01.11.2001
Gentechnisch veränderte Lebensmittel – ein Segen für Mensch und Natur
Essay von Channapatna S. Prakash
Nie vor ihrer Markteinführung kontrolliert: Kartoffeln, Sellerie, Wirsing, Rhabarber, Kohlrabi, etc. Warum herkömmliche Lebensmittel weit mehr Gefahren bergen als neue gentechnisch veränderte Produkte.
Stets gab es jene, die das Neue begrüßen, und jene, die sich am Alten festhielten, weil sie da wenigstens zu wissen glaubten, woran sie waren. Und im Bereich der Ernährung, der seit jeher zu den Hauptbeschäftigungsfeldern des Menschen zählt, ging es mit dem der Akzeptanz des Wandels immer besonders langsam. Was wir derzeit bei der Einführung genetisch veränderter Nahrungsmittel erleben, braucht uns also nicht zu verwundern.
Die Landwirte haben die neue Technologie begrüßt, weil sie die Effizienz steigert, die Ernteerträge sichert bzw. erhöht und den Bedarf an Chemikalien vermindert. Gentechnisch verbesserte Nahrungspflanzen werden heute auf etwa 50 Millionen Hektar in 13 Ländern angebaut. Bestandteile dieser Pflanzen sind in Tausenden von Nahrungsmitteln enthalten. Während es keinen klaren Hinweis gibt, dass diese Pflanzen die Umwelt oder unsere Gesundheit gefährden, werden ihr Wert und ihre Sicherheit heftig debattiert und von vielen in Frage gestellt.
Die Besorgnis der Leute ist verständlich und hat viele Ursachen: die Neuheit der Produkte, fehlende Information über Sicherheitsbestimmungen, beständige Anti-Gentechnik-Beiträge in den Medien, Kampagnen diverser Organisationen, wachsendes Misstrauen gegenüber der Industrie und generelle Unkenntnis darüber, wie Lebensmittel produziert werden. Die Wissenschaft hat bisher weder die Sicherheit noch den Wert der neuen Produkte effektiv kommuniziert. Doch dies muss geschehen, denn für die weitere Anwendung von biotechnologischen Methoden in der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie bedarf es natürlich der Akzeptanz in der Bevölkerung.
Für Pflanzenzüchter ist die Gentechnik ein weiteres Mittel zur Verbesserung von Getreide. Mit der Entwicklung der Gentechnik wurden für die Pflanzenzucht strenge Regularien erlassen und Tests vorgeschrieben. Die Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen erfolgt nur noch nach Einzelfallprüfung. Aus Sicht der Wissenschaft gibt es heute keine neuen oder erhöhten Risiken, die nicht erkannt oder reduziert werden können; nicht vorherzusehende Effekte sind vernachlässigbar bzw. einfach zu vermeiden.
Wir brauchen also eine Risikoforschung, aber wir müssen die Risiken auch in Relation zu den enormen Nutzen sehen und gegen die alternativer Ansätze abwägen.
“Seit Tausenden von Jahren verändert der Mensch die genetische Ausstattung von Nahrungspflanzen.”
Eine wichtige Prämisse der Debatte ist vielen noch unklar: Es geht nicht darum, dass die genetische Ausstattung von Nahrungspflanzen verändert wird – dies tun wir seit Tausenden von Jahren. Der Streit dreht sich um das Wie. Und genau das ist das Problem. Statt über die Art und Weise, wie die genetischen Veränderungen herbeigeführt werden, zu urteilen, sollten wir die Wirkungen betrachten.
