01.11.2004

Wenn der Fisch am Kopf stinkt, wird bald die Schwanzflosse faulen…

Analyse von Emile LeFant

Systemtheorie und Rechtssystem. Von Emile LeFant

Ein Kriminalbeamter verdient nicht sooo viel. But it’s easy to buy… für einen Kriminalbeamten. Auch ein Kriminalbeamter möchte manchmal gerne ein Häuschen, für sich und seine Familie. Er geht zum Bauträger. Bauträger, das ist bekannt landauf landab, sind raffinierte Leute. Da muss man aufpassen, dass man nicht übern Tisch gezogen wird. Denkt sich auch ein Kriminalbeamter. Drum sagt er gleich zum Bauträger: „Stellen Sie sich mir niemals in den Weg, Sie würden es bitter bereuen!“ Der Bauträger denkt: Wichtigtuer! Stolz sagt die Frau des Kriminalbeamten: „Mein Mann kennt viele hohe Tiere.“

„Dem Bauträger droht die Pleite, warum? Weiß er nicht.“

Der Bau beginnt. Der Bau geht weiter. Der Kunde muss dann seine Raten zahlen, es gibt ja einen Vertrag. Tut er aber nicht. Der Kunde ist Kriminalbeamter. Der Kunde beschließt, nichts weiter zu bezahlen, das behält er aber für sich, erst mal. Denn er ist Kriminalbeamter. Er sagt zum Bauträger: „Ich bin Kriminalbeamter, ich werde bestimmt zahlen. Geld ist da, sehen Sie hier den Kontostand.“
Der Bauträger stellt irgendwann die Arbeiten ein. Das machen Bauträger so, wenn ein Kunde die Raten nicht zahlt.
Nichts geschieht. Oder doch?
Der Bauträger baut noch andere Häuschen. Freundliche Kunden. Oder doch nicht?
Plötzlich fliegen die Türen zu, von innen, wenn der Bauträger kommt. „Sie sind ein Betrüger! Sie werden steckbrieflich gesucht! Wenn wir die Polizei rufen, werden Sie sowieso verhaftet werden! Mit Ihnen wollen wir nichts mehr zu tun haben!“, schallt es von innen durch verschlossene Türen. Im Briefkasten liegen Kündigungsschreiben, zuhauf. Dem Bauträger droht die Pleite, warum? Weiß er nicht. Ein Rätsel. Er geht sich bei der Polizei erkundigen, wegen dieser merkwürdigen Beschuldigungen. Ermittlungen? Nichts. Ein Rätsel.
Der Bauträger begegnet auf der Strasse einem Menschen, den er kennt. „Sagen Sie mal, stimmt das?“, fragt ihn der. „Ein Kriminalbeamter war neulich bei mir, ob ich wüsste, wo Sie sich aufhalten, Sie würden mit Steckbrief gesucht, er ermittelt gegen Sie, und ob ich mit Ihnen unter einer Decke stecke, ich sollte dann lieber gleich alles gestehen, das wäre günstiger, im Falle einer Verurteilung…!“
Der Bauträger fühlt sich wie ein fauler Fisch, dem die Schuppen vor die Augen fallen. Er geht wieder zur Polizei. Die weiß von nichts, von wegen Ermittlungen. Er stellt Strafanzeige gegen den Kriminalbeamten. Der Staatsanwalt stellt die Ermittlungen ein. „Aus dienstlichen Gründen kein Widerspruch zugelassen.“

„Die Ermittlungen hat der Kriminalbeamte betrieben. Darf ein Kriminalbeamter eigentlich nicht, in eigener Sache.“

