16.08.2013

Gorleben: Das Endlagersuchgesetz – ein deutsches Drama

Von Helmut Fuchs

Expertengremien haben Gorleben bereits als geeigneten Standort für ein Endlager bestätigt. Aus ideologischen Gründen wird eine Entscheidung jedoch verschleppt. Und die Ermittlung alternativer Standorte wäre erheblich teurer, meint der Fachmann für Uranlagerstätten Helmut Fuchs.

Es ist ein Drama: Die Diskussion darüber, ob Gorleben ein geeigneter Standort für die Endlagerung hoch radioaktiver, Wärme entwickelnder Abfälle ist, wird leider nicht nur auf den Erkenntnissen von anerkannten fachlichen Institutionen geführt, sondern sie wird von politischen Zielsetzungen dominiert, die die Faktenlage zunehmend, ja sogar teilweise völlig außer Acht lässt. Die folgende Darstellung soll die kontroverse, ja eher sogar verwirrende Situation transparent machen und eine Hilfestellung für eine eigene Meinungsbildung geben.

Das Für und Wider bezüglich des Standorts Gorleben

Bestätigt wurde Gorleben als geeigneter Standort durch folgende Ausschüsse:


Internationale Expertengruppe Gorleben (IEG, 2001): Diese ist die bisher einzige international besetzte „Peer-Review Group“, die die Gorleben-Situation beurteilt hat. Es handelt sich um ausgewiesene Fachleute, die in ihren Ländern in verantwortlichen Positionen Endlager planen bzw. in Betrieb gebracht haben. [1]

Diese Expertengruppe nimmt auf 126 Seiten Stellung zu der Tatsache, dass trotz der bis 2000 vorliegenden fachlich positiven – jedoch noch nicht abschließenden –  Ergebnisse, die Untersuchungsarbeiten in Gorleben aus politischen Gründen (Moratorium) unterbrochen wurden. Ihre im Einzelnen begründete Aussage kommt zu dem Schluss, dass ein Moratorium aus wissenschaftlich-technischer Sicht unbegründet ist. [2]

Der Bericht wird vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) wohl bewusst nicht erwähnt, da es sich nach Ansicht des Amtes um keinen offiziellen Bericht handelt. Wo bleibt die von der Öffentlichkeit immer geforderte und von den Verfahrensbetreibern BMU/BfS beschworene neue Kultur der Transparenz?

Nach der Verkündung des Moratoriums (2000) durch die Rot-Grüne Regierung wurden keine weiteren Untersuchungsarbeiten am Standort Gorleben durchgeführt.

Vom BfS wurde dagegen ein „Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte: AKEnd“ gegründet, dessen Ergebnisse mit der nationalen und internationalen Fachwelt und mit der interessierten Öffentlichkeit erörtert werden soll.

Der von diesem Arbeitskreis Ende 2002 vorgelegte Bericht besteht aus einem längeren fachlichen und der verbleibende aus einem gesellschaftspolitischen Teil (u.a. wie man die Öffentlichkeit einbeziehen muss). [3] Bei dem fachlichen Teil handelt es sich um sehr ausführliche und für die Öffentlichkeit informative Beschreibungen der notwendigen Geologie-bedingten Auswahlkriterien für die verschiedensten Gesteinsarten, die für eine Endlagerung radioaktiver Abfälle in Frage kommen könnten. Der Bericht zeigt aber auch die große Komplexität eines solchen Vorgehens und macht somit sehr deutlich, dass ein Abschluss der Erkundungsarbeiten in Gorleben und ein dann zu erwartender positiver Sicherheitsnachweis im Vergleich zu einem viel teureren Neuanfang bedeutend schneller und um Milliarden Euro billiger wäre.


Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR, 2005): Im Jahr 2005 wurde die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) aufgefordert, den AKEnd-Bericht in einem Synthese-Bericht: „Konzeptionelle und sicherheitstechnische Fragen der Endlagerung radioaktiver Abfälle, Wirtsgesteine im Vergleich“ aus geowissenschaftlicher Sicht zu bewerten. [4]

Zusammenfassendes Ergebnis: „Die in den Einzelgutachten aufgezeigten Ergebnisse sprechen nicht gegen die positive Bewertung der geologischen Befunde am Standort Gorleben und damit auch nicht gegen eine Weiterführung der Erkundung. Nach Klärung der konzeptionellen und sicherheitsrelevanten Fragen sollte nun eine vollständige standortspezifische Sicherheitsanalyse für Gorleben erarbeitet werden.“


Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS, 2005): Die vom BfS veröffentlichten Gutachten [5] bestätigen die Eignung von Steinsalz als Endlager-Wirtsgestein. Die von der rot-grünen Bundesregierung in diesem Zusammenhang erhobenen Zweifelsfragen von 2001 zum Salzstock Gorleben sind damit abgearbeitet. Dem entsprechend ist der Salzstock Gorleben aus methodisch-konzeptioneller und sicherheitstechnischer Perspektive als mögliches Endlager für radioaktive Abfälle geeignet.

