03.04.2012
Der ratlose Kontinent
Europa hat den Gedanken an Wachstum aufgegeben und verabschiedet sich von der Demokratie – wir brauchen eine radikale Neudefinition
Die Krise des Euro mutet mittlerweile ausweglos an. Das Eurozonen-Mitglied Griechenland steht vor der Insolvenz und es gibt keine Perspektive, wie das Land eine funktionierende Wirtschaft auf die Beine stellen sollte. Unterdessen wird es auch für andere Länder der Eurozone schwerer, sich an den Märkten zu refinanzieren. Investoren meiden derzeit den Euro – und so wird Europa auf der einen Seite von der teuren Finanzierung der Schulden in die Zange genommen, auf der anderen Seite von der drohenden Wirtschaftskrise.
Die Schuldzuweisungen sind mannigfaltig. Mal sind es die Staaten, die über ihre Verhältnisse gelebt haben, mal wird die Bürokratie der Schuldnerländer angeprangert, die nicht schnell genug die Sparbeschlüsse umsetzt. Auch wird gefordert, die Macht der Ratingagenturen zu brechen, die die Reformbemü- hungen mit ihren negativen Projektionen attackieren.
Auffälligerweise ist kaum noch die Rede davon, wie innerhalb Europas wieder Wachstum generiert werden soll. Obgleich das sicherlich die wichtigste Voraussetzung dafür wäre, das Vertrauen in den Euroraum wieder herzustellen. Auch ist es kein Thema, wie man den Euro bei den Bürgern Europas wieder populär macht. Stattdessen brechen die füh- renden Europäischen Staaten demokratische Standards. Die Griechen werden genötigt, ein Referendum zurückzuziehen und in Italien kommt ohne Wahl eine Technikratenregierung ins Amt. Europa wird also noch undemokratischer und rückt noch mehr von den Bürgern weg. Es ist an der Zeit, dieses Gebilde in Frage zu stellen. Die Europäische Union ist zu einem Apparat geworden, der das Leben vieler Millionen bestimmt, ohne sich dafür legitimieren zu müssen. Die viel beschworene Einigkeit in Europa ist daher kaum wünschenswert. Europa braucht vor allem eines: Mehr Streit.