Im Briefkasten liegt ein anderer Brief vom Staatsanwalt. Anklage wegen Betrugs eines Kriminalbeamten. Einige technische Details. Der Bauträger geht zum Staatsanwalt, zum angegebenen Termin. Der Staatsanwalt ist nicht da. Der Bauträger geht zum zweiten Termin. Der Staatsanwalt ist nicht da. Beim dritten Termin ruft der Bauträger eine halbe Stunde vorher an, ob der Staatsanwalt da ist.
Der Staatsanwalt sagt: „Geben Sie’s zu!“ Die Assistentin des Staatsanwaltes schreit: „Geben Sie’s doch zu! Dann gibt es bloß einen Strafbefehl! Allerdings müssen Sie dem Kriminalbeamten das Grundstück überschreiben! Andernfalls gibt es Gefängnis, ein Jahr und vier Monate!“ Das wird ja dann ein Richter entscheiden, antwortet der Bauträger, frech? Der Staatsanwalt grinst: „Ich habe die Ermittlungsakten.“
Später, viel später, erfährt man: Die Ermittlungen hat der Kriminalbeamte betrieben. Darf ein Kriminalbeamter eigentlich nicht, in eigener Sache. Die Ermittlungsakten kamen zur zuständigen Polizei. In den Ermittlungsakten sind Briefe des Kriminalbeamten an die zuständige Polizei: schnell! schnell! die Sache eilt! Die zuständige Polizei protestiert gegen diesen Druck. Dann gibt sie die Akten schnell an den Staatsanwalt, unbearbeitet. In den Ermittlungsakten liegt ein Brief des Kriminalbeamten an den Staatsanwalt. „Ich habe beschlossen, der Bauträger, diese Person, muss von der Bildfläche verschwinden. Ich habe vor langer Zeit schon beschlossen, nichts mehr an ihn zu bezahlen, da waren die Arbeiten noch im Gang.“ Die Ermittlungsakten kennt aber bisher nur der Staatsanwalt, den das aber nicht interessiert.
Ich gehe besser zum Rechtsanwalt, denkt der Bauträger. Die technischen Details werden geklärt. Eigentlich eine Angelegenheit für einen Zivilprozess. Normal ist, dass ein Staatsanwalt ein solches Verfahren zurückstellt, bis ein Zivilgericht entschieden hat. Normal ist, dass ein Staatsanwalt sich solche Arbeit vom Halse hält. Nicht normal scheint, dass ein Kriminalbeamter dahinter steht.
Das Leben geht weiter. Der Bauträger versucht sein Glück noch einmal, in einer ganz anderen, entfernten Gegend. Denn noch hat er keine Ahnung, wie das alles zusammenspielt. Wie verhext. Es passiert ihm auch dort immer wieder das Gleiche: Türen fliegen zu, Verträge werden gekündigt, Gründe sind ihm nicht ersichtlich.
Ein Verdacht: Meine Geschäftskontakte wurden ausgeforscht, vielleicht? Er spricht mit dem Datenschutzbeauftragten, ob aus einer Polizeistelle heraus Telefonkontakte ermittelt wurden?
„Vorsicht, passen Sie auf“, sagt ihm der Datenschutzbeauftragte. „Das ist nicht so, dass wir selbst in den fraglichen Computern ermitteln. Wir stellen lediglich eine Anfrage an die betreffende Behörde. Dort wird dann ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dessen Ergebnisse werden uns von jener Behörde mitgeteilt. Sie müssen mir auch die Namen nennen, die Sie im Verdacht haben. Ihr Risiko. Es wird nämlich, das ist bei Ermittlungen so, nur gegen bestimmte Personen ermittelt. Ist es die verdächtigte Person nicht gewesen, kriegen wir auch nichts raus. Aber der von Ihnen Verdächtigte kann sich strafrechtlich gegen Sie wenden, wegen falscher Anschuldigung!“

„ ‚Wir sind gehalten, ökonomisch zu verhandeln, Antrag abgelehnt!‘ “

„Dann habe ich keine Chance, illegales Abhören oder Abfragen von Verbindungsdaten zu erfahren, wenn der Beamte A seinen Kollegen X um eine kleine Hilfe bittet?“ – „So ist es.“ „Ist das Datenschutz?“, fragt sich der Bauträger. Und er fragt sich, ob er das Risiko eingehen soll. Und er fragt sich, warum ihn der Datenschutzbeauftragte warnte.
Da gibt es aber noch Gutachten, schreibt der Staatsanwalt. Ich möchte die Gutachten sehen, schreibt die Rechtsanwältin. Das geht nicht, schreibt der Staatsanwalt, die sind in einer Beiakte, nicht in der Ermittlungsakte. Die Rechtsanwältin fügt sich, dummerweise.
Gerichtstermin. Der Richter platziert den Bauträger drei Meter von seiner Anwältin entfernt. Widerspruch: „Ich muss mich beraten können!“ Der Richter droht mit zwei Tagen Ordnungshaft. Stille. „Angeklagter, gestehen Sie!“, sagt der Richter. „Was?“, sagt der Bauträger. Überraschung. Zwei Gutachter treten auf, bezahlt vom Kriminalbeamten. Sie lesen aus ihren Gutachten vor. Schlaue Verfahrensweise, formal korrekt, denn so mussten die Gutachten vorher nicht in den Verfahrensakten sein, einsehbar für die Verteidigung. Es wird bloß ausgesagt, kein Gutachten vorgetragen. „Angeklagter, gestehen Sie!“, sagt der Richter. Der Bauträger widerspricht. Beantragt einen neutralen Gutachter. „Wir sind gehalten, ökonomisch zu verhandeln, Antrag abgelehnt“, sagt der Richter. „Gestehen Sie!“
Ende der Verhandlung. Gefängnis droht. Ein Jahr, sechs Monate, beantragt der Staatsanwalt. Ein Jahr, vier Monate, sagt der Richter. Der Bauträger kündigt Berufung an. Der Staatsanwalt braust auf. „So eine rechtsfeindliche Gesinnung! Man muss den Angeklagten sofort verhaften! Fluchtgefahr!“ Der Richter sagt: „Der Angeklagte hat eine rechtsfeindliche Gesinnung, weil er nicht gesteht. Fluchtgefahr. Sofort verhaften.“

