10.09.2010

Mehr Theater mit weniger Geld – das geht!

Kommentar von Frank Alva Buecheler

Wie das subventionierte deutsche Theater aus der Sparmaßnahmensackgasse finden kann. Von Frank Alva Buecheler

Die grandiose deutsche Theaterszene gerät immer dramatischer in Bedrängnis. Infolge von Finanz- und Wirtschaftskrise sind Länder und Kommunen kurz vor der Pleite und verlangen von ihren subventionierten Kulturinstituten Einsparungen. Ob das sinnvoll ist, wenn überhaupt nur 0,8 bis 2 Prozent – diese Zahlen sind im Umlauf – der Ausgaben der öffentlichen Hand für Kunst und Kultur aufgewendet werden, also selbst massive Subventionskürzungen die städtischen Kassen um höchstens 0,1 oder 0,2 oder maximal 0,4 Prozent entlasten, ist mehr als fraglich.

Die Bundesregierung hat zwar jüngst beschlossen, an der Kultur nicht zu sparen, doch die Kultur ist größtenteils Ländersache. Im Würgegriff von Tarifvereinbarungen sowie Verordnungen aller Art und Unart bedeuten stagnierende Zuschüsse für die Kulturinstitutionen mehrprozentige Reduktionen und gehen voll zulasten der künstlerischen Etats, die noch einen letzten Rest an Beweglichkeit aufweisen. So können die Theater vielerorts gerade noch die Mitarbeiter von Technik, Werkstätten und Verwaltung bezahlen, schon die Tarifverträge für Orchester oder Chor sind kaum zu erfüllen, Ballettkompanien werden kurzerhand aufgelöst, für Sänger und Schauspieler ist fast kein Geld mehr da, Inszenierungen werden statt von renommierten Regisseuren von Assistenten gemacht, Mittel für Marketing und PR werden gestrichen, auf dass sich auch für erfolgreiche Produktionen an manchen Häusern nur mehr 100 oder 150 Karten verkaufen, weil selbst die interessierten Theatergänger nicht mitkriegen, was wann läuft.

Die Intendanten brüllen denn auch laut Protest. Das Missliche daran ist, dass sie dies schon seit 10 oder 20 Jahren ständig tun. Es hat sich bereits eine Routine eingestellt, so etwas Absurdes wie Bestandschutz für Oper und Schauspiel zu fordern oder den Untergang des Abendlandes zu verkünden, weil dem Theater ein oder zwei oder drei Millionen Euro an Subvention gestrichen werden. Das ist in der Tat viel Geld für die Häuser, und nicht wenige sind in ihrer Existenz bedroht. Aber eine breite Öffentlichkeit interessiert sich schlichtweg nicht mehr für den Großalarm der Theaterleiter. Glauben die sich selber noch? Dämmert ihnen nicht tief im Herzen, dass es nicht weitergehen kann, wie sie fordern, dass es weitergehen soll? Über Jahrzehnte wurde versäumt, das subventionierte Theatersystem zu reformieren!

Und das fußt schließlich noch im feudalen Hoftheater, wurde über 200 Jahre bürgerlichen Kulturverständnisses dann immer irgendwie fortgeschrieben und kann schlichtweg nicht mehr funktionieren im globalisierten 21. Jahrhundert. Und nirgends findet sich heute in der Gesellschaft noch eine Machtfülle wie einst bei den Fürsten – außer bei Theaterintendanten, was diese unter einen überdimensionalen Erfüllungsdruck stellt und nur von den wenigsten noch produktiv gemacht werden kann. Sie scheinen meist paralysiert wie das sprichwörtliche Kaninchen, allerdings gelähmt vom Kaleidoskop moderner Anforderungen, die sie völlig überfordern. Das nimmt nicht Wunder, selbst für ein vergleichsweise simples Produkt wie etwa Waschpulver setzt der Hersteller mindestens Vorstände für Produktion, Personal, Marketing, Finanzen und Controlling ein – doch ein Intendant soll alles das alleine können! Dazu muss er eigentlich auch noch Politiker sein, sollte viel reisen, um Neues für sein Haus zu entdecken, in dem er aber angesichts der sich massierenden Krisen tunlichst dauerpräsent sein sollte. Nein, unsere höchst ausdifferenzierte Wirtschafts- und Lebenswelt braucht auch für die „cultural economy“ Spezialisten. Im Bereich von Film oder Literatur beispielsweise ist das bereits weitaus stärker der Fall als bei der darstellenden Kunst und den Theatern.