Die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK, 2006): Der Synthese-Bericht der Strahlenschutzkommission zum AKEnd-Bericht kommt zu dem Ergebnis: „Aus Sicht der RSK kann bestätigt werden, dass eine Weiterführung eines generischen Vergleichs von Wirtsgesteinen keine für eine Standortentscheidung nutzbaren Ergebnisse erbringt ...  Eine belastbare sicherheitsbezogene Bewertung eines Standorts ist nur nach einer abgeschlossenen Standorterkundung auf der Grundlage einer standort- und konzeptspezifischen Sicherheitsanalyse möglich. Zu der Erforderlichkeit eines Standort-Auswahlverfahrens nimmt die RSK keine Stellung.“


Die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS, 2012) [6]: In einer gemeinsamen Erklärung von Bundesminister Röttgen und dem Präsidenten des BfS König wurde im November 2010 erklärt: „Das Moratorium würde zum 1. Oktober 2010 wieder aufgehoben. Mit der Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten solle endlich Klarheit geschaffen werden … eine ergebnisoffene Erkundung muss die Eignung oder Nichteignung des Salzstocks Gorleben umfassend begründen. Sollte sich der Salzstock als ungeeignet erweisen, müssen wir neue Wege finden ...“. Bei der GRS wurde deshalb eine umfassende „Vorläufige Sicherheitsanalyse für Gorleben (SVG)“ in Auftrag gegeben, die alle bisherigen Untersuchungen analysieren und zusammenfassen soll.

Der Gesamtbericht wurde vom Bundesumweltministerium gestoppt, offenbar weil man die Wahrheit scheut – die potentiell uneingeschränkte Eignungshöffigkeit von Gorleben.“

Die meisten von vierzehn Einzelberichten liegen seit Sommer 2012 vor. Sie sind insgesamt positiv und sollten in einem Gesamtbericht zusammengefasst werden. Dieser wurde seitens des Bundesumweltministeriums (BMU) gestoppt, offenbar weil die Wahrheit – die potentiell uneingeschränkte Eignungshöffigkeit von Gorleben – gescheut wird, also heute politisch offenbar nicht mehr opportun erscheint.

Ob überhaupt und wann die Ergebnisse in einem zusammenfassenden Bericht veröffentlicht werden, ist trotz der gebetsmühlenartig immer wieder versprochenen vollsten Transparenz jedoch offen.


Außerdem gibt es folgende ausdrücklich positive Verlautbarungen:

  • in der Moratoriumsvereinbarung (2001) zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen
  • zwischen der Bundesregierung und dem BfS (2010)
  • des Bundesrates
  • des Rechnungshofs und
  • von zahlreichen anerkannten Sachverständigen


Bezweifelt wird Gorleben als geeigneter Standort durch folgende Organisationen:

  • seit Jahrzehnten in fast allen Berichten von Non-Governmental-Organizations (NGOs) wie Greenpeace, BUND, Gruppe Ökologie etc.
  • Gruppe Ökologie (1998) im Jahresbericht 1998 der Heinrich-Böll-Stiftung
  • in der Koalitionsvereinbarung zwischen der SPD und B’90/Die Grünen von 1998
  • in einer „Bewertung des Endlager-Standortes Gorleben …“ (Kleemann, 2011)


Die hauptsächlichen Kritikpunkte der Gegner sind das Auswahlverfahren des Standortes Gorleben und die Zweifel an der Barrierefunktion des Deckgebirges („Gorleben Rinne“, neue Eiszeit). Das Auswahlverfahren spielt heutzutage keine Rolle mehr, da für Gorleben die Eignungshöffigkeit bestätigt ist. Bezüglich der Barrierefunktion des Deckgebirges wird sich in der abschließenden Sicherheitsanalyse zeigen, ob der Nachweis der langzeitsicheren Eignung trotz der vorgetragenen Bedenken gegeben ist.