„Berufsverbot! Bedeutet: keine Verdienstmöglichkeit mehr. Vorstrafe! Endgültig pleite.”

In Handschellen aus dem Gericht. Vor dem Gericht ein Abspann wie im Krimi: der Kriminalbeamte, Spielbein, Standbein, Zigarette locker vorm Bauch. „Das muss eine tiefe Befriedigung für Sie sein!“, sagt ihm der Bauträger im Vorbeigeführtwerden. Der Kriminalbeamte läuft ihm nach: „Erinnern Sie sich, was ich Ihnen ganz am Anfang sagte, als ich Ihnen meine Dienstkarte gezeigt habe? Stellen Sie sich mir niemals in den Weg, Sie würden es bitter bereuen!, habe ich Ihnen gesagt.“ Der Bauträger fühlt sich wie ein fauler Fisch, dem die Schuppen vor die Augen fallen.
Ein neuer Rechtsanwalt kommt in die Zelle. Ein prominenter Strafverteidiger, ein teurer. Vorkasse. „Sie müssen gestehen, sonst kommen Sie hier vor zwei Jahren nicht raus. Wenn Sie nicht gestehen wollen, beschränken Sie die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch und verzichten Sie auf Rechtsmittel gegen das Urteil, das wird als Geständnis ausgelegt, dann wird in der Berufung die Strafe zur Bewährung ausgesprochen. So ist es mit Richter und Staatsanwalt ausgemacht. Knapp und basta.“
So geschieht’s, schließlich, nach zwei Monaten, zwei Monaten hartnäckig, dickköpfig falscher Hoffnung aufs Gesetz.
Bewährungsauflagen: Überschreibe das Grundstück an den Kriminalbeamten, ohne weitere Zahlung zu verlangen! Verzichte auf Zivilklage gegen den Kriminalbeamten! Zahle Wiedergutmachung! Berufsverbot! Bedeutet: keine Verdienstmöglichkeit mehr. Vorstrafe! Endgültig pleite. Und ohne Möglichkeit, „Wiedergutmachung“ zu leisten – ausgeliefert, frei sein ohne frei zu sein! Das merkt der gewesene Bauträger aber erst später.
Draußen.
Erster Schritt: Überschreibung des Grundstücks an den Kriminalbeamten. Der erste Notar sagt, das kann ich nicht machen, Sie sind nicht mehr Geschäftsführer der GmbH. Der zweite Notar sagt dasselbe. „Das Gericht sagte: Ich sei ‚faktischer’ Geschäftsführer, und als solcher könne ich das machen“, sagt der gewesene Bauträger. Der Notar sagt: „Ein Institut ‚faktischer Geschäftsführer’ gibt es nicht.“ Der dritte Notar, der Notar des Kriminalbeamten, kennt die Lösung sofort: Jemand von der Industrie- und Handelskammer soll für ein paar Stunden die Geschäftsführerschaft übernehmen und die Übertragung vornehmen. So geschieht’s.
Zweiter Schritt: Überprüfung der Gutachten, die im Gericht vorgetragen wurden. Ergebnis: Die öffentlich bestellten und vereidigten Gutachter haben beide die falschen DIN-Normen zitiert. So wurde der Eindruck geschaffen, es sei durch fehlerhafte Bauweise betrogen worden. In den zitierten Normen steht aber, erster Paragraf, dass nicht diese, sondern andere DIN auf diese Bauweise anzuwenden sind. Die tatsächliche Bauweise ist von den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vor Gericht korrekt beschrieben. Jeder kann die deutschen Industrienormen lesen und verstehen; ein neuer Gutachter bestätigt das, im Detail. Also: kein Betrug – in Wirklichkeit; Betrug – im Gericht. Das muss sich doch korrigieren lassen! Optimismus.
Daher dritter Schritt: Wiederaufnahmeantrag. Die Sache scheint klar, auf Sieg. Wie bezahlen? Generös: die Kanzlei sagt zu, Bezahlung nach dem Erfolg. Aber dann doch: die Arbeit am Wiederaufnahmeantrag stockt immer wieder. Es soll erst Geld kommen.
Der ehemalige Bauträger fühlt sich wie ein fauler Fisch, dem die Schuppen vor die Augen fallen. Ohne Schuss kein Jus. Aha. Darin also lag der Sinn jener rätselhaften, im Vorfeld als kriminalpolizeilich getarnten Ermittlungen: der finanzielle Teppich muss unter den Füssen weggezogen werden; Strauchelnde haben keinen festen Stand, Strauchelnde sind miese Kämpfer. Ein Kriminalbeamter kennt sich da aus.
Nach eineinhalb Jahren ist der Wiederaufnahmeantrag endlich fertig.
Jetzt plötzlich: Der Staatsanwalt beantragt den Widerruf der Bewährung. Der gewesene Bauträger soll doch noch ins Gefängnis, weil er keine Zahlungen zur Wiedergutmachung leiste. Er könnte doch als Hilfsarbeiter gehen…
Und dann: Der Richter, der über die Zulassung des Wiederaufnahmeantrages entscheidet, lehnt ihn ab. Die vorgelegten Unterlagen, vor allem die Sache mit der DIN, seien bloß theoretische Ausführungen ohne praktischen Belang. Rechtsmittel? Bundesverfassungsgericht, vier Wochen Zeit, 20.000 Euro cash. Schluss. Ohne Schuss kein Jus.

