02.04.2009

Politische Angst vor dem Bt-Mais

Von Thomas Deichmann

Die politische Auseinandersetzung um den gentechnisch veränderten (GV) Bt-Mais Mon810 des US-Agrarkonzerns Monsanto spitzt sich wieder einmal zu. Es handelt sich um die derzeit einzige innerhalb der EU für den Anbau und die Weiterverarbeitung zugelassene GV-Sorte.

Ein Gentransfer sorgt dafür, dass sich die Pflanzen gegen den Fraßschädling Maiszünsler selbst schützen können. Das bringt höhere Effizienz und Erträge in der Landwirtschaft, geringere Umweltbelastung und Verbrauchervorteile, da die potenzielle Belastung angeknabberter Maispflanzen mit Pilzgiften reduziert wird. Während in anderen Wirtschaftsregionen der Welt Landwirten im Agrarhandel breite Sortimente mit Saatgut aus der biotechnologischen Pflanzenzucht zur Verfügung stehen, blockiert man in Europa und speziell in Deutschland deren Markteinführung, um in Wahlkämpfen von der selbst generierten Fortschrittsangst der Bürger profitieren zu können.

Da wir in einem Rechtsstaat leben und die Freiheit der Forschung und der Marktakteure nicht willkürlich beschränkt werden darf, sind Politiker, die die Grüne Gentechnik verbieten wollen, immer wieder neu gezwungen, auch sachlich anmutende Argumente für ihr Handeln zu konstruieren. Andernfalls kann man sie juristisch zur Rechenschaft ziehen, wenn nationales und europäisches Recht gebrochen wird. Im April 2007 versuchte zuletzt Bundesminister Horst Seehofer (CSU) die Aussaat des Bt-Maises mit einem solchen Klimmzug zu verhindern. In einer Weisung an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) verlangte er, den Anbau nur zuzulassen, wo „ohne Anwendung der Gentechnik ein wirtschaftlicher Schaden durch den Befall mit Maiszünsler zu erwarten” sei (1). Doch die Behörde verweigerte die Umsetzung, das Papier wurde ausgetauscht, und der Bt-Mais kam zur Aussaat. Seehofer lieferte dennoch die Vorlage, an der sich nun seine Nachfolgerin Ilse Aigner (CSU) abmüht. Er hatte angekündigt, die Pflichten beim „Monitoring“, also bei der Beobachtung möglicher Auswirkungen des Bt-Maisanbaus in der Umwelt, ausweiten zu wollen.

Hierum dreht sich die Aufregung kurz vor der Anbausaison 2009. Monsanto hat kürzlich den verlangten Monitoring-Bericht für das Anbaujahr 2008 eingereicht (2). In Aigners Ministerium und ihren untergeordneten Behörden wie dem Bundesamt für Naturschutz ist man seither bemüht, darin Anhaltspunkte zu finden, die für ein diesjähriges Aussaatverbot ausreichen können. Das fällt schwer, denn unzählige Male ist die Sicherheit des MON810 im In- und Ausland von unabhängigen wissenschaftlichen Institutionen bestätigt worden.

Erst vor wenigen Tagen ist die Liste dieser Studien um eine weitere Quelle ergänzt worden. Am international renommierten Lehrstuhl für Physiologie im Wissenschaftszentrum Weihenstephan der TU München war ein Forscherteam unter der Leitung von Prof. Heinrich H.D. Meyer der Frage nachgegangen, ob gentechnisch veränderter Mais bedenkenlos an Tiere, die uns Lebensmittel liefern, verfüttert werden kann. Im Rahmen der Langfrist-Studie, bei der Kühe den Mais MON810 verfüttert bekamen, zeigten sich keinerlei Gefährdungspotenziale (3). Seit Jahren suggeriert bspw. Greenpeace mit der immer wieder aufgewärmten „Genmilch-Kampagne“ das genaue Gegenteil.

So wie Seehofer und Aigner blenden auch grüne NGOs wissenschaftlichen Sachverstand aus, wenn es um populistischen Stimmenfang geht. Eine entsprechende „Studie“ gegen die modernen Pflanzenwissenschaften legte kürzlich der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) mit ihrem Vorsitzenden Dr. Felix Prinz zu Löwenstein vor (4). Im „Gentechnik-Schadensbericht“ des BÖLW wird erläutert, dass die Nutzung der Agro-Gentechnik, statt gesamtwirtschaftlichen Nutzen, angeblich extrem hohe Zusatzkosten in der gesamten Lebensmittelkette bringt. Mitautor ist der Ex-Greenpeace-Aktivist Christoph Then. In die gleiche Richtung die jüngste „Kurzstudie“ im Auftrag von Campact und BÖLW, ebenfalls von Then mit verfasst. Um was es geht, ist unschwer zu erkennen: Neben der Rückenstärkung Aigners soll die Öko-Landwirtschaft beworben werden. Sie ist unwirtschaftlich, aufgrund des hohen Flächenverbraus das Gegenteil von umweltschonend, und sie liefert auch keine besseren Produkte als die konventionelle Lebensmittelerzeugung. Das ist bekannt. Aber mit den genannten Studien soll die Wirklichkeit auf den Kopf gestellt werden.

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