Die Pflanzen, die wir heute essen, wären in der Natur nie entstanden. Die frühen Menschen müssen Tausende von Pflanzen zu essen versucht haben, bevor sie sich allmählich auf weniger als eintausend Arten beschränkten, die für die Landwirtschaft weiterentwickelt wurden. Heute werden etwa einhundert verschiedene Pflanzen in nennenswertem Maßstab angebaut, und nur eine Handvoll derer liefert den Großteil unserer Ernährung. Um sie zu Nutzpflanzen zu machen, mussten unsere Vorfahren die wenigen ausgewählten Pflanzen erheblich verändern. Zu den Züchtungserfolgen zählen gleichmäßiger Wuchs, gleichzeitige, schnellere Reifung, hohe Nährstoffaufnahme- und Verwertungseffizienz, Reduzierung von Bitterstoffen und Giften, höhere Produktivität durch größere Samen und Früchte, und auch das Entfernen von Samen (beispielsweise bei Bananen). Diese Veränderungen führten zu einer geringen Überlebensfähigkeit der Pflanzen in der freien Natur. Daher sind heutige Nutzpflanzen komplett auf die Pflege durch den Menschen angewiesen und würden in der Wildnis nicht länger überleben als ein Chihuahua in einem Rudel Wölfe.
Die meisten Nutzpflanzen wurden durch den Menschen weit verbreitet und wachsen heute an ganz anderen Orten als ihre wilden Vorfahren. So sind beispielsweise die USA der größte Produzent von Mais und Sojabohnen – ursprünglich stammen diese aber aus Mexiko bzw. China. Kaffee hat seinen Ursprung in Äthiopien, wird heute aber größtenteils in Lateinamerika und Asien angebaut. Ernährungspflanzen, die heute wichtiger Bestandteil der Kultur sind, wie etwa Kartoffeln in Europa, Chilli in Indien, Cassava in Afrika oder Süßkartoffeln in Japan, kommen alle aus Südamerika. Tatsächlich kommen, abgesehen von Blaubeeren, Artischocken, Sonnenblumen und Kürbissen, alle Pflanzen, die in den USA angebaut werden, ursprünglich aus anderen Ecken der Welt.
“Die Pflanzen, die wir heute essen, wären in der Natur nie entstanden.”
Die entscheidende Herausforderung für die Pflanzenzüchtung im letzten Jahrhundert war die schnell wachsende Weltbevölkerung. Gemeinsam mit den Fortschritten im Bereich der Bewässerung, der Düngung, der Mechanisierung und des Pflanzenschutzes ist es gelungen, im Zuge der „Grünen Revolution“ die landwirtschaftliche Produktion schneller zu steigern als das rasante Wachstum der Weltbevölkerung. In der Züchtung wurden dabei eine Vielzahl von Methoden eingesetzt: Die künstliche Kreuzung oder das „Hybridisieren“ ermöglichte es, verschiedene Vorteile verschiedener Sorten in einer zu vereinen. Konnte man die gewünschten Eigenschaften in Nutzpflanzen nicht finden, wurden Gene aus verwandten Wildpflanzen übertragen. Gab es Probleme bei der Kreuzung von Nutz- und Wildpflanzen, halfen verschiedene Tricks weiter, etwa der Einsatz von erbgutverändernden Substanzen, Methoden der Zellkulturtechnik oder radioaktive Bestrahlung. Die meisten Menschen, die der Biotechnologie ablehnend gegenüberstehen, haben keine Ahnung davon, mit welchen Methoden man in der Vergangenheit gearbeitet hat, als nach ihrer Vorstellung alles noch ganz natürlich war. Auch ist ihnen nicht klar, dass Nutzpflanzen beständig und radikal verändert wurden. Sie wurden dadurch besser kultivierbar und an klimatische Verhältnisse angepasst; sie wurden aber auch gesünder, indem Giftstoffe reduziert wurden, bekömmlicher, nährstoffreicher, wohlschmeckender und haltbarer. Aus der murmelkleinen wilden Lycopersicon wurde unsere heutige kiloschwere Tomate. So ist es der modernen Landwirtschaft gelungen, eine sichere, bezahlbare und ausreichende Nahrungsversorgung für Milliarden von Menschen zu ermöglichen. Die durchschnittliche amerikanische Familie gibt heute lediglich 11 Prozent ihres Einkommens für Essen aus und erhält dafür bessere Qualität und mehr Vielfalt als je zuvor. Ohne den Einsatz wissenschaftlicher Techniken müssten wir jeden Quadratzentimeter fruchtbaren Landes beackern, um uns ernähren zu können.
