28.04.2015

Sanfte Anschubser

Wissenschaftlich gelenkte Individuen

Was spricht dagegen, Menschen dazu zu bringen, Gutes zu tun? Sich etwa besser zu ernähren, sich mehr zu bewegen, mehr auf andere zu achten? Man wünscht sich doch, dass Leute gesund bleiben, dass sie sich besser gegenüber anderen verhalten. Nudging ist zum Modewort dafür geworden. Und es beschreibt alle Techniken und Ansätze, Leute zu einem bestimmten Verhalten zu bewegen, sie „anzuschubsen“. Das Problem dabei ist allerdings, dass es dabei nicht um Freiwilligkeit geht. „Nudging“ bedeutet, Leute zu etwas zu bringen, was sie eigentlich nicht tun wollen. Angeblich, weil sie zu träge sind oder zu dumm. „Nudging“ ist somit die nette Schwester der Reglementierung. Dahinter steht ein zynisches Bild des Menschen. Es unterstellt, dass Leute sich nicht willentlich entschieden haben, sich so zu verhalten, wie sie es tun, sondern sich nicht wirklich bewusst mit der Umwelt auseinandersetzen. Und genauso unbewusst wie das angebliche Verhalten des Menschen soll auch die Ansprache sein. Beim „Nudging“ macht man sich nicht die Mühe, mit Argumenten für seine Standpunkte zu werben. Es geht nicht darum, Überzeugungen zu verändern. Stattdessen versucht man, das Bewusstsein zu hintergehen und das Individuum zu manipulieren – in einer Weise, die einem genehm scheint. „Nudging“ kommt im freundlichen Gewand daher, ist aber in Wahrheit perfider als der diktatorische Zwang. In der Diktatur wird einem etwas unwillentlich aufoktroyiert. „Nudging“ aber ist Gehirnwäsche.


 

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