noch Geld dazugegeben werden. Besonders schlimm war das Weihnachten 2009, in der Nacht vom 25. zum 26. Dezember: Die Preise erreichten minus 1,5 Euro pro kWh. Mit dem im Ausland zu entsorgenden Windstrom flossen schnell einige Millionen Euro hinaus über die deutschen Grenzen. Warum brauchen wir das?

Viele Menschen meinen, dass mit der zusätzlichen Quelle des Windstroms unser Land mehr Unabhängigkeit von den Energielieferungen aus dem Ausland gewinnt. Aber auch das ist ein Irrtum, wie ein Blick auf die Technik lehrt: Das Stromnetz wird im „Lastfolgebetrieb“ gefahren, d.h. die Stromerzeugung muss den Stromanforderungen aller Kunden folgen. Die Regelung erfolgt über die Netzfrequenz, das hat physikalische Gründe. Nun kann der Wind keinen Lastfolgebetrieb gewährleisten, er bläst nun einmal nicht auf Anforderung. Es muss im Netz zusätzlich zu den schwankenden Anforderungen der Kunden auch noch der unregelmäßig blasende Wind durch „back-up“-Kraftwerke ausreguliert werden. Dazu eignen sich nun einmal am besten Gaskraftwerke, wie oben schon gesagt wurde. Und so hatte der Ausbau der Windkraft einen Ausbau der Erdgaskraftwerke bei uns zur Folge, mit dem Ergebnis zusätzlicher Abhängigkeiten von den Lieferländern, insbesondere von Russland. Warum brauchen wir das?

Als Ausweg aus dem Dilemma wird das „smart grid“ angeboten, eine „intelligente“ Vernetzung von Erzeugern, Verbrauchern und Speichern, was nichts anderes bedeutet, als dass nun auch der Stromverbrauch gesteuert werden soll. Stromverbrauch dann, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint, schmackhaft gemacht durch das schmückende Adjektiv „intelligent“, wer kann dazu schon Nein sagen?
Die Einführung des EEG läuft unserer freien Marktwirtschaft zuwider, es ist die Rückkehr zur Planwirtschaft unter dem Deckmantel von naiven Sprüchen wie „Der Wind bläst kostenlos“ (Inge Niedek) oder „Die Sonne schickt uns keine Rechnung“ (Franz Alt). Ökosozialistische Ideen einer neuen staatlichen Zwangswirtschaft wurden eingeführt, jetzt mit neuen attraktiven Namen, wie Umweltschutz, Klimaschutz, etc. Teurer Strom, den niemand freiwillig kauft, wird uns per Gesetz aufgezwungen. Die Planwirtschaft hat den Menschen noch nie gut getan, 1989 ist ein Großexperiment dazu gescheitert. Sie wird auch jetzt wieder scheitern, spätestens dann, wenn Deutschlands exportorientierte Wirtschaft an zu hohen Preisen für seine Waren gescheitert ist. Dann wird es wieder heißen: „Wer hätte das gedacht?“
 


Der Stromaustausch von Deutschland in Millionen Kilowattstunden pro Jahr (www.ucte.org) im Vergleich zur Windstromerzeugung (www.windstrom-kosten.de)
 

 

Jahr Import Export Saldo (Export) Windstromerzeugung
2001 43 903 43 955 52 10 500
2002 46 217 45 541 - 676 16 800
2003 45 758 53 823 8 065 18 900
2004 44 214 51 519 7 305 25 500
2005 53 462 61 922 8 460 26 500
2006 46 140 65 912 19 772 30 300
2007 44 270 63 385 19 115 38 600
2008 40 245 62 695 22 450 42 000
2009       38 100

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