„Legal – illegal – scheißegal? Ach was. Die Leute da draußen verstehen die Sorgen der Justiz einfach nicht.“

In zweiter Instanz, endlich, wird der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Widerruf der Bewährung doch noch abgelehnt, aber garniert mit einer Verlängerung der Bewährungszeit. Man will die Kollegen nicht zu hart angehen? Kontrolle über die Widerborstigen behalten? Der Zustand der unfreien Freiheit hält an.
„Geld!“, schreibt die Kanzlei. Ende der Freundlichkeit.
Inzwischen war ein Buch geschrieben über die Umstände dieser Verurteilung. Über Umstände, unter denen heute fast alle Verurteilungen stattfinden. Und dass diese Umstände verfassungswidrig sind. Und dass die Justiz weiß, dass solche Umstände verfassungswidrig sind. Und dass die Justizadministration deshalb still, ganz leise, beschlossen hat, sich um die Verfassungswidrigkeit solcher Umstände nicht zu scheren. Weil sie behauptet, sie könne nicht anders. Und dass die Justizadministration dies auf einem Kongress beschlossen hat, auf dem ihr mit dicken Gutachten vorgetragen worden war, dass solche Umstände verfassungswidrig sind. Aber das muss man doch nicht an die große Glocke hängen.
Legal – illegal – scheißegal? Ach was. Die Leute da draußen verstehen die Sorgen der Justiz einfach nicht. Man muss ökonomischer verhandeln, sagt die Justizadministration. Man darf die Ermittlungsbehörden nicht umsonst arbeiten lassen.
Weil die Justizadministration sich für eine Elite hält, hat sie auf diesem Kongress beschlossen, sich selbst zu schützen. Man will ja wegen dem Urteilen über Andere nicht selber verurteilt werden. Deshalb hat die Justizadministration auf diesem Kongress verabredet, ihre Dealergeschäfte über Strafurteile vor der Öffentlichkeit, so gut es geht, zu verbergen, bis sie überall gewohnter Alltag geworden sind. Dann, schließlich, wird der Gesetzgeber gezwungen sein, die illegale Dealerei um Urteile zu legalisieren. In einer Reform des Strafprozessrechtes.
Die ist jetzt vorbereitet. Und kann nächstes Jahr durchgehen. Wovon aber kein Mensch da draußen etwas ahnt.
Weil das kein Mensch da draußen, nie und nimmer, glauben kann: die Hüter der Gesetze als klammheimliche Verfassungsgegner?
Nein, so was hält das Volk da draußen nie, nie und nimmer für demokratiemöglich.
Im Umkehrschluss wissen jetzt die Ermittler, dass, egal wie sie arbeiten, sie nicht umsonst arbeiten. Dass sie also die Justiz, diese selbsternannte Elite, auch instrumentalisieren können.
Wie einem faulen Fisch fallen dem gewesenen Bauträger die Schuppen vor die Augen. Also doch keine persönliche Intrige, nur gegen ihn. War sowieso nicht vorstellbar. Geht alles wie am Schnürchen. Eine Anklage haben, heißt, einen Prozess haben – und einen solchen Prozess haben, heißt, ihn schon verloren haben, liest man, mit Gänsehaut, bei Franz Kafka.
Und, wenn es sein muss: Auch Ermittler sind abhängig. Weisungsgebunden. Hat das was mit Politik zu tun?