Abgesehen von dem inzwischen positiv beantworten Katalog der Zweifelsfragen des BfS aus dem Jahr 2000, dem Kleemann Bericht von 2011 und den zahlreichen Kommentaren und Berichten der NGOs gibt es bis heute weder vom BMU/BfS noch von sonstigen nationalen oder internationalen ausgewiesenen Fachleuten Veröffentlichungen, in denen die Daten exakt benannt werden, die der Eignungshöffigkeit Gorlebens widersprechen sollen.
Ob Gorleben als endgültiger Standort geeignet ist, ist noch nicht vollständig untersucht, aber bis heute spricht kein fachlich begründetes Argument dagegen und die abschließenden Untersuchungen sind zweifelsfrei durchführbar.

Tongestein als Beispiel für eine geologische Alternative

Bei dem Vorschlag, auch Tongestein als geologisches Medium für ein Endlager für hochradioaktive, wärme entwickelnde Abfälle zu nutzen, muss man sich vor Beginn der Suche mit den für diese Gesteinsart spezifischen geologischen, bergbautechnischen, kerntechnischen, langzeitrelevanten sowie gesellschaftspolitischen aber auch den zahlreichen eingrenzende Kriterien vertraut machen. [7]

Bei Tongesteinen sollte für das Gebirge eine Maximaltemperatur von 50 Grad nicht überschritten werden, da sie eine deutlich schlechtere Wärmeleitfähigkeiten als Salz aufweisen; die Tonformation muss zwischen 300 und maximal 1000 Metern von der Oberfläche gemessen liegen; die Mächtigkeit (Dicke) der Formation muss mindestens 100 Meter betragen. Wegen der Barriere nach unten und dem Raum für das Endlagerbergwerk stehen dann nur noch die restlichen 70 Meter oder auch etwas mehr für die geologische, die wichtigste Barriere zur Verfügung, die für eine Million Jahre die hochradioaktiven, wärme entwickelnden Abfälle von der Biosphäre abhalten muss (bei Gorleben 600 Meter Salzbarriere)  - und das in einer geologisch ungestörten, unzerklüfteten und mineralogisch homogenen Zone über eine Fläche von mindestens 10 Quadratkilometern! (Gorleben: 97 Bohrungen im Bereich über dem Salzdom ohne diesen zu beschädigen und nur 5 Tiefbohrungen in den Salzstock selbst zum Schutz der Salzbarriere von 600 Metern, zwei davon für die Planung der Schächte).

Werden die gesellschaftlich bedingten Forderungen (AKEnd-Bericht) erfüllt, wird es schwierig und sehr teuer werden, einen ausreichend großen Bereich im Opalinuston einzugrenzen.“

Ein Beispiel wäre der mitteljurasische Opalinuston in Süddeutschland, der in seiner Erstreckung bekannt ist. In einem Streifen von ca. 40 Kilometern zieht er von Bamberg über Ulm nach Konstanz. Unter Berücksichtigung der genannten eingrenzenden Kriterien sowie der ortsspezifischen geologisch bedingten Ausschlusskriterien ergeben sich weitere Einschränkungen: Zum Teil liegt der Opalinuston in einer seismisch sehr aktiven Region des Hohenzollern-Grabens oder in einem Gebiet mit bedeutenden Karstgrundwasserleitern. Unter diesen Voraussetzungen verkleinert sich der möglicherweise für die Endlagerung geeignete Bereich des Opalinustons, der hauptsächlich im Alb-Donau Landkreis liegt, auf weniger als ein Viertel des Gesamtgebietes. Weitere mögliche Einschränkungen wären: konkurrierende Nutzung des Gebietes durch Erdöl-/Erdgasförderung, Speicherung von Gas, geothermische Nutzung, Grundwasserschutz, Naturschutz, Existenz von Städten und Gemeinden.

Um diesen Nachweis zu erbringen ist ein aufwändiges Geophysik- und Bohrprogramm mit zahlreichen Tiefbohrungen durchzuführen. Sollte dies gelingen, ist dieser Bereich weiter mit einer größeren Anzahl von Tiefbohrungen auf seine tatsächliche Eignung zu prüfen. Dabei muss die mindestens geforderte 70 Meter mächtige Tonsteinlage, die die einzige geologische Barriere darstellt, stark durchlöchert werden. Bei Gorleben war die „Durchlöcherung“ der Barriere nicht notwendig, da der Salzstock ein „Gesteinsblock“ und keine „Gesteinslage“ wie der Opalinuston ist.

