01.04.2001

Wie die WHO dem Rauchen und der Freiheit den Garaus macht

Analyse von S. Hugh High

Der Kampf der WHO gegen das Rauchen bedroht nicht nur die Souveränität von Staaten, sondern beschneidet auch die Freiheit des Konsumenten, sagt S. Hugh High.

Erst kürzlich produzierte der Europäische Gerichtshof (EuGH) gute Nachrichten. Er lehnte das von der Europäischen Union geforderte Verbot von Zigarettenwerbung ab. Die Entscheidung war nur wenige Tage alt, als die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Konferenz (Framework Convention on Tobacco Control, FCTC) abhielt, die sich zum Ziel setzte, den Genuss von Tabak weltweit auszurotten. Die Widersprüchlichkeit beider Ereignisse ist eklatant: Der EuGH bezog sich in seiner Entscheidung auf die Gesetze der Europäischen Union, die Fragen der öffentlichen Gesundheit als Bestandteil der nationalen Souveränität ihrer Mitgliedstaaten betrachtet, die demnach nicht zentral von der EU zu klären sind. Im Gegensatz dazu definierte die WHO Rauchen als ein gestörtes Verhalten gemäß ihrer internationalen Klassifikation von Krankheiten. Sie erklärte Rauchen kurzerhand zu einer Epidemie und setzte den größten Gesundheitskreuzzug in der Geschichte ihres Bestehens in Gang. Dieser Kreuzzug wird jedoch nicht aus TV-Werbespots bestehen, in denen Männer und Frauen mit schwarzen Lungen uns auffordern, mit dem Rauchen aufzuhören. Vielmehr wird die WHO ihr Vorhaben mit der Macht internationaler Gesetze vorantreiben. Die Konferenz der Weltgesundheitsorganisation stellt eine Bedrohung für alle Menschen dar, die etwas von nationaler Souveränität und der Wahlfreiheit des Konsumenten halten.

In ihrem Versuch, das Laster des Rauchens auf der Welt auszumerzen, lässt die WHO nichts unversucht. Die Konferenz wird das Rauchen weltweit verdammen und damit Tabak zum neuen Verkaufsschlager eines aufblühenden Schwarzmarktes machen, der den Kokainhandel zu einer Randerscheinung deklassieren wird. Die Kampagne wird zum Abbau legaler Arbeitsplätze führen und damit auch weltweit die Steuereinnahmen drastisch reduzieren, was in besonderem Maße die Entwicklungsländer treffen wird. Die Entscheidungsträger dieser Welt sollten sich lautstark gegen diese überhebliche und bevormundende Kampagne zur Wehr setzen. Die deutsche Regierung hatte sich bereits gegen das von der EU vorgeschlagene Verbot der Tabakwerbung ausgesprochen, da es einen Angriff auf Deutschlands nationale Souveränität sowie auf die verfassungsmäßig garantierten persönlichen Freiheitsrechte darstellt. Es ist zu hoffen, dass die deutsche Regierung ähnliche Standfestigkeit auch bezüglich dieser Initiative beweist und ablehnend reagiert.

“Ein besitzloser Landarbeiter Indiens wäre überrascht zu erfahren, dass er mit 69 Jahren vorzeitig aufgrund seines Tabakkonsums sterben werde!”

Die WHO begründet ihre Kampagne mit Schätzungen, denen zufolge bis zum Jahr 2030 zehn Millionen Menschen, davon allein 7 Millionen in den weniger entwickelten Ländern der Welt, an Krankheiten sterben werden, die mit dem Rauchen in Verbindung gebracht werden können. Sie betont, dass die Hälfte der 10 Millionen Menschen im mittleren Alter sterben werde. Man muss jedoch hinzufügen, dass für die WHO auch das 69. Lebensjahr als ein “mittleres Alter” gilt. Dies mag vielleicht für entwickelte Länder wie Deutschland der Fall sein, für Entwicklungsländer gilt das jedoch kaum. Der Wirtschaftswissenschaftler Deepak Lal, als Professor an der University of California in Los Angeles tätig, gibt zu Recht zu bedenken: “Ein besitzloser Landarbeiter im ländlichen Teil Indiens wäre überrascht zu erfahren, dass er mit 69 Jahren vorzeitig aufgrund seines Tabakkonsums sterben werde!” In ähnlicher Weise erscheint die schlagzeilenträchtige Behauptung der WHO, 10 Millionen Leben mit ihrem Kreuzzug gegen den Tabak zu retten, nicht sehr glaubwürdig.

Die Restriktionen, mit denen die WHO weltweit gegen das Rauchen vorgehen möchte, sind weit reichend: Sie umfassen sowohl Sicherheitsgarantien gegen das ungewollte Passivrauchen (d.h. Rauchverbot in jeglichen Gebäuden, in denen sich ein Nichtraucher aufhalten könnte) als auch die massive Besteuerung von Tabakprodukten, die mindestens zwei Drittel ihres Preises ausmachen soll (und damit wiederum in erster Linie Raucher in der Dritten Welt trifft). Außerdem soll der Verkauf von Zigaretten im Einzelhandel als auch an Automaten verboten werden. Des weiteren fordert die WHO die vollständige Kontrolle über die Inhaltsstoffe von Tabakprodukten sowie das Verbot jeglicher Form von Werbung und Sponsorships im Bereich des Sports. Auch der Verkauf von Zigaretten in kleineren Mengen sowie die Kennzeichnungen von Zigaretten als “light” oder “mild” soll es zukünftig nicht mehr geben. Stattdessen sollen Zigarettenpackungen zu mindestens 50 Prozent mit Bildern und Warnhinweisen gegen das Rauchen zugepflastert werden. Der Kontrollanspruch der WHO-Gesundheitshüter geht noch weiter: Unternehmen der Tabakindustrie sollen ihre Bücher offen legen und international festgeschriebene Entschädigungen für Opfer des Tabakkonsums bezahlen.