Das absolut unschlagbare Konzept, in Deutschland mit Steuergeldern die Kultur generell wie das Theater im Besonderen großzügig zu fördern, ist nicht nur ziemlich einmalig in der Welt, sondern eine fantastische Errungenschaft und an sich auch ein Zukunftsmodell! Das weiß jeder, der beispielsweise einmal in New York oder Los Angeles Theater gemacht hat. Nun steckt landauf, landab das deutsche Stadttheater in der Klemme zwischen Wollen, Sollen und Können. Noch größer wird das Desaster, weil die Fantasie, sich alles einmal anders vorzustellen, neue Ansätze zu entwickeln oder erprobte Rezepte in neuen Kombinationen anzuwenden, offensichtlich ebenso fehlt wie der Mut zum Handeln und die Lust am Verändern.

Dabei sind alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Theaterszene vorhanden: Im Gegensatz zu Film, TV und Internet ist das Theater eine lebendige Interaktion zwischen real Beteiligten – denen auf der Bühne und denen im Zuschauerraum. Theater ist echt und schreibt seinen Zuschauern zudem den Blickwinkel nicht vor. Außerdem ist das Theater langsam, es ist entschleunigtes Gebiet, und Zeit ist eine Ressource. Theater braucht von der Idee bis zur Premiere mindestens ein halbes, meist ein bis zwei Jahre, im Musiktheater oft noch länger – das ermöglicht Genauigkeit, Distanz zur Fülle der Erscheinungen und zugleich Nähe zum Kern der Dinge. Das sind das Potenzial und der Wert des Theaters, woraus es eine ästhetisch souveräne Haltung ableiten kann.

Daran hat es allerdings in jüngster Zeit gehapert: Seit Langem kommt kaum eine Aufführung ohne Videoprojektionen, Filmsequenzen, Live-Band oder Klamauk à la Trash-TV aus. Das Non-Profit-Theater hat sich anderen Medien angebiedert – statt sie für die eigenen Zwecke einzuspannen – und sich, da weitgehend unabhängig vom Einspielergebnis an der Abendkasse, in eine Selbstreferenzialität verstiegen, die schon etliche Zuschauermillionen vergrault hat.

Das subventionierte deutsche Theatersystem kennt drei deutlich unterscheidbare Sektoren:
1. Staatstheater sind die großen Tanker in Berlin und, bis auf einige Ausnahmen, in den Landeshauptstädten, häufig spezialisiert auf Oper oder Schauspiel.
2. Stadttheater in mittleren und kleineren Großstädten sind Mehrspartenhäuser mit Musik- und Sprechtheater, Ballett, häufig dazu noch Kinder- und Jugendtheater.
3. Landestheater haben ein Stammhaus, pflegen häufig mehrere Sparten zu bedienen, gastieren aber permanent mit vielen Abstechern in einer ganzen Region von Bespieltheatern, die über kein eigenes Ensemble verfügen – sie sind sozusagen eine Kreuzung zwischen kleinem Stadttheater und Tourneetheater.

Tourneetheater sind Privattheater. Die meisten Privattheater haben feste Häuser und nehmen sich aus wie kleinere oder im Falle der Musicalbühnen eben wie größere Stadttheater. Privat- und Tourneetheater spielen en suite, jeden Abend dasselbe Stück, bis es abgespielt ist – keinen Gewinn mehr macht. Staats-, Stadt- und Landestheater haben eigene Ensembles und spielen Repertoire, es wechseln also von Abend zu Abend die Aufführungen – sie haben oft 20 oder 30 oder mehr Produktionen parallel im Spielplan, was sich noch aus feudalen Zeiten herschreibt, als die Fürsten für sich, Hof und Gäste allabendliche Abwechslung wünschten. Als die Bürger die Theater übernahmen, kam ihnen dieses Prinzip gerade recht fürs Repräsentieren ihrer neu gewonnenen sozialen Stellung, und auch sie schätzten das Repertoire, sonst war nicht viel los nach Feierabend im 19. Jahrhundert. Im Wesentlichen ist es bei diesem Theatermodell bis heute geblieben.
Die Privattheater interessieren uns für unsere Betrachtung nur peripher, denn sie arbeiten mit privatem Geld und mit vollem Risiko ihrer Eigentümer. (Allerdings kann man einiges von ihnen lernen!) Unser Augenmerk gilt der subventionierten Theaterlandschaft. Und hier zunächst der größten Gruppe, der Kategorie 2 – dem Stadttheater, dem die Luft ausgeht, das zu viel hat zum Sterben und zu wenig zum Überleben, geschweige denn zum einfallsreichen Gestalten der Kunst und der eigenen Zukunft – jedenfalls in den vorhandenen Strukturen! Und die gehören nun schnellstens und gründlich modernisiert.