Hinzu kommt: Weltweit gibt es kein großes, kommerziell genutztes untertägiges Tonsteinbergwerk. Deshalb gibt es auch weltweit kaum Erfahrung bezüglich der bergbauspezifischen und gebirgsmechanischen Eigenschaften des Wirtsgesteins Ton (Gorleben: jahrzehntelange Erfahrung im Steinsalzbergbau). Nicht nur deshalb muss ein Untersuchungsbergwerk aufgefahren werden.

Werden die gesellschaftlich bedingten Forderungen wie beschrieben (AKEnd-Bericht) erfüllt, wird es schwierig und sehr teuer werden, einen ausreichend großen homogenen und ungestörten Bereich (10 Quadratkilometer) im Opalinuston einzugrenzen. Denn dort ist eine belastbare, sicherheitsbezogene Bewertung dieses Standorts – nach einer abgeschlossenen Standorterkundung auf der Grundlage einer standort- und konzeptspezifischen Sicherheitsanalyse – auf seine Eignung für ein Endlager nachzuweisen, in dem die Langzeitsicherheit für eine Million Jahre garantiert werden muss. Und das Ergebnis muss besser sein als das bei Gorleben, denn der Bundesumweltminister Peter Altmaier fordert: „… es geht darum, den besten Standort zu finden, nicht ein aus politischen Gründen favorisiertes Endlager …“. [8]

Statements der deutschen Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung

„Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eingesetzte Ethikkommission zur Energiewende unternahm eine Bestandsaufnahme aller Probleme und Ideen beim Atomausstieg. Die Kommission ist der festen Überzeugung, dass der Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie innerhalb eines Jahrzehnts“ möglich ist. An anderer Stelle heißt es: „Dieses Ziel setzt ein konsequentes, zielorientiertes und politisches Monitoring voraus“, denn der „Ausstieg ist nötig und wird empfohlen, um Risiken, die von der Kernkraft in Deutschland ausgehen, in Zukunft auszuschließen. Er ist möglich, weil es risikoärmere Alternativen gibt“. Als alternativen werden genannt: „Stromerzeugung aus Wind, Sonne, Wasser, Geothermie, Biomasse“. Es wird behauptet, der „schnellstmögliche Ausstieg aus der Kernenergie“ sei „ethisch gut begründet“. Es heißt „Bürgerdialoge und -foren“ seien das „geeignete Instrument, um Entscheidungen zur Energiewende auf allen Ebenen voran zu treiben“. Die „Endlagerung von ‚Atommüll‘ muss bei höchsten Sicherheitsanforderungen rückholbar erfolgen, denn für zukünftige Generationen muss die Option sichergestellt bleiben, Gefahren des ‚Atommülls‘ zu vermindern, wenn entsprechende Technologien verfügbar sein werden.“ Die „Vielfalt und Komplexität der Vorschläge zum Verfahren, den Maßnahmen und den Institutionen der Energiewende machen deutlich, dass es sich in der Tat um ein Gemeinschaftswerk handelt“.

Einschätzung der Risiken nach Energiequellen

Nachdem im Dezember 2012 die UN-Organisation zur Erforschung der biologischen Folgen radioaktiver Strahlung, UNSCEAR, nach Fukushima keine zusätzlichen Krebsrisiken festgestellt hatte, gibt nun auch die Weltgesundheitskommission WHO Entwarnung. Das Krankheitsrisiko habe sich in Japan und weltweit nicht erhöht.

Die Statistik wertete offizielle Zahlen und Schätzungen aus. Der Vergleich zeigt die Todesrate nach Energiequellen an und zwar bezogen auf je eine Billion erzeugter Kilowattstunden (kWh): Kernkraft 90, Wind 150, Solar auf Hausdächern 440, Wasserkraft 1400, Erdgas 4000, Biotreibstoffe/Biomasse 24.000, Öl 36.000, Kohle 100.000. Diese Zahlen machen deutlich, warum andere Länder, einschließlich Japan, auch in Zukunft nicht auf Kernkraft verzichten werden (Finnland, Schweden, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Schweiz, Spanien, USA, Brasilien, Südafrika, Südkorea, Taiwan, Japan, Russland, Indien etc.). Die Menschen in diesen Ländern haben eine andere Vorstellung von Ethik als die Deutschen. Dort spricht man schon von „German Ethik“!

