27.01.2023

Gehirn brutzeln und Geld einnehmen

Von Julius Felix

Titelbild

Foto: Sven Mandel via Wikicommons / CC-BY-SA-4.0

TV-Moderator Eckart von Hirschhausen hat den Kampf gegen den Klimawandel zu seinem Geschäftsmodell gemacht. Der Moralunternehmer behauptete sogar, Erderwärmung koche Gehirne weich.

„Jeder hat ein Recht auf eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten“, hat Dr. Eckart von Hirschhausen vor einiger Zeit bei „Hart aber fair“ erklärt. In der gleichen Sendung sprach er von seiner Unterstützung für eine Impfpflicht und empfand es „auch eine Körperverletzung, andere Leute mit seinen ungeschützten Aerosolen zu belästigen“. Seine Bühnenkarriere wird er beenden, also wird sein Publikum dem wohl auch nicht mehr ausgesetzt sein.

Was er aber zumindest aktuell noch weiterführt, ist seine Fernsehkarriere und da scheint er dann doch sehr auf eigene Fakten zu beharren. Besonders engagiert wird er nun, wenn es um den Klimaschutz geht. So schickte er sich bei Maischberger jüngst an, dieses Klima mit seinen eigenen Fakten retten zu wollen. Der sich immer medizinischer Expertise rühmende TV-Protagonist ging dabei bemerkenswert kreativ mit der Wahrheit um und verglich das menschliche Gehirn mit einem Ei.

So behauptete er, dass die Biologie des Menschen Grenzen habe. An der Beschränkung von Fieberthermometern auf 42 Grad Celsius könnte man ja sehen, dass es biologische Grenzen bei Menschen gäbe. Die Bestandteile des Gehirns verhielten sich dabei wie ein Ei, das man kocht: Die Eiweiße würden irreversibel zerstört. Daher müsse man sich gegen den Klimawandel einsetzen.

„Niemand muss dabei Sorgen machen, dass einem das Gehirn irreparabel geschädigt wird, wenn einem im Urlaub mal Temperaturen über 43°C begegnen.“

Zu dem, was er in dem verlinkten Ausschnitt von sich gibt, ist erstmal zu sagen: Alle Fieberthermometer enden nicht immer bei 42°C, weil die meisten einfach keine Skala mehr haben, sondern elektronisch sind. Bei 42,6°C Fieber kommt es im menschlichen Körper zu einer Wärme- oder Hitzedenaturierung der Eiweiße in Zellen – das sind aber wohl lange nicht die einzigen Prozesse, die dann zum Tod führen. Zudem ist diese Temperatur nicht bei allen Eiweißen gleich: Das Eiweiß des Hühnereis gerinnt bei 60°C. Aber der wesentliche Unterschied ist, dass das Ei durch von außen zugefügter Hitze denaturiert, die Eiweiße im Menschen beim Fieber durch körpereigene Hitze.

Hirschhausen spricht in diesem Beispiel aber von außen zugefügter Hitze. Menschen können aber bei 42,6°C Außentemperatur sehr gut leben. An vielen Orten auf der Welt gab es Spitzentemperaturen von weit über 43°C und an wenigen sogar über 50°C. Trotzdem wurde keinem Menschen deshalb das Gehirn gekocht – warum? Menschen sind keine wechselwarmen Lebewesen, deren Körpertemperatur sich der Umgebungstemperatur anpasst, Menschen sind gleichwarm: die Körpertemperatur wird im gesunden Zustand gleichgehalten.

Natürlich wird der Mensch durch hohe Temperaturen besonders herausgefordert, die Körpertemperatur gleich zu halten – so können gesundheitliche Probleme entstehen, die aber durchaus reversibel sind. Niemand muss dabei Sorgen machen, dass einem das Gehirn irreparabel geschädigt wird, wenn einem im Urlaub mal Temperaturen über 43°C begegnen. Ebenso wenig wird der Klimawandel im Stande sein, quasi die Gehirne von Menschen zu kochen, wie der Mensch es mit Eiern tut. Die Analogie hat also nichts mit der Biologie des menschlichen Gehirns zu tun – sie ist somit im wahrsten Sinne des Wortes hirnlos.