Ein Freund bezahlt. Für eine neue Runde im Irrgarten der Gerichte. Sonst wär’ schon lange Ende der Gerechtigkeit. Ohne Schuss kein Jus.
Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zwecks Ermöglichung der Revision. Begründung: Der Bundesgerichtshof verbietet, einen Verzicht auf Rechtsmittel gegen das ausgedealte Urteil schon vor dessen Verkündung zu verlangen. Falsche Beratung des Rechtsanwaltes und fehlende Rechtsmittelbelehrung des Gerichtes haben ihm dies verheimlicht und so die Versäumnis des Termins zum Revisionsantrag verschuldet.
Pünktliche Retoure: Erneut ein Antrag von der Staatsanwaltschaft, die Bewährung zu widerrufen. Wegen mangelnder Wiedergutmachung. „Für einen Anwalt hat er doch auch Geld!“, sagt der Richter zum Rechtsanwalt.
Das Oberste Landgericht lehnt den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Begründung: Die Schleusen für eine Flut von Revisionsverfahren würden geöffnet! Den Fluch der bösen Tat, des jahrzehntelangen Verfassungsbruchs, möchte man nicht auf sich nehmen.
Jetzt: Verfassungsbeschwerde gegen diese Zurückweisung.
„Was wird eine Revision schon nützen, wenn das Urteil eh auf einem Geständnis beruht?“, spottet ein Professor.
Eine Rechnung liegt im Briefkasten. Immer noch die Kosten des Wiederaufnahmeantrages. Von der Kanzlei mit dem Namen des Innenministers. Kulant: „Zahlen Sie in kleinen Raten.“ Der Innenminister ist der oberste Dienstherr des Kriminalbeamten.
Ein System erhält und definiert sich selbst durch seine Außenweltbeziehungen.
Der gewesene Bauträger würde gerne bezahlen, hätte er Geld. Wenigstens kleine Raten. Hm, oder lieber doch nicht, wegen Wiedergutmachung. Für einen Anwalt hat er also Geld!, würden Richter und Staatsanwalt vielleicht wieder sagen – und die Bewährung widerrufen?
Wir sind gehalten, ökonomisch zu verhandeln, hatte jener Richter gesagt… ist Recht Geschäft, geschäftiges Recht?
Ein System erhält sich, indem es den Nutzen seiner Subsysteme optimiert. Den Nutzen gewinnt ein System aus seinen Außenweltbeziehungen. Ein System bestimmt autonom, was seine Nutzen sind.
Systeme reformieren sich nicht von innen. Systeme werden durch ihre Außenweltbeziehungen erhalten oder verändert. Oder nicht.
Systeme, sagt die Systemtheorie, kennen keine Moral. Systeme brauchen keine Ethik. Systeme haben ihre eigene Wahrheit. Wahrheit? Quatsch, sagt die Systemtheorie, „Wahrheit“ ist ein altmodischer Begriff. Was als wahr „gelten“ soll, wird doch ausgehandelt, gemacht am freien Markt der Meinungen und Marktbeziehungen, oder?
Ehrlicher, sagt die Systemtheorie, ist es, auf solche altmodischen Begriffe zu verzichten. Sagen wir lieber, moderner Weise – pardon: postmoderner Weise – „Viabilität“. Was machbar ist, wird schon richtig sein, sonst wär’ es ja nicht machbar, oder, Herr Darwin?
Ende der Systemtheorie vom toten Fisch.

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