Politisches Handeln – der parteiübergreifende Dolchstoß gegen Gorleben

Das mit Unterstützung des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt (SPD) langfristig angelegte und bis 2000 erfolgreiche deutsche Konzept für die Endlagerung radioaktiver Abfälle, um das uns die Welt beneidet, wurde 1998 nach der Regierungsübernahme von SPD und B’90/Die Grünen, der Ernennung des grünen Politikers Trittin zum Minister des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Ernennung seines Parteigenossen König zum Präsidenten des BfS beendet. Das erste strategische Ziel der damals neuen Regierungskoalition war erreicht. Aus machtpolitischen Gründen konnten nun mit Unterstützung der Medien die weiteren Endlagerarbeiten taktisch geschickt von innen her – aus den Behörden heraus –  subtil gestört, verzögert, unterbrochen und möglichst verhindert werden. Denn man befürchtete zu Recht, weitere Arbeiten würden den positiven wissenschaftlich-technischen Sachstand in Gorleben bestätigen oder gar verbessern. Und man wusste auch, dass die Geologie nicht lügt und sich auch nicht durch ideologische Phrasen manipulieren lässt.

Am 28. Juni 2013 wurde das „Endlagersuchgesetz“ verabschiedet, das jedoch Endlagersuch- und Endlageruntersuchungsgesetz heißen müsste, denn nach Aussage von Bundesumweltminister Peter Altmaier „geht es darum, den besten Standort zu finden“ und „nicht ein aus politischen Gründen favorisiertes Endlager“, wobei „der Kompromiss beinhaltet, dass der bisherige Standort Gorleben nicht ausgeschlossen wird“. [9] Das heißt in aller Konsequenz: Zumindest zwei der neuen Standorte sind mittels Bohrungen, mit Schachtabteufen und mit untertägigem Streckenauffahren so genau zu untersuchen und zu bewerten, wie es bei Gorleben der Fall ist. Nur auf der gleichen Basis von Erkenntnissen, die wir von Gorleben haben, kann dann der „relativ“ beste Standort (einen besten Standort gibt es nicht!) auf sachlicher und nicht auf politischer Basis ausgewählt werden. Das bedeutet aber auch, dass zwei der drei Untersuchungsbergwerke wieder nachhaltig zu verfüllen sind, also in den vorherigen Naturzustand zurückgebracht werden müssen.

Das strategische Ziel der Regierungskoalition war erreicht. Aus machtpolitischen Gründen konnten die weiteren Endlagerarbeiten taktisch geschickt von innen her subtil gestört, verzögert, unterbrochen und möglichst verhindert werden.“

Ein weiteres Ergebnis ist: Eine neue Endlagerkommission wird umgehend ernannt, die sich zusammensetzen soll aus sechzehn nicht stimmberechtigten Politikern, sowie aus acht stimmberechtigten Wissenschaftlern und je zwei Vertretern aus NGOs, Wirtschaft, Gewerkschaften und Kirchen. Ein unabhängiger nicht stimmberechtigter Vorsitzender wird die Kommission leiten. Geplant ist auch ein neues Bundesamt für kerntechnische Entsorgung, BkE, mit ungefähr 250 unproduktiven Angestellten. Diese rein politisch motivierte Kraftanstrengung soll bis Ende 2015 festlegen, was in den vergangenen zwanzig Jahren schon ein dutzendmal studiert und aufgeschrieben worden ist.

Nichts dagegen wird zu einem realistischen Zeitplan gesagt. Die Angabe, das Auswahlverfahren – damit ist wohl der Nachweis von einem oder zwei planmäßig festgestellten, langzeitsicheren Endlagerprojekten gemeint, die mindestens dem heutigen Kenntnisstand von Gorleben entsprechen müssen – soll bis ins Jahr 2031 abgeschlossen sein, kann nur als totale Fehleinschätzung bezeichnet werden. Betrachtet man den zu erwartenden Zeitaufwand für die Untersuchungen, die Einbindung der Öffentlichkeit und die begleitenden rechtlichen Verfahren, dürfte es, wie es auf dem Endlagersymposium vom September 2012 hieß, mehr als vierzig Jahre dauern – und zwar vor allem, wenn das „beste“ Endlager gefunden werden soll.

Die Politiker haben keinerlei Vorstellungen von den im Zusammenhang mit dem Nachweis alternativer Endlager wirklich zu erwartenden Gesamtkosten.“

Kein Wunder, dass die Politiker keinerlei Vorstellungen von den bei diesem Nachweis wirklich zu erwartenden Gesamtkosten haben. Man geht unrealistischerweise davon aus, zur Realisierung dieses rein politisch motivierten „Konsensprojektes“ seien zwei Milliarden Euro erforderlich. Demgegenüber beziffert die FAZ vom 01. März 2013 bereits die Verschlusskosten für die Asse mit vier bis sechs Milliarden Euro. Hier stimmen die Relationen nicht. Daher stellt sich zwingend die Frage, welche Schätzung richtig ist!