Denkbar wäre so zum Beispiel eine dreigliedrige Aufteilung und damit eine Konzentration der Kräfte, wie etwa beim Film: Da produzieren Studios die Filme, Verleihfirmen sorgen für ihren Vertrieb, Kinos spielen sie ab – höchste Kompetenz auf allen Ebenen. Würde man die subventionierte Stadttheaterlandschaft ähnlich spezialisieren und so in allen Bereichen professionalisieren, dann gäbe es zum einen Ensembles und Kompanien, die Aufführungen produzieren (Theaterproduktionsgesellschaften). Ihnen als Pendant stünden die Theater gegenüber – die Häuser, die Bühnen –, die Produktionen einkaufen und spielen (und nicht produzieren). Agenturen wiederum würden als Bindeglied zwischen Angebot (Produzenten) und Nachfrage (Theatern) für die Vermittlung sowie eine effiziente Distribution (Verkauf/Ankauf) sorgen.

Mit anderen Worten: Bei den Produktionsgesellschaften läge die geballte künstlerische Kompetenz. Aufführungen können hier in unterschiedlichsten Formaten, aber immer auf höchstem Niveau erstellt werden – was dringend nötig ist, denn durch DVDs, CDs, TV und Internet unterrichtet, setzen die Kunden den Maßstab hoch und immer höher an – selbst in kleinen Städten und in ländlichen Regionen gibt es keine Provinz mehr: Anna Netrebko und Corinna Harfouch werden überall erwartet. Das Live-Argument der Theatermacher, mit dem mangelnde Qualität entschuldigt wird, zieht da nur noch begrenzt!

Ein Vorteil solcher Produktionen wären ihre längeren Laufzeiten, Schauspieler könnten viel konzentrierter „in ihren Stücken“ bleiben – anders als im Stadttheater-Repertoirebetrieb, wo Hamlet, Hedda Gabler oder Heldenplatz allenfalls alle zwei, drei und manchmal fünf oder sechs Wochen dran und Vorstellungen häufig Erinnerungsleistungen sind, fern jeder Schauspielkunst. Selbst Opernproduktionen könnten über lange Zeiträume in der Originalbesetzung angeboten werden: Die Produzenten vereinbaren mit den jeweiligen Ensembles – passgenaue Besetzungen für Stücke und Absichten von Regie, musikalischer Leitung, Choreografie –, wann alle zur Verfügung stehen, und diese möglichen Vorstellungsdaten werden dann von den Agenturen verkauft. (Exzellent einstudierte Doppelbesetzungen wären ebenfalls denkbar.)

