08.12.2011

Eine Beleidigung für die Menschheit

Essay von Dominic Lawson

Dank unserer Erfindungskraft könnten wir uns ohne Weiteres an einen Anstieg der globalen Temperaturen anpassen.

Was ist vom Abschlussdokument des UN-Klimagipfels in Kopenhagen zu halten? Es ist kein Abkommen, ja nicht einmal ein Vertrag. Und es ist gewiss keine bindende und überprüfbare Verpflichtung. In den offiziellen Dokumenten ist nur von übereinstimmender „Kenntnisnahme“ die Rede. Und Dinge zur Kenntnis nehmen tut man, wenn nichts wirklich vereinbart worden ist. Das Abschlussdokument wiederholt lediglich das, was viele Politiker „die Wissenschaft“ nennen – und die Behauptung, es wäre eine Tragödie für die Welt, wenn die globalen Temperaturen um mehr als zwei Grad stiegen.

Dazu ist Folgendes zu sagen. Erstens: Einen deutlichen Temperaturanstieg als Katastrophe zu betrachten, ist lediglich eine Meinung. Zweitens: Angesichts der Entwicklung der vergangenen zehn Jahre, in denen die globalen Durchschnittstemperaturen konstant blieben, während die anthropogenen CO2-Emissionen unaufhaltsam und dramatisch zugenommen haben (wie schon seit der industriellen Revolution), ist offenkundig, dass die eigentliche Erkenntnis der Klimaforschung die ist, dass wir nicht genug über unsere Klimasysteme wissen, um verlässliche Voraussagen treffen zu können.

Das ist keine Kritik an den Wissenschaftlern, denn die Sache ist nun einmal unglaublich komplex. Es gibt derart viele Variablen, die sie noch nicht wirklich verstehen – und die ehrlichsten geben das auch zu. Daher kann auch niemand wissen, welche Maßnahmen den Anstieg der Temperaturen anhalten könnten, denn man weiß nicht, in welchem Umfang die menschlichen CO2-Emissionen sie tatsächlich in eine bestimmte Richtung treiben. Das ganze Konzept des Klimawandels steht intellektuell auf äußerst schwachen Füßen.

Dass in Kopenhagen keine wirklichen Maßnahmen vereinbart wurden, ist zum Teil Folge dieser Unsicherheit. Die Skepsis gegenüber der vermeintlichen Allwissenheit des sogenannten wissenschaftlichen Konsenses, der ja den ganzen politischen Planungen zugrunde liegt, hat in jüngster Zeit zugenommen. Es ist wie eine Pyramide, die auf dem Kopf steht. Da gibt es diese relativ kleine Gruppe von maximal 30 bis 40 Experten für Klimamodelle. Und auf die stützt sich dieses gewaltige Gebäude der Politik, der CO2-Märkte und der Klimaschutzmaßnahmen und einer sich anbahnenden umfassenden staatlichen Kontrolle vieler Lebensbereiche. Diese Pyramide ist extrem labil, da sie auf diesem einen sehr kleinen Punkt ruht. Wenn der zu bröckeln beginnt, bricht der ganze politische Überbau zusammen. Ich denke, dass das recht bald geschehen wird.

Das Gerede vom wissenschaftlichen Konsens war ohnehin immer irgendwie seltsam. Es gibt nicht nur eine Minderheit hoch qualifizierter Wissenschaftler, die anderer Auffassung sind, sondern es geht schließlich um Theorie und nicht bloße mathematische Formeln, deren Schlüssigkeit man a priori auf dem Papier beweisen könnte. Die Theorie betrifft die Treibhausgase, zu denen CO2 zählt, und die Auswirkungen einer rein anthropogenen Zunahme dieser Gase auf die Temperaturen.

Die Idee, dass Treibhausgase einen Temperaturanstieg auslösen können, gibt es schon seit dem 19. Jahrhundert. Das Problem ist, dass keiner wirklich weiß, welche Wirkung in dem immens komplizierten Experiment namens Erde ein bestimmtes Niveau anthropogener CO2-Emissionen auf das hat, was wir globale Temperaturen nennen. Und je näher wir die Sache betrachten, desto unklarer wird sie. Der Klimakonsens hat zwar durchaus eine theoretische Grundlage, aber in der Praxis geht es darum, die Bedeutung des anthropogenen Beitrags zu den Treibhausgasen und seine Auswirkungen auf die Erde, die mit unzähligen anderen unkontrollierbaren Variablen zusammentreffen, zu quantifizieren. Daher erscheint der ganze Versuch, das Klima anhand eines bestimmten Anteils eines einzigen Spurengases zu kontrollieren – nämlich durch Reduktion unserer eigenen CO2-Emissionen – bestenfalls reichlich vermessen.
Das heißt jedoch nicht, dass jene, die Gegenmaßnahmen fordern, die Möglichkeiten menschlichen Eingreifens überschätzen. Im Gegenteil. Man kann auf zwei Arten mit einer Änderung der globalen Temperatur umgehen. Entweder sagt man: „Wir befürchten, dass die Temperaturen steigen werden. Also müssen wir etwas tun, um das zu verhindern.“ Oder man sagt: „Wir befürchten, dass die Temperaturen steigen werden. Daher müssen wir Möglichkeiten suchen, damit zurechtzukommen.“ Der zweite Ansatz ist sehr viel erfolgversprechender – nicht zuletzt, weil er dem entspricht, was wir über Menschen wissen.

Die Menschen sind eine ungeheuer anpassungsfähige Spezies. Das ist, wenn man so will, auch der Grund für unseren evolutionären Triumph. Darwin wird oft missverstanden. Ich glaube nicht, dass er selbst je vom „Überleben des Stärksten“ sprach. Was er sagte, war, dass die Anpassungsfähigsten überleben und gedeihen. Und der Mensch ist die anpassungsfähigste aller Gattungen. Nehmen wir nur ein ganz einfaches Beispiel: Es gibt Menschen, die in arktischen Regionen leben, die für alle lebenden Säugetiere mit Ausnahme von Eisbären äußerst unwirtlich sind. Trotzdem haben dort Gesellschaften wie die Inuit gut leben können. Und es gibt Regionen wie Singapur, in denen die jährliche Durchschnittstemperatur bei 28 Grad Celsius liegt. Die Menschen sind die einzige Gattung, die in allen Klimazonen, Temperaturen und Zeiten überlebt und gedeiht. Der Grund dafür ist unsere auf Erfindungskraft beruhende Anpassungsfähigkeit.

Die Idee, die Menschheit könne sich an die zurzeit diskutierten Veränderungen nicht anpassen – insbesondere durch technische Innovation –, ist eine Beleidigung für die Menschheit. Die Leute, die archaische Lösungen wie Windmühlen propagieren, sind die gleichen pessimistischen Misanthropen, die auch meinen, Thomas Malthus sei ein großer Prophet gewesen. Sie glauben wirklich, die Menschheit sei eine Pest auf der Erde. Dabei sind wir ihre Krönung.

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