Auch fehlt jeder Hinweis auf die immensen zusätzlich zu erwartenden Kosten für das Offenhalten von Gorleben und die Verfüllung von zwei Untersuchungsbergwerken. Geschwiegen wird auch über den vorprogrammierten gewaltigen Anstieg der Kosten für die genehmigungsrechtlich problematische längere Zwischenlagerung der hoch aktiven Abfälle an den abgeschalteten KKW-Standorten – insbesondere wenn das Endlagergestein künftig nicht mehr Salz sondern Granit oder Tongestein sein soll. Letztendlich wird nichts zu der Art der Finanzierung und zu den möglichen Schadensersatzklagen gesagt – denn die Politiker wissen, es gibt ja sehr viele willige Steuerzahler, die sie gewählt haben.

Eine weitere Frage ist, ob es ethisch vertretbar ist, unsere Kinder und Kindeskinder mit diesen Kosten zu belasten, die aus einer rein ideologisch motivierten und politisch favorisierten Fehlentscheidung entstanden sind.

Einschätzung des zukünftigen politischen Handelns

Zur Begriffsbestimmung: In einem Endlager müssen die Abfälle für eine Million Jahre nachweisbar sicher verschlossen, also versiegelt werden. In einem Zwischenlager sollen die Abfälle nur für einen begrenzten Zeitraum wie etwa einigen hundert Jahren rückholbar gelagert werden. Aus technischen, genehmigungsrechtlichen und finanziellen Gründen handelt es sich um zwei vollkommen verschiedene Bauwerke! Auch wenn aus Unkenntnis oder politischem Kalkül eine Rückholbarkeit gefordert wird, es bleibt dabei: Zwischenlager gleich Endlager ist ein Widerspruch in sich!

Beschäftigt man sich näher mit dem vom BMU/BfS initiierten AKEnd-Bericht, dann sollte man erwarten, dass in ihm alle Themen, die die Standortsuche beeinflussen, auch abgehandelt werden. Das ist jedoch nicht der Fall. Es ist ein stark ideologisch geprägter Bericht, denn die Gesamtkomplexität der Endlagerung kommt nur teilweise zum Ausdruck. Er befasst sich hauptsächlich nur mit zwei Themenbereichen.

Sehr ausführlich werden die geologischen Grundlagen für die Standortsuche eines Endlagers in verschiedenen Gesteinsformationen beschrieben. Dieser Teil besteht zur Hälfte aus Einschüben über geforderte und sehr genau erklärte Verfahrensschritte während der Erkundung unter Berücksichtigung der Beteiligung der Öffentlichkeit.

Mit dem natürlichen Endlager Oklo liefert die Natur auch für Ideologen den Beweis, dass ein langfristiges nachhaltiges Einschließen von ‚radioaktivem Abfall‘ in der Natur möglich und auch nachgewiesen ist.“

Leider fehlt, wohl aus ideologischen Gründen, der Hinweis auf das „natürliche Endlager Oklo“ im afrikanischen Gabun. Denn vor ca. zwei Milliarden Jahren gab es dort an der Grenze von Tongesteinen zu Sandsteinen in hoch konzentrierten Uranerzgängen mehrere „Kern-Reaktoren“, die über mehrere hunderttausend Jahre funktionierten. Dabei wurde eine Wärme von rund 100 Milliarden Kilowattstunden frei (bei einem modernen KKW entspricht das einer Betriebszeit von vier Jahren). Ungefähr vier Tonnen Plutonium und rund zehn Tonnen Spaltprodukte sind entstanden. Die bei Oklo gebildeten Spaltprodukte und deren Migration in den Sandsteinen wurden genauestens untersucht und die Ergebnisse hätten im AKEnd-Bericht genannt werden müssen. Denn hier liefert die Natur auch für Ideologen den Beweis, dass ein langfristiges nachhaltiges Einschließen von „radioaktivem Abfall“ in der Natur möglich und auch nachgewiesen ist. Wenn die geologisch-geochemischen Voraussetzungen stimmen ist das realistisch – und zwar für Millionen oder gar Milliarden Jahre.

