29.07.2024

Zweifelhafte Modelle und unsinnige Treibhausgasziele

Von Alfred Greiner

Unter der Prämisse, den Wohlstand der Gesellschaft zu erhöhen, ist die derzeitige Klimapolitik verfehlt.

Klimapolitik ist ein Teilgebiet der Wirtschaftspolitik. In liberalen Demokratien basiert Wirtschaftspolitik auf einer utilitaristisch-individualistischen Staatsauffassung. Sie geht zurück auf die Arbeiten des englischen Philosophen Jeremy Bentham im 18. Jahrhundert. Zusammenfassen lässt sich diese Auffassung so: Eine wirtschaftspolitische Maßnahme ist dann vorteilhaft, wenn sie die Wohlfahrt der Gesellschaft, die aus freien Individuen besteht, erhöht.

Dies ist ein sehr abstraktes Konzept, das konkretisiert werden muss, um in Politikmaßnahmen umgesetzt zu werden. In Deutschland beispielsweise geschieht dies in dem Paragraf 1 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft. Bei Einzelprojekten ist die Vorteilhaftigkeit dann gegeben, wenn der Nutzen die Kosten übersteigt.

Eine Politik hingegen, die darauf abzielt, nicht wohlfahrtsorientierte Ziele zu erreichen und mit drastischen Einschnitten einhergeht, ist mit dieser Auffassung nicht kompatibel. Denn hier besteht die Gefahr, dass die Individuen dieser Gesellschaft so lange Opfer zu bringen haben, bis das Ziel erreicht ist. Gegebenenfalls kann das für Individuen den wirtschaftlichen Ruin mit sich bringen. Ein aktuelles und alltagsrelevantes Beispiel ist hier das umstrittene Gebäudeenergiegesetz. Als weiteres Beispiel kann das Ziel genannt werden, die Treibhausgasemissionen so weit zu reduzieren, bis die Treibhausgaskonzentration konstant bleibt, das sogenannte Netto-Null-Klimaziel.

Unsichere Klimamodelle

Die Zunahme der Treibhausgaskonzentration in der Erdatmosphäre trägt dazu bei, die durchschnittliche Erdtemperatur zu erhöhen, wobei der Anstieg bei den wichtigsten Treibhausgasen, Kohlendioxid, Methan und Lachgas, umso geringer ausfällt, je höher deren Konzentration in der Atmosphäre bereits ist. Der Zusammenhang ist also gerade nicht linear, entgegen der Behauptung des Sachverständigenrats für Umweltfragen in einem Sondergutachten aus dem Jahr 2019.

Globale Klimamodelle, die das Klimasystem der Erde abbilden sollen, basieren zum Teil auf physikalischen Gesetzmäßigkeiten, teilweise auf heuristischen Verfahren, bei denen die Zusammenhänge durch mathematische Gleichungen beschrieben werden.

Sind die Werte der Parameter in den Gleichungen nicht bekannt, so werden diese zum Teil mit statistischen Verfahren geschätzt, derart dass die Modelle möglichst gut mit den Beobachtungen der realen Welt übereinstimmen, etwa mit den gemessenen Temperaturen. Diese Einstellung der Modelle, auf Englisch „Tuning“, birgt aber die Gefahr, dass dadurch strukturelle Fehler verdeckt werden, die daraus resultieren, dass man die tatsächliche physikalische Gesetzmäßigkeit eben nicht kennt, die die beobachteten Daten hervorbringt. Aus diesem Grund sind globale Klimamodelle durchaus mit Vorsicht zu betrachten.

„Klimamodelle suggerieren ein Maß an Wissen und Präzision, das sie aufgrund der den Modellen innewohnenden Unsicherheit nicht liefern können."

