09.04.2013

Politik ohne Politik

Kurzkommentar

Das Wahljahr 2013 unter skurrilen Vorzeichen

Das Jahr 2013 bietet die besten Voraussetzungen für heftigste politische Auseinandersetzungen: Das Land steht vor einer hochriskanten Umstellung der Energieversorgung, die Europa- Politik befindet sich immer noch in der Krise und ein neuer Bundestag wird gewählt. Wer aber nach polarisierenden Wahlkampfdebatten oder nach einem Ringen um Argumente sucht, wird sich enttäuscht sehen. Weder vermag ein Kandidat Peer Steinbrück die Politik Angela Merkels zu konfrontieren, noch versucht die Kanzlerin ihren eigenen Kurs zu erklären. Das Wahlprogramm der Grünen verspricht „gute Politik“, so als würde man sich die an der Bio-Käsetheke holen. Es gibt nirgends auch nur den Ansatz, in einem Wahlprogramm eine kohärente Idee von politischer Orientierung zu geben. Ein Grund dafür ist, dass politisches Handeln an sich in der Gesellschaft diskeditiert ist. In einer Zeit, in der es unmöglich scheint, einen Flughafen oder einen Tiefbahnhof zu bauen, erscheint die Vorstellung, dass man politische Lösungen für komplexe gesellschaftliche Probleme finden kann, geradezu aberwitzig. Wenn die Politik verschwindet, bleibt nur noch das Individuum. Und auch das wird im negativen Sinne betrachtet. Es scheint, dass am Ende der das Land regieren soll, der am wenigsten persönlich beschädigt ist. Nur wer eine „weiße Weste“ hat und weder eine junge Frau an der Bar angegraben, bei einer Doktorarbeit geschummelt oder ein hohes Rednerhonorar kassiert hat, darf sich Hoffnungen machen. Früher war Politik einmal das Geschäft der Macher. Nun gewinnt der, der am wenigsten auffällt. Der Triumph der Technokratie ist die Krise der Demokratie.

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