„Wer für ein Thema so lautstark die Trommel rührt und dabei ein eigenes finanzielles Interesse verfolgen kann, der sollte auch dem Publikum entsprechend eingeführt werden.“

Der Klimawandel hingegen wird keinen Menschen durch Wärmedenaturierung hirnlos machen. Es scheint unbegreiflich, wie jemand, der Medizin studiert hat, so eine Analogie benutzen kann. Begreiflicher wird es vielleicht, wenn man schaut, wie Eckart von Hirschhausen im Klimathema aktiv ist. Im März 2020 hat er die Stiftung Gesunde Erde Gesunde Menschen gegründet. Er ist auch deren geschäftsführender Gesellschafter. Es handelt sich dabei, anders als der Name vielleicht vermuten lässt, um eine gGmbH – da besteht schon ein Unterschied. Als gemeinnützige GmbH genießt man Steuervorteile.

Was genau mit dem Geld geschieht, dass als Spenden eingenommen wird, bleibt eher im Dunkeln – zumindest ist dem Jahresabschluss nichts Konkretes zu entnehmen und dem dazugehörigen Tätigkeitsbericht kann man keine erhellenden Finanz-Angaben entlocken. Wie viel man für den eigentlichen Zweck ausgeben muss, dessentwegen man die Gemeinnützigkeit erlangt hat, ist übrigens nicht festgelegt. So gibt etwa die Tierrechtsorganisation Peta im ideellen Bereich nicht mal 10 Prozent für Tierschutz aus, wobei es gerade der Tierschutz ist, der als Grund für den Gemeinnützigkeitsstatus angegeben wird. Bei vielen anderen NGOs sieht es nicht viel anders aus: Eigenwerbung und Personalkosten sind meist die größten Posten.

Was man im Falle Hirschhausen allerdings einfach findet, ist die Eintragung im Lobbyregister des Bundestags. Solche Details finden bei Maischberger keine Erwähnung, ähnlich wie der Umstand, dass die gGmbH dort auch als Auftraggeber für die BrückenKöpfe GmbH gelistet ist. Bei diesem – nicht gemeinnützigen – Unternehmen wiederum ist Hirschhausen auch Gesellschafter.

Abb.1: Von 100 Euro Spenden kann sowohl über Geschäftsführer-Gehalt bei der gGmbH (oder einem Verein) als auch über das beauftragte Unternehmen ein entsprechender Anteil in der Tasche eines ‚Doppelverdieners‘ landen.

Wer für ein Thema so lautstark die Trommel rührt und dabei ein eigenes finanzielles Interesse verfolgen kann, der sollte auch dem Publikum entsprechend eingeführt werden. Man könnte aber auch von einem öffentlich-rechtlichen Medium durchaus erwarten, hier nicht nur für Transparenz zu sorgen, wozu Maischberger keine Anstalten macht, sondern auch selbige von ihren Gästen erstmal einzufordern.

Was Hirschhausens NGO nämlich bekommt, sind keine Peanuts: rund 1,4 Millionen US-Dollar gab es zum Beispiel von der Bill und Melinda Gates Stiftung. Aufgrund dieser Spende wurde auch seine Unabhängigkeit in der eingangs erwähnten Impf-Frage in Zweifel gezogen. Nun fragen sich manche, ob sich dieses Investment der Gates gelohnt hat, wenn solche Analogien das Ergebnis sind.

Man muss sicherlich – und da sind alle Medienschaffenden gefragt – sich mit dem Fakt auseinandersetzen, dass es so etwas wie Moralunternehmer gibt. Diese Menschen versuchen mit ihren Überzeugungen Geld zu machen und sind diesbezüglich auch gewissen Zwängen unterworfen. Diese Türe, die das Gemeinnützigkeitsrecht aktuell aufmacht, muss man transparent machen und besonders, dass solche Unternehmer dann keine unabhängigen Experten sind, die uneigennützig im Dienst der Wahrheit reden. So mag es zwar Hirschhausens persönliche Wahrheit sein, was er ersonnen hat, mit der Realität hat das aber nichts zu tun.

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