Abgesehen von einigen wenigen Hinweisen fehlt in dem AKEnd-Bericht, der für die Meinungsbildung der Öffentlichkeit also auch für Politiker und Journalisten konzipiert ist, außerdem eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse zu den Explorations- bzw. Untersuchungsmethoden wie geophysischen Analysen, Bohrungen etc. (Barrierenschutz!), die für eine spezifische Standortsuche besonders wichtig sind. Das gleiche gilt für den gesamten technischen Bereich wie für den Bau, den sicheren Betrieb und den langzeitsicheren Verschluss. Ein Beispiel wäre der Nachweis des Verhaltens von technischen Barrieren für eine Million Jahre. In dem BGR-Bericht, „Tongesteinsformationen“ von 2007 wurde das zum Teil nachgeholt.

Im Gegensatz dazu ist im besagten AKEnd-Bericht das letzte Kapitel zur Beteiligung der Öffentlichkeit über dreißig Seiten lang. Hier werden nochmals die geforderten gesellschaftlichen Randbedingungen präzisiert, die bei der Suche nach einem neuen Standort eingehalten werden müssen. Dieser Ansatz findet seinen Ausdruck dann auch in der Besetzung der neuen Endlagerkommission, die im Juni 2013 beschlossen wurde. Beispielhaft werden in dem Bericht genannt: Umfassende Information zwecks Kontrolle des Verfahrens, der Berücksichtigung regionaler Interessen und der Beteiligung bei der Entscheidungsfindung durch Plattformen, Kompetenzzentren, Runde Tische und Bürgerforen. Die Bevölkerung ist durch den Verfahrensbetreiber (BMU/BfS) umfassend zu informieren und letzterer hat Veranstaltungen für Diskussionen durchzuführen etc. Entsprechend hieß es im Bericht der Ethikkommission bereits, Bürgerdialoge und -foren seien geeignete Instrumente, um Entscheidungen zur Energiewende auf allen Ebenen voran zu treiben.

Die Verfahrensbetreiber müssten sich verpflichten, Desinformation öffentlich richtig zu stellen, um die von ihnen beschworene Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit zu gewährleisten.“

All diese im letzten Teil des AKEnd-Berichtes geforderten Maßnahmen, die allerdings zum sicheren Betrieb und vor allem zur Beweisführung für die Langzeitsicherheit des Endlagers absolut nichts beitragen, wären trotzdem aus gesellschaftlichen Gründen zu unterstützen. Voraussetzung dafür ist jedoch, eine ideologiefreie Information durch die Verfahrensbetreiber (BMU/BfS), keine gezielten Desinformationen oder Halbwahrheiten, keine unvollständigen Sachverhalte oder bewusste Falschmeldungen oder gar das Zurückhalten von Informationen. Die Verfahrensbetreiber müssten sich verpflichten, Desinformation öffentlich richtig zu stellen, um die von ihnen beschworene Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit zu gewährleisten. Bei der Einbindung der Öffentlichkeit in die recht komplexe Thematik der Endlagerung müsste – möglichst auf internationaler Ebene – eine neutrale Berichterstattung der Medien und Presse eingefordert werden. Auch die Desinformationen von spendenhungrigen Ökomultis müssten zurückgewiesen werden. Das entspricht jedoch nicht der Realität, und daher werden diese Vorschläge in Wirklichkeit alles andere als zielführend sein.

Fasst man die Bewertung des AKEnd-Berichtes zusammen, so kommt man zu dem Ergebnis: Es ist ein ideologisch geprägtes Papier unter dem Deckmantel eines guten geologischen Berichtes. Die Beweisführung ist dazu recht einfach: Der Bericht wurde 2002 veröffentlicht. In den vergangen zehn Jahren hätten die Verfahrensbetreiber (BMU/BfS) nun beweisen können – wie in dem Bericht gefordert –, dass sie es mit der Transparenz ernst meinen und die Öffentlichkeit künftig mit einer sachlichen, ehrlichen und nicht ideologisch gefärbten Berichterstattung über die Endlagerung informieren wollen. Für Gorleben war in der Vergangenheit trotzdem das Gegenteil der Fall, wie in der Einleitung des vorliegenden Artikels bezüglich der Eignung Gorlebens gezeigt wurde.

Weder in der Presse noch in den Medien wurde in den vergangenen zehn Jahren dieser Sachverhalt deutlich angesprochen. Die öffentliche Wahrnehmung von Gorleben ist deshalb seit zehn Jahren von Falschmeldungen geprägt.

In Zukunft wird leider das gleiche gelten. Gleichgültig ob eine neue Behörde geschaffen wird, gleichgültig wer in den verschiedensten Kommissionen sitzen wird, gleichgültig was ausgewiesene Wissenschaftler, Ingenieure, Kaufleute und Juristen sagen werden.