Der Einsatz der Gentechnik ist die sinnvolle Fortsetzung der bisher angewandten Methoden. Im Vergleich zur Hybridisierung oder dem Einsatz erbgutverändernder Strahlung ist das direkte Einfügen eines einzelnen Gens ein sehr viel feinerer Eingriff mit spezifischen und vorhersagbaren Auswirkungen. Der Prozess ist auch weit schneller als die langwierigen klassischen Methoden, die typischerweise zehn bis fünfzehn Jahre beanspruchten. Der größte Vorteil ist jedoch die Möglichkeit, aus einem weit größeren Genpool auszuwählen, um ganz neue Eigenschaften zu erhalten.
Wie kann man den Sorgen der Menschen begegnen?
Viele Einwände, die gegen „Genfood“ vorgebracht werden, müssten eigentlich auch hinsichtlich bisheriger Produkte geäußert werden. Wenn jemand bemängelt, er wisse nicht, was er esse, kann man nur entgegnen, dass er das bisher erst recht nicht gewusst hat. Bei genetisch veränderten Pflanzen wissen wir immerhin, welches Gen neu eingefügt wurde und können daher Tests durchführen, um zu vermutende, aber auch viele nicht vorhersehbare Effekte zu überprüfen. Man bedenke einmal, wie ein klassischer Pflanzenzüchter eine krankheitsresistente Tomate entwickeln würde. Er würden Teile ganzer Chromosomen aus einer verwandten Wildpflanze auf die Tomate übertragen, um ein entsprechendes Gen mit einzufügen. Dabei würden jedoch auch noch Hunderte von weiteren Genen übertragen, von denen manche vielleicht den Bauplan für Allergene oder Gifte enthalten, die Wildpflanzen häufig entwickeln, um sich Fraßschädlinge vom Leib zu halten. Obwohl sie also aus einer Technik mit unzähligen Unbekannten hervorgingen, wurden fast alle klassisch gezüchteten Pflanzen nie auf ihre Sicherheit als Lebensmittel und ihre Umweltverträglichkeit getestet. Wir haben das Risiko einfach immer so hingenommen.
“Wenn jemand bemängelt, er wisse jetzt nicht mehr, was er esse, kann man nur entgegnen, dass er das bisher erst recht nicht gewusst hat.”
Auch hinsichtlich möglicher Langzeitfolgen für die menschliche Gesundheit, die heute in Hinblick auf genetisch veränderte Nahrungsmittel ein großes Thema sind, hat man die Erzeugnisse klassischer Züchtungsverfahren bisher nicht untersucht, obwohl durch sie neue Eiweißstoffe und chemische Substanzen zu Tausenden in unsere Nahrung gelangten. Das Gleiche gilt für exotische Früchte, die ohne Angst, sondern mit Vergnügen in unseren Speiseplan aufgenommen wurden.
In der letzten Zeit eroberten auch eine Vielzahl von so genannten funktionellen Lebensmitteln die Supermärkte, ohne dass sich jemand um deren Sicherheit sorgte und diese in nennenswertem Umfang getestet wurde.
Die heute erhältlichen gentechnisch veränderten Nahrungsmittel wurden dagegen umfassend getestet und als substanziell äquivalent zu ihren konventionellen Pendants eingestuft. Sie enthalten ein oder zwei zusätzliche Proteine (unter Tausenden von anderen), die in sehr geringen Mengen vorkommen und entweder während der Verarbeitung oder der Verdauung zerstört werden. In Produkten wie Öl, Stärke und Zucker sind sie überhaupt nicht mehr zu finden.
Vielleicht die meisten Bedenken werden wegen der möglichen Auslösung von Allergien durch „Genfood“ geäußert. Die meisten allergenen Substanzen sind jedoch inzwischen gut untersucht, und wir wissen, dass sie fast ausschließlich aus einigen wenigen Quellen stammen (vor allem aus Erdnüssen, Kuhmilch, Eiern, Weizen, Reis, Sojabohnen, Fisch, Krustentiere) und alle bestimmte Strukturmerkmale aufweisen. Zudem müssen sie in großen Mengen mit der Nahrung aufgenommen werden, damit sich überhaupt eine Allergie herausbilden kann. Daher ist es höchst unwahrscheinlich, dass durch gentechnisch veränderte Lebensmittel neue Allergien auftauchen werden.