Es ist nichts dagegen einzuwenden, dass die WHO die Aufgabe übernimmt, die Raucher in aller Welt über die potenziellen Gefahren des Rauchens zu informieren. Ebenso vernünftig ist es, die Gesundheitshinweise auf Tabakprodukten international zu standardisieren. Dennoch sind die Vorschläge der WHO problematisch, weil sie in Freiheitsrechte eingreifen und zudem wahrscheinlich noch kontraproduktiv sind.

Der Vorschlag der WHO, die Steuern auf Tabakprodukte weltweit anzugleichen, unterminiert ohne Zweifel die Souveränität der Staaten und den zwischenstaatlichen wirtschaftlichen Wettbewerb. Der bekannte Wirtschaftswissenschaftler Arthur Laffer vermutet, dass die Sklerose der europäischen Wirtschaft durch Eingriffe dieser Art vorangetrieben werde. Roland Vaubel, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Mannheim, vertritt die Ansicht, dass die Harmonisierung von Steuern in Europa deren Erhöhung bedeutet. Zudem weist er darauf hin, dass die meisten europäischen Politiker gegen steuerliche Konkurrenz argumentieren. Wenn ein Staat die Steuern erhöhte, so Vaubel, liefe er Gefahr, Steuergelder an andere Staaten zu verlieren. Wenn alle europäischen Regierungen sich einigten, die Steuern zu erhöhen, könnten die Steuerzahler dem nicht entgehen.

“Ungefähr jede fünfte Zigarette, die während eines Fußballspiels geraucht wird, entstammt dem Schwarzmarkthandel oder ist gefälscht.”

Die Angleichung wäre daher in dieser Hinsicht nicht nur ökonomisch problematisch, wie auch die Schwesterorganisation der WHO, die Weltbank, erkannte, sie würde auch zu einer Ausweitung des Schwarzmarktes führen. Schon heute machen geschmuggelte Zigaretten 20 Prozent des Marktvolumens in entwickelten Nationen aus. Ungefähr jede fünfte Zigarette, die während eines Fußballspiels geraucht wird, entstammt dem Schwarzmarkthandel oder ist gefälscht. Das britische Finanzministerium beziffert den aus dem Schwarzmarkthandel von Zigaretten für die britische Gesellschaft entstehenden Schaden auf über 3 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Aufgrund der größeren Nähe zum Balkan und anderen osteuropäischen Staaten, aus denen besonders viele geschmuggelte Zigaretten kommen, muss davon ausgegangen werden, dass der Schaden in Deutschland noch wesentlich höher ist.

Doch schon die britischen Zahlen sind alarmierend, und das, obwohl Großbritannien den Warenimport sehr stark kontrolliert. Es bedarf keiner übermäßigen Fantasie, um sich vorzustellen, welche Schäden eine Ausweitung des Zigarettenschmuggels in Ländern wie Südafrika oder Brasilien zur Folge hätte. Der Anreiz, Zigaretten zu schmuggeln oder zu fälschen, ist selbst innerhalb eines Landes enorm, da großer Profit zu machen ist und die Strafen im Vergleich zum Schmuggel harter Drogen gering sind.
Die Angleichung der Steuern würde darüber hinaus dazu führen, dass billigere Produkte mit noch stärkeren schädlichen Inhaltsstoffen, zum Beispiel mit wesentlich höherem Teeranteil, auf den Markt kämen. Dies kann wohl kaum im Interesse der Regierungen sein.

Dennoch behauptet die WHO, ihre Kampagne werde den Tabakschmuggel ausmerzen. Dieses Ziel ist mehr als hochgesteckt, es ist unrealistisch. Je höher die Steuern, ob angeglichen oder nicht, desto größer wird der Anteil der geschmuggelten Zigaretten werden. Zweifellos wird die WHO die gewonnen finanziellen Mittel einsetzen, um die Zollkontrollen auszubauen und Zollbeamte mit enormen Kompetenzen auszustatten, um den Zigarettenschmuggel effektiv zu bekämpfen. Die Folge ist jedoch ein massiver Eingriff in die Privatsphäre.

Ein weiterer Vorschlag, der zum Ausmerzen des Rauchens auf der Welt beitragen soll, ist das vollkommene Verbot von Tabakwerbung. Tatsächlich gibt es aber keinerlei Beweise dafür, dass Werbung für Tabakprodukte zu höherem Konsum führt. Vielmehr erfüllt Tabakwerbung für Unternehmen den Sinn, den eigenen Marktanteil auf Kosten der Konkurrenz zu erhöhen.
Es wäre begrüßenswert, wenn die deutsche Regierung zusammen mit denen anderer entwickelter Staaten sich weigerte, die Protokolle der WHO und ihrer Kampagne zu ratifizieren. Eine derartige Entscheidung würde es zum einen Millionen von Rauchern ermöglichen, auch in Zukunft den legalen Konsum von Zigaretten zu genießen. Zum anderen würde es das nationale Einkommen aus der Tabaksteuer sichern helfen. Ein weiterer wichtiger Grund, wenn nicht sogar ein noch bedeutenderer, ist, dass grundlegende Freiheitsrechte wie die Meinungs- und Redefreiheit sowie die Souveränität eines Landes von der Beschneidung durch die Moralapostel der WHO geschützt werden müssen.

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