Machtpolitiker, spendenhungrige NGOs, beamtete Soziologen und viele mehr werden weiter knallhart ihre Eigeninteressen verfolgen. Von diesen wird keine Lösung des Endlagerproblems kommen, weil nicht gewünscht!“

Machtpolitiker, spendenhungrige NGOs, beamtete Soziologen und viele mehr werden weiter knallhart ihre Eigeninteressen verfolgen. Von diesen wird keine Lösung des Endlagerproblems kommen, weil nicht gewünscht! Das Gegenteil ist der Fall! Es wird eine massive Verhinderungspolitik betrieben! Das Thema „Atom“ und die in Deutschland aufgeputschte kollektive Angst davor dürfen nicht verschwinden – obwohl der UNSCEAR-Bericht eine solche Angst gar nicht rechtfertigt! Kernkraft 90 Tote bezogen auf je eine Billion erzeugter Kilowattstunden (kWh), wenig CO2; Kohle 100 000 Tote bezogen auf je eine Billion erzeugter Kilowattstunden (kWh), viel CO2. Es ist die Taktik der Verschleppung, das lange währende Faustpfand der rotgrünen Ökobewegung für ihre Zukunft:

  • Deshalb wird nicht die günstigste und ethisch beste Lösung für eine abschließende Untersuchung Gorlebens gewählt.
  • Es wird auch nicht die zweitbilligste, ethisch schwerer vertretbare Lösung gewählt, der zufolge Gorleben zu schließen wäre und in vierzig Jahren die Endlagersuche wieder von vorne zu beginnen oder die Abfälle im Ausland zu vergraben oder durch Transmutation aufzuarbeiten wären.
  • Nein! Gemäß der „German Ethik“ wird die teuerste und unethischste Variante gewählt: Die endlose technische Suche nach einem neuen Standort, begleitet wie bisher von politisch geschickt gesteuerten Verhinderungsaktionen. Und das so lange, bis vielleicht wie in Brasilien wegen Zahlungen in Milliardenhöhe an korrupte Baufirmen auch in Deutschland eine neue Generation auf die Barrikaden geht, weil Milliarden für Solar-, Wind- und Subventionsgewinnler sowie für eine neue Standortsuche in den Sand gesetzt werden.

Fortschrittsangst und Ökowende

Wie ist es zu verstehen, dass nur in Deutschland, nicht dagegen in Finnland, Belgien, Schweden, Großbritannien, Frankreich, Schweiz, Spanien, USA, Brasilien, Südafrika, Südkorea, Taiwan, Japan,  Russland, Indien etc., aus guten und gesellschaftlich nützlichen Ideen wie Naturschutz, Umweltschutz, Ökologie eine erfolgreiche politische Bewegung entstehen konnte, die mit nicht demokratisch legitimierten und mit reichlich Spenden gefütterten NGOs kooperiert. Wie ist es möglich, dass diese Kooperation gezielt mittels subtiler Desinformation, Verkündung von Halbwahrheiten, Verschweigen von Tatsachen sowie mit pseudowissenschaftlichen Argumenten unter Beschwörung der von ihnen definierten Nachhaltigkeit mit politischer Raffinesse solchen großen Einfluss und derartige Macht erschleichen konnten? Und das alles im Namen der Ökologie, im Namen des Naturschutzes. Warum?

Geht Deutschland im Unterschied zum Rest der Welt einmal mehr einen Sonderweg? Im Bericht der Ethikkommission von 2010 heißt es, „der Ausstieg ist nötig und wird empfohlen, um Risiken, die von der Kernkraft in Deutschland ausgehen, in Zukunft auszuschließen. Er ist möglich, weil es risikoärmere Alternativen gibt“ und als Alternativen werden genannt: „Stromerzeugung aus Wind, Sonne, Wasser, Geothermie, Biomasse“.

Die Vorstellungen von Fortschritt und Industrie sollen heute Angst erzeugen, indem sie mit negativen Assoziationen verknüpft werden – nach dem Motto: Die modernen Technologien verschmutzen die Luft, verstrahlen die Menschen, verpesten das Essen, lassen die Meeresspiegel ansteigen und die Wälder sterben.

Der politische Nährboden für eine Öko-Wende ist vorbereitet und im Schatten geduldig mit dem Samen der „German Angst“ gedüngt. Im Herbst wird dann erfolgreich die Ernte eingefahren: die grüne Bewegung hat ihr Ziel erreicht: die Macht – egal in welcher Konstellation!

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