Es gab immer ein Risiko
So etwas wie ein sicheres Lebensmittel gibt es nicht – und hat es nie gegeben. Das soll nicht heißen, dass unser ganzes Essen gefährlich ist. Es ist sicher – obwohl sich in allem, was wir essen, Giftstoffe und krebserzeugende Substanzen nachweisen lassen. Schon Paracelsus sagte vor über 400 Jahren: „Jede Substanz ist ein Gift. Es kommt nur auf die Dosis an.“ Er hatte recht: Tausende von Substanzen, die wir essen, haben sich in Laborstudien als gefährlich erwiesen, wenn in großen Mengen verabreicht. Ohne dass wir uns deswegen sorgen müssten, nehmen wir täglich rund 5000 bis 10.000 natürliche Gifte auf, die von Pflanzen entwickelt wurden, um sich gegen Krankheitserreger, Schädlinge und Fressfeinden zu schützen. Kaffee enthält über 1000 chemische Substanzen, von denen bisher 27 getestet wurden, wobei sich 19 als krebserregend erwiesen haben. Kartoffeln enthalten die Nervengifte Solanin (tödliche Dosis: 400 mg) und Chaconin, die im Blut eines jeden Kartoffelessers nachgewiesen werden können.
Es ist klar, dass, wenn man durch klassische Züchtung eine Resistenz gegen Schädlinge erreicht, meist dadurch auch derartige Gifte in die Nahrungspflanze gelangen.
Konventionelle Züchtung birgt also ein Risiko für die Sicherheit der Lebensmittel. Deshalb wurden immer wieder neue Sorten vom Markt genommen, wenn sich zeigte, dass sie gesundheitliche Gefährdungen mit sich brachten. Sie wurden aber – im Gegensatz zu gentechnisch veränderten Sorten – nicht routinemäßig getestet.
Offenbar gelten bei der Beachtung von Risiken zweierlei Maßstäbe. Die größten Gesundheitsgefahren gehen von altbekannten Krankheitserregern wie E.-coli, Listerien oder Salmonellen sowie Schimmelpilzgiften aus. Doch ihnen gegenüber scheint man milde gestimmt, während kein Aufwand gescheut wird, um neuen Phantomgefahren nachzujagen.
“Würden die Bestimmungen für gentechnisch veränderte Nahrungsmittel auch für konventionelle angewandt, dürften viele davon gar nicht angebaut werden.”
Die in Afrika verbreitet gegessene Knollenpflanze Cassava (Maniok) enthält große Mengen cyanogener Glucoside, die zu Lähmungen führen, wenn sie nicht vor Verzehr aufwändig verarbeitet werden. Solanin bzw. Tomatidin, das in Tomaten und Kartoffeln enthalten ist, kann die Erbkrankheit spina bifida („Offener Rücken“) verursachen. Eine in Indien verbreitete Erbsensorte (vetch pea) enthält hochgefährliche Nervengifte, die große Schäden anrichten. Das Hämagglutinin in ungekochten Kidney-Bohnen ist ebenfalls giftig. Oxalsäure aus Spinat, Sellerie, roten Rüben und Rhabarber kann zur Bildung von Nierensteinen führen. Senfölglucosinolate aus Wirsing, Kohlrabi, Rettich, Senf, Meerrettich, Raps, Gartenkresse und Rüben tragen zur Kropfbildung bei.
Doch keines dieser Lebensmittel wurde vor der Markteinführung getestet oder unterliegt irgendwelchen Kontrollen. Würden die Bestimmungen für gentechnisch veränderte Nahrungsmittel auch für konventionelle angewandt, dürften viele davon gar nicht angebaut werden.
Eine ausgewogene Ernährung gibt uns alles, was wir brauchen. Doch nichts von dem, was wir heute essen, wurde von unseren Vorfahren ausgewählt, weil es besonders gesund ist, sondern weil es irgendwie verfügbar war. So enthält zum Beispiel die wichtigste Nahrungspflanze in den Entwicklungsländern, der Reis, kein Provitamin A und wenig Eisen. Die Folgen sind Erblindung von Millionen von Kindern und Eisenmangelanämien bei fast einer Milliarde Frauen.