So zeigen beispielsweise australische Wissenschaftler, dass diese Modelle weder dem Massen- noch dem Energieerhaltungssatz genügen, das heißt, sie verletzen den ersten Hauptsatz der Thermodynamik, ein fundamentales Prinzip der Physik. Der Wissenschaftsjournalist Paul Voosen verweist auf einen UN-Report, nach dem diese Modelle oft eine stärkere Erwärmung der Erde prognostizieren als es tatsächlich der Fall ist. Andere Wissenschaftler legen dar, dass die Modelle nicht in der Lage sind, das Strömungssystem des Atlantiks, zu dem auch der Golfstrom gehört, korrekt abzubilden. Sie stellen sich die Frage, ob man den Vorhersagen von Modellen trauen kann, die die Entwicklung der Vergangenheit nicht korrekt wiedergeben können.

Dies sind nur drei Arbeiten, die verdeutlichen, dass Klimamodelle mit großer Unsicherheit einhergehen, die Liste ließe sich aber noch verlängern. Doch bereits diese Beispiele zeigen, dass die Aussage, dass es eine bestimmte Konzentration von Treibhausgasen gibt, die nicht überschritten werden darf, um die globale Erwärmung auf 2° C zu begrenzen, mit Skepsis betrachtet werden sollte.

Wahrscheinlichkeitsbasierte Aussagen wie die, dass eine Verdoppelung der Treibhausgase mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zu einem gewissen Temperaturanstieg führt, verbessern die Situation nicht, da diese Aussagen auf der Gültigkeit des zugrundeliegenden Klimamodells beruht, das selbst mit Unsicherheit behaftet ist. Klimamodelle suggerieren ein Maß an Wissen und Präzision, das sie aufgrund der den Modellen innewohnenden Unsicherheit nicht liefern können.

Was heißt das für die Klimapolitik?

Ungeachtet der erwähnten Unsicherheit, muss konstatiert werden, dass der gemessene Anstieg der Durchschnittstemperatur in der unteren Troposphäre seit 1979 real ist und sich auf etwa 0,15 °C pro Jahrzehnt beläuft. Inwiefern dieser Anstieg problematisch sein wird, kann nicht zweifelsfrei vorhergesagt werden. Es kann auf alle Fälle nicht ausgeschlossen werden, dass die globale Erwärmung zu Schäden durch vermehrtes Auftreten extremer Wetterereignisse führt. Dies gilt, obwohl festgestellt werden muss, dass der letzte Bericht des zwischenstaatlichen Ausschusses zum Klimawandel (IPCC) keine oder nur geringe Evidenz für mehr extreme Wetterlagen findet. Nur Hitzewellen treten vermehrt auf.

Die Anpassung an ein verändertes Klima kann Ressourcen erfordern, die nicht für Investitionen verwendet werden können, und folglich das Wachstum des Produktionspotentials beeinträchtigen. Denn: Anpassungsmaßnahmen, wie der Bau höherer Dämme, sind zwar Investitionen, führen aber nicht dazu, dass mehr Güter produziert werden können oder die Volkswirtschaft produktiver wird. Müsste man die Dämme nicht erhöhen, könnten die Ressourcen anderweitig verwendet werden, etwa für den Ausbau des öffentlichen Produktivkapitals. Man könnte zum Beispiel das Straßen- und Schienennetz ausbauen, sodass Güter effizienter transportiert werden können, weil Umwege entfallen.

„Es ist sehr zweifelhaft, ob die politischen Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in Deutschland und Europa, deren Kosten sich auf Billionen von Euro belaufen, Wohlfahrtsgewinne bringen."

Daher kann es unter dem Gesichtspunkt der Vorsorge vernünftig sein, die Treibhausgasemissionen deutlich zu reduzieren. Eine solche Politik wird sich jedoch nur dann auf das Klima der Erde auswirken, wenn die Welt kooperiert und alle großen Wirtschaftsregionen dieses Ziel anstreben. Es gibt jedoch ernstzunehmende Signale, dass dies nicht der Fall ist und insbesondere die Entwicklungs- und Schwellenländer dem Wirtschaftswachstum mehr Bedeutung beimessen als Umweltbelangen.