Die Produktionsgesellschaften werden sich in aller Regel spezialisieren und damit ihre Kompetenz und Qualität steigern sowie ihr Profil auf dem Markt schärfen. Die staatliche Unterstützung der Ensembles und Kompanien sollte ihnen eine gewisse Planungssicherheit für eine Produktionsperspektive von mehreren Spielzeiten geben, eventuell auch diverse verabredete Projekte umfassen. Ansonsten würden besonders aufwendigere Produktionen spezielle Projektförderungen erhalten. Es sind da viele Varianten der Subventionierung denkbar, und es besteht die Chance für individuelle Lösungen und Vorgehensweisen – was Kunst und Publikum zugute kommen wird. So bietet es sich aus logistischen und Kostengründen beispielsweise an, dass Produktionsgesellschaften primär eine bestimmte Region bedienen, in deren Zentrum sie ihren Sitz – mit Probebühnen, Management usw. – und viele Mitarbeiter ihren Lebensmittelpunkt haben. Gastieren Opernensembles weit entfernt, ist möglicherweise zu prüfen, ob mit eigenem Orchester gereist wird oder ob es günstiger ist, mit am Gastort ansässigen Klangkörpern zusammenzuarbeiten. Das werden die Manager und Agenten durchzurechnen und mit den künstlerisch Verantwortlichen abzustimmen haben. Ein Großteil der physischen Produktion (Bühnenbild, Kostüme) könnte von zentralen Theaterwerkstätten erstellt werden, wie es sie hier und da schon gibt – allerdings wohl häufig unter bürokratischen Hemmnissen leidend. Privatwirtschaftlich operierende Veranstaltungsbauer demonstrieren, wie es erfolgreich geht.

Die Theater an sich würden nach wie vor von Intendanten geleitet. Die müssten jedoch ebenso wenig mehr die unmöglichen universalen Alleskönner sein, wie auch ihre Häuser nicht länger zum absurden Spagat zwischen Proben- und Spielbetrieb verdammt wären, weil die Produktion ausgelagert wird. Die Intendanten versammeln dann Profis für Kommunikation, Marketing und Management. Diese Theatermanagements – dazu gehören auch Dramaturgen, Theaterpädagogen, Technische Leiter – prägen das Profil des Hauses, wählen aus den Programmangeboten aus (oder gehen auch mit Ensembles und Kompanien längerfristige Kooperationen ein), sorgen für eine umfassende Kommunikation mit dem Publikum – den Käufern und den potenziellen Kunden – und organisieren insgesamt das Theater auf eine Weise, dass sich der Besuch für ein vielschichtiges Publikum so angenehm und anregend wie irgend möglich gestaltet.

Die konsequente Publikumsorientierung wird als Maxime ebenso für die Non-Profit-Theater der Kategorie 1 zu gelten haben. Dabei ist es jedoch gar nicht so unwahrscheinlich, dass die Theatertanker – die Staatsopern und großen Schauspielhäuser in Berlin, München und Hamburg, in Stuttgart, Frankfurt, Köln – sich nur zum Teil am mehrgliedrigen Theatersystem beteiligen. Auch die Met in New York oder Covent Garden in London schaffen es, pure Eigenproduktionen mit Repertoiresystem zu realisieren. Allerdings braucht es hierzulande einen anderen Ansatz des Managements, um in dieser Liga mithalten zu können. In der weiten Landschaft der mittleren und kleineren Häuser wird es gar keine Alternative zur Spezialisierung geben, wie sie die 3-Säulen-Struktur erlaubt, soll sie nicht theatral versteppen!

Für alle aber gilt: Theater im 21. Jahrhundert wird immer stärker zum offenen Ort der Kommunikation, des Austauschs mit der Kunst sowie ihrer Nutzer untereinander werden. Theater werden zu Orten der Wissensvermittlung und des Wissensaustauschs – alles immer als sinnliches Erlebnis für Besucher mit unterschiedlichsten Hintergründen und Bedürfnissen. Das reicht von höchst flexiblen Anfangszeiten über Fahrdienste bis zur Kinderbetreuung (welch coole Gelegenheit, die Kids schon mit kleinen Darbietungen oder der Anleitung zu eigenem Theaterspiel auf den Geschmack zu bringen!); da gehört mediale Vernetzung im Theater zum Angebot genauso wie eine einladende Gastronomie – vom feinen Restaurant über Bar und Coffeeshop bis zur knautschigen Abhänge-Lounge. Pausengastronomie mit deprimierenden Häppchen zum Anstehen, das war nun wirklich vorgestern! Diese auf Service setzende Besucherorientierung bedeutet keineswegs, wie in deutschen Landen traditionell gern von intellektueller Seite unterstellt wird, Anbiederung beim Publikum! Im Gegenteil: Wer die Kunst aufsucht, sucht schließlich die fordernde Auseinandersetzung mit der Kunst und dem (eigenen) Leben – warum sonst sollte man Zeit und Geld, Gefühle und Gedanken darin investieren? Dem Publikum werde gegeben, was des Publikums ist – der Kunde zahlt für die Qualität des Produkts.