Die Biotechnologie hat bisher nicht zu den geringsten Gesundheitsproblemen geführt, aber sie hat gezeigt, dass sie in der Lage ist, den Nährstoffgehalt von Pflanzen zu verbessern und den Anteil giftiger Substanzen zu verringern.
Gefahren für die Umwelt?
Wir alle müssen essen, und die Erzeugung der Nahrungsmittel ist gewiss die größte ökologische Herausforderung, die wir angenommen haben. Der Landwirtschaft mussten über die Jahrhunderte Millionen Quadratkilometer Wald weichen. Fremde Arten wurden eingeführt und haben die jeweils lokale Tier- und Pflanzenwelt durcheinandergebracht. Manche Aspekte der modernen Landwirtschaft hatten einen negativen Einfluss auf die Biodiversität und auf die Luft-, Boden- und Wasserqualität. Doch trotz allem: Es ist gelungen, die meisten der sechs Milliarden Menschen dieser Welt mit guten und erschwinglichen Lebensmitteln zu versorgen.
Mögliche Gefahren von gentechnisch veränderten Pflanzen müssen wir im Kontext der konventionellen Methoden in der Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung sehen. Auch bisher haben wir Gene zur Schaffung von Schädlings- und Krankheitsresistenzen eingekreuzt. Auch Stress- und Herbizidtoleranz wurden schon auf herkömmliche Art und Weise eingeführt, und die Wachstumseigenschaften der Pflanzen wurden durchweg verändert.
Die Gefahr einer Übertragung von Genen von einer Nutzpflanze auf ein Unkraut hat immer schon bestanden. Daher ist es beruhigend zu sehen, dass dennoch noch nie ein wirkliches Superunkraut entstanden ist, obwohl es Fälle gab, in denen Getreide verunkrautete oder Unkraut sich durch die Übertragung von Genen aus Nutzpflanzen stärker ausbreitete. Der größte Schaden entstand jedoch, wenn halbdomestizierte Wildpflanzen in eine neue Umgebung gebracht wurden und sich dort unkontrolliert ausbreiteten, weil sie keine natürlichen Feinde hatten.
Das Risiko eines Gentransfers erhöht sich, wenn gentechnisch verbesserte Nutzpflanzen in einer Region angebaut werden, in der sie wilde Verwandte haben, die als Unkräuter mit ihnen konkurrieren, wenn die Pflanzen zur Auskreuzung neigen, wie zum Beispiel Canola, oder wenn das neue Gen einen Vorteil für das Überleben und Ausbreiten des Unkrauts bietet. Der letzte Fall ist der wichtigste, kommt jedoch sehr selten vor, da die in der Pflanzenzüchtung genutzten Gene für Wildpflanzen meist eher einen Nachteil bedeuten.
Das Risiko eines Gentransfers von der Nutzpflanze zum Unkraut ist identisch, unabhängig davon, ob das Gen auf konventionelle Weise oder mit Hilfe der Gentechnik in die Nutzpflanze gelangt ist. Um einen solchen Transfer zu vermeiden, werden alle neu entwickelten gentechnisch veränderten Pflanzen in Freilandversuchen untersucht und das Risiko damit sehr klein gehalten. Gleichzeitig lehrt uns die bisherige Erfahrung mit konventionellen und gentechnisch veränderten Pflanzen, dass ohnehin keine große Gefahr besteht und gegebenenfalls entstehende Probleme relativ leicht gelöst werden können.Besorgnis wird auch hinsichtlich des Verlusts an Artenreichtum zum Ausdruck gebracht. Die starke Verbreitung von Hochleistungssorten hat schon zu einer deutlichen Verringerung der Biodiversität der angebauten Nutzpflanzen geführt. Die Biotechnologie trägt allerdings heute zu einer gegenläufigen Bewegung bei, indem sie bestimmte Gene älterer, nicht mehr gebräuchlicher Sorten wieder aufgreift und in neue Sorten integriert. Neben der Restaurierung alter Sorten hilft sie auch bei der Konservierung, etwa durch neue Methoden der Kryokonservierung, und trägt so dazu bei, dass die genetischen Ressourcen für die Nachwelt erhalten bleiben.
