22.04.2014

Hosenstallmanagement als Recht

Das Rotlichtmilieu im Scheinwerfer der Regulierung

Nach der Einführung des Prostitutionsgesetzes, das als Liberalisierung wahrgenommen wurde, fristete der käufliche Sex zehn Jahre lang ein Schattendasein als mediales Randthema, bei dem gelegentlich düstere Geschichten von Menschenhandel skandalisiert wurden und spektakuläre Razzien Erwähnung fanden. Im vergangenen Jahr aber überschlugen sich die Ereignisse: Gesetzesentwürfe machten in den Bundesorganen die Runde und scheiterten, nach einem Manifest von Alice Schwarzer stürzten sich die Talkshows und Journalisten auf den Gegenstand, eine Antiprostitutionsstimmung verbreitete sich, Verbotsforderungen fanden Einzug den Koalitionsvertrag von Union und SPD.

Die Politik fühlt sich unter Zugzwang, vorangetrieben von alarmistischen Meldungen über Zwangsprostitution und Ausbeutung, gar von Sklaverei ist die Rede. Eine Allianz aus Christlich-Konservativen und Emma-Feministinnen ruft lautstark nach einem Totalverbot von sexuellen Dienstleistungen, Betroffene, darunter ein neugegründeter Berufsverband, wehren sich nach Kräften. Der politische Mainstream plant nun Freierbestrafung, ein neues Mindestalter für Prostituierte und vermehrte amtliche Kontrollen.

Welche Moralvorstellungen sollen dabei mit Mitteln des Straf-, des Ordnungs- und vielleicht auch bald des Gewerberechts, in staatliche Verbote gegossen werden? Wird insbesondere Frauen ein Opferstatus auferlegt, der ihre Selbstbestimmung verletzt? Wir bemerken, dass Behauptungen über Menschenhandel die Stimmung anheizen, tatsächliche Zahlen und Fakten diese aber nicht untermauern können. Die Zuwanderung von Prostituierten vor allem aus Osteuropa ruft Vorurteile hervor, die die Debatte zumindest unterschwellig beeinflussen. Insgesamt entsteht das Zerrbild eines Wirtschaftssektors, der der Realität nicht gerecht wird. Dabei ist eines klar: Das zunehmende Mikro-Management des persönlichen Lebensstils macht auch im 21. Jahrhundert vor dem Schlafzimmer und dem Hosenstall keinen Halt.


 

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