Vielerorts taugen die alten Theatergebäude nicht mehr für moderne Anforderungen, man wird sie stark umbauen und erweitern müssen. Der Produktion und weitgehend des Probenbetriebs entledigt, könnten viele Theater über die dafür nötigen räumlichen Reserven verfügen. Häufig wird es aber auch vorteilhafter sein, neu zu bauen. Die Attraktivität von Fabrikhallen, Straßenbahndepots oder Zelten als Spielstätten für Theateraufführungen beim Publikum zeigt, wohin hier das Denken und Planen gehen muss: Unkonventionell soll das Ambiente sein. Immer ist mit Kunst und Theater das Repräsentationsbedürfnis von Lebensstilen verbunden, ihr schneller Wechsel erfordert adäquate Veränderungen der Darstellungsmöglichkeiten.

Beim Bau, Unterhalt und Betreiben der Theater ist die öffentliche Hand für eine institutionelle Förderung unverzichtbar. Allerdings müsste sie nicht mehr einen Moloch füttern, und es versteht sich, dass die Intendanten, der Verantwortung für den gesamten künstlerischen Produktionsbereich ledig, ihr Augenmerk auf die Erschließung von anderen (neuen) Einnahmequellen für ihre Häuser richten und wirklich versierte Ansprechpartner für Sponsoren und Firmen sein können, die ihr Betätigungsfeld vom Donatorensystem bis zur Fremdvermietung begreifen und darin neben der Mittelbeschaffung vor allem raffinierte Wege sehen, Menschen für das Theater zu gewinnen und an diese moderne Kommunikationsform zu binden. Wie sich zeigt, verfügt das Non-Profit-Modell 3, das Landestheater, schon über viele zukunftsträchtige Komponenten. Man sollte es nur von der Bürde eines festen Stammhauses befreien, damit es seine Kräfte auf die künstlerisch konkurrenzfähige Produktion und den Spielbetrieb konzentrieren kann.

Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, schon alle Details eines mehrgliedrigen öffentlichen Theatersystems zu skizzieren. Die Umsetzung wird alle Beteiligten vor vielfältige Aufgaben stellen und ungeahnte Lösungen hervorbringen. Die Essenz aber heißt: Es gibt Perspektiven und realistische Ansatzpunkte, das Non-Profit-Theater sitzt nicht in der Falle, es hat eine gute Zukunft vor sich. Wenn es sich nur rigoros bewegt! Und zwar jetzt. Und es sage wirklich keiner, dies sei unmöglich: Die Nationale Reisopera in den Niederlanden oder das Fränkische Theater, Bayerischer Kulturpreisträger 2009, machen seit Jahrzehnten vor, wie es gehen kann. Sicherlich kann es auch noch ganz anders gehen, und der Charme einer neuen Struktur der deutschen Theaterlandschaft liegt gerade in der Individualisierung: Es drängen sich einfach keine flächendeckenden Modelle mehr auf. Für jedes Theater, für jedes Ensemble, für alle Agenturen, für Peripherie, Zulieferer und Dienstleister wird zukünftig von Ort zu Ort und Fall zu Fall zu entscheiden sein, mit welchen Instrumenten die besten Ergebnisse erzielt werden können. Das ist ja das Paradox der Globalisierung – zugleich erzeugt sie eine Renaissance der Kleinteiligkeit, die neuerlich die Orientierung gewährt, die zuvor gerade verloren schien.

Zu hoffen ist, dass die Verbände, Bühnenverein und Gewerkschaften, ihre lang geübte Blockadehaltung ebenso aufgeben können wie ihre zementierten Vorstellungen, was beides zusammen Gefahr läuft, eben das, was man schützen und verteidigen will, nämlich das Theater, zu verspielen. Dafür sollte das Theater uns aber viel zu schade, zu wertvoll und zu kostbar sein. Noch einmal: Theater ist eine große Ressource, ein Quell, ein erneuerbarer Schatz, den es immer wieder und immer wieder auf ganz eigene Art zu heben gilt. Das geht auch und erst recht mit weniger öffentlichem Geld – das Theater wird leben!

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