Wegen der Einführung einzelner Gene – beispielsweise der Bt-Gene in viele Nutzpflanzen – wird heute manchmal von der ökologischen Gefahr einer „genetischen Verseuchung“ gesprochen. Solche Bedenken sind einerseits zur Kenntnis zu nehmen, andererseits müssen sie natürlich in Relation zu anderen Veränderungen und deren Auswirkungen gesetzt werden. So handelt es sich bei dem heute auf 30 Millionen Hektar in den USA angebauten Getreide um vollkommen fremde Arten, die es vor tausend Jahren in Nordamerika nicht gegeben hat. Die Einführung einer Getreideart in eine neue Umgebung bedeutet aber, dass auf einen Schlag Tausende neue Gene ebenfalls eingeführt werden. Dieser großflächige Anbau hat einen massiven Einfluss auf die einheimische Natur. Im Gegensatz dazu fallen ein oder zwei neue Gene überhaupt nicht ins Gewicht. Hinzu kommt der Einsatz von Agrochemikalien, die weit größere Auswirkungen auf die Lebensmöglichkeiten von beispielsweise Schmetterlingen haben als etwa Bt-Mais. Diesem Mais wurde eine Gefährdung des Monarchfalters nachgesagt, die sich bei genauerer Überprüfung schnell als nicht existent erwies. Im Hinblick auf nützliche oder unschädliche Insekten stellen gentechnisch veränderte Pflanzen einen klaren Fortschritt dar, denn die Abwehr der neuen Pflanzen richtet sich viel spezifischer gegen ihre Fraßschädlinge als die alten Giftspritzen.
Mit modernen biotechnologischen Methoden kann man leicht neu eingeführte Gene nachweisen, doch eine Einschätzung des Risikos macht wiederum nur im Vergleich zu den herkömmlich gezüchteten Pflanzen Sinn, wo kaum Untersuchungen auf genetischer Ebene durchgeführt wurden. Die Problematik des zufälligen Einbaus an einer nicht bekannten Stelle im Genom, der Instabilität von Genen, der Veränderung in der Interaktion von Genen und ähnliches wird im Hinblick auf gentechnisch veränderte Pflanzen diskutiert, nicht aber in Hinblick auf konventionelle, bei denen derartige Prozesse ebenso ablaufen dürften.Tatsächlich haben wir also wenig Grund zur Sorge. Dennoch muss die wissenschaftliche Risikoanalyse, -vorhersage und -prävention sowie eine systematische Beobachtung des Anbaus natürlich fortgesetzt werden, um eine Beeinträchtigung der Umwelt auszuschließen bzw. zu minimieren. Die meisten Probleme, die auftreten, können durch weitere Verfeinerung der Methoden gelöst werden. Beispielsweise kann durch bestimmte Promotoren erreicht werden, dass in Pollen keine für Nutzinsekten giftigen Stoffe enthalten sind, oder es können Pflanzen mit sterilem Pollen gezüchtet werden, so dass die Gefahr eines Gentransfers auf andere Pflanzen reduziert wird.
Auch sollten die positiven Wirkungen der gentechnisch veränderten Pflanzen nicht außer Acht gelassen werden. Hierzu zählen der geringere Flächenverbrauch, der es ermöglicht, mehr wilde Ökosysteme zu bewahren, die Verbesserung von Boden-, Luft- und Wasserqualität, der verminderte Einsatz von Chemikalien und Benzin, die Erhöhung der agrarischen Biodiversität durch Restauration von Arten, die Schonung von Nutzinsekten sowie die Sanierung kontaminierter Böden mit den Methoden der Phytoremediation.
Mensch und Nahrungspflanzen werden immer gegenseitig voneinander abhängig sein, und die Weiterentwicklung von Nahrungspflanzen wird mit immer mehr Wissen und auch mit ebenfalls wachsendem Verantwortungsbewusstsein betrieben.