So erklärte die Afrikanische Energiekammer (AEC), dass die afrikanischen Öl- und Gaserzeuger strikt gegen einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen sind. Die indische Regierung kündigte an, dass sie beabsichtigt, den Einsatz von Kohle für die Energieerzeugung von derzeit 0,821 Milliarden Tonnen pro Jahr bis 2025 auf 1,404 Milliarden Tonnen und bis 2030 auf 1,577 Milliarden Tonnen zu erhöhen. China machte deutlich, dass das Land allein bestimmt, wie schnell es die Herausforderung der globalen Erwärmung angeht, und dass seine Politik nicht von anderen Ländern beeinflusst werden wird. Russland kündigte an, dass es sich grundsätzlich gegen jegliche Pläne zur Einstellung der Nutzung fossiler Brennstoffe ausspricht.

Es ist daher zu erwarten, dass die Treibhausgaskonzentration unabhängig von den Maßnahmen der EU-Länder weiter ansteigen wird, da die Treibhausgasemissionen der EU nur etwa acht Prozent der weltweiten Emissionen ausmachen und die Deutschlands weniger als zwei Prozent. Folglich ist es sehr zweifelhaft, ob die politischen Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in Deutschland und Europa, deren Kosten sich auf Billionen von Euro belaufen, Wohlfahrtsgewinne bringen. Dies gilt, da ein Großteil der aufgewendeten Mittel weder die Produktivität steigern noch den Produktivkapitalstock und folglich auch nicht die zukünftigen Produktionsmöglichkeiten erhöhen.

Düsterer Ausblick

Daher ist nicht nur die heutige Generation schlechter gestellt. Auch künftige Generationen können nicht von höheren Produktionsmöglichkeiten profitieren. Gleichzeitig hat all das keinen spürbaren Effekt auf das Klima der Erde. Zukünftige Generationen in Deutschland und Europa werden vor große Herausforderungen gestellt, da sie eine ganze Reihe von Problemen zu bewältigen haben werden, wie zum Beispiel den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, die hohe Staatsverschuldung, die Zunahme des Anteils älterer Menschen und eventuell notwendige Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, um nur einige zu nennen. Nur wenn sie über ausreichende wirtschaftliche und technische Mittel verfügen, können sie diese Herausforderungen meistern.

Die Bewältigung dieser Herausforderungen würde aber schon jetzt enorme Investitionen in produktivitätssteigernden technischen Fortschritt, wie etwa in die Digitalisierung und Automation, und in einen wachsenden Kapitalstock erfordern. Wenn ein großer Teil der Ressourcen für Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen ausgegeben wird, wie etwa die geplante Trasse zum Transport von Strom von Norddeutschland in den Süden, die sich auf knapp 300 Mrd. Euro beläuft, fehlen sie an anderer Stelle.

Deutschland stagniert seit Jahren. Wenn das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nicht wächst, kommt es zu verstärkten Verteilungskonflikten und die Staatsverschuldung stellt ein zunehmendes Problem dar. Denn: bei einer wachsenden Staatsschuld muss auch der Primärüberschuss steigen, also die Einnahmen abzüglich der Ausgaben ohne Zinszahlungen. Da letzterer aber aus dem BIP finanziert wird, ist dies nur bei wachsendem BIP möglich. Stagniert das BIP, steigt die Schuldenquote, was mittel- bis langfristig nicht tragfähig ist. Der Staat kann in so einem Fall einen Staatsbankrott durch Drucken von Geld vermeiden, was aber wiederum die Inflation ansteigen lässt.

Hieraus wird ersichtlich, dass sogenannte De-Growth Strategien, also Überlegungen, wonach eine Volkswirtschaft durchaus auch ohne Wachstum zurechtkommen kann, bestenfalls als naiv zu bezeichnen sind. Vor diesem Hintergrund ist die Stagnation Deutschlands, insbesondere der Investitionstätigkeit, als höchst alarmierend anzusehen. Diese ist primär eine Folge einer Ideologie geleiteten Politik, die sich auf Treibhausgasziele fixiert, die zudem noch auf unsicheren Klimamodellen beruhen. Sollte es dieses Land nicht schaffen, wieder zu einer rationalen Wirtschaftspolitik zurückzufinden, deren Ziel darin besteht, die Wohlfahrt der jetzigen und zukünftigen Generationen zu mehren, wird dieses Land enorme wirtschaftliche Probleme mit sich daraus ergebenden gesellschaftlichen Verwerfungen bekommen.

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