01.04.2009

Schäubles Islampleite

Von Sabine Reul

Anfang der Woche sickerte durch, dass gegen maßgebliche Beteiligte an der von Bundesinnenminister Schäuble vor zwei Jahren ins Leben gerufenen Islamkonferenz schon seit geraumer Zeit wegen des Verdachts auf Bildung einer kriminellen Vereinigung staatsanwaltlich ermittelt wird.

Berichtet wurde über sich verdichtende Anzeichen, dass der Generalsekretär der türkisch-islamischen Organisation Milli Görü? und der Vorsitzende der arabisch geprägten Islamischen Gemeinschaft Deutschlands Gelder – möglicherweise auch aus öffentlichen Mitteln – an ausländische islamische Organisationen geleitet haben könnten, darunter an Einheiten der Hamas. Da beide Vereine in Schäubles Islamkonferenz eine Schlüsselrolle einnehmen, herrscht in integrationspolitischen Kreisen nun verständlicherweise Betretenheit. Schäuble hat seine Islamkonferenz großenteils mit erzkonservativen Gegnern der Religionsfreiheit, Toleranz und Gleichberechtigung der Frau besetzt, von denen viele Menschen muslimischen Hintergrunds sich nicht im Mindesten vertreten fühlen.

Zu erwarten ist nun große Empörung über mögliche gesetzeswidrige Tendenzen muslimischer Verbände oder deren Nähe zu fundamentalistischen oder gar terroristischen Strömungen. Darüber könnte das eigentliche Problem in Vergessenheit geraten. Wie Novo schon anlässlich der Gründung der Islamkonferenz im Sommer 2007 anmerkte, war das ganze integrationspolitische Konzept, aus dem sie hervorging, rundum verfehlt. Die Berufung eines vorrangig mit geistlichen Vertretern besetzten Forums als Vertretung der so genannten muslimischen Bevölkerungsgruppen in Deutschland war nicht nur ein eklatanter Verstoß gegen die Grundsätze der Religionsfreiheit und Trennung von Kirche und Staat – sondern auch gegen die Demokratie. Denn die beruht darauf, dass Menschen ohne Rücksicht auf kulturelle oder religiöse Bindungen politisch als gleichberechtigte Bürger ihre Anliegen und Ideen über den demokratischen Prozess zur Geltung bringen. Nach dem Debakel der Islamkonferenz sollte man daher unter eine kulturelle Unterschiede zementierende Identitätspolitik einen Schlussstrich ziehen. Die beste Integrationspolitik ist das allgemeine und freie Wahlrecht für alle Immigranten in Deutschland und Europa.

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