01.09.1999

Eine EXPO ohne Superlative

Interview mit Birgit Breuel

Bei der Weltausstellung EXPO 2000 wird Technik in den Hintergrund treten. Statt dessen soll das Gleichgewicht zwischen Mensch, Natur und Technik betont werden. Novo-Autorin Aitak Walter-Barani sprach mit Birgit Breuel, Generalkommissarin der EXPO 2000, über den Wandel der Ausstellung.

Novo: Bei bisherigen Weltausstellungen standen die Wertschätzung von Technik und Fortschritt stärker im Vordergrund. Warum der Wandel hin zu einem neuen Konzept als Einstieg ins nächste Millennium?

Birgit Breuel: Die EXPO 2000 ist eine Weltausstellung neuen Typs und wird keine Leistungsschau technischer Superlative sein. Sie soll Möglichkeiten zeigen, wie der Mensch mit einer Technik, die ihm zu dienen hat, ein neues Gleichgewicht mit der Natur finden kann. Angesichts der ökologischen und ökonomischen Herausforderungen der Zukunft hat die internationale Staatengemeinschaft als verbindliches Leitthema “Mensch – Natur – Technik: Wie eine neue Welt entsteht” für eine Weltausstellung beschlossen. Da nichts ermutigender ist als funktionierende Beispiele, hat die EXPO unter diesem Leitthema einen weltweiten Suchprozeß nach Lösungen in Gang gebracht. Als weltweite Projekte sind Hunderte von beispielhaften Projekten ausfindig gemacht und für die Weltausstellung registriert worden.


Inhaltlich geht es bei der EXPO um das Konzept Nachhaltigkeit. Dieser Begriff ist zu einem nebulösen Modewort geworden. Wie definieren Sie Nachhaltigkeit, und warum glauben Sie, daß dieses Konzept für die Weltausstellung im Jahre 2000 eine besondere Rolle spielen soll?

Das Leitthema der EXPO ist den Zielsetzungen der Agenda 21 verpflichtet, also dem Aktionsprogramm für das 21. Jahrhundert der Konferenz von Rio de Janeiro 1992. Zentraler Begriff der Agenda 21 ist die Nachhaltigkeit. Dort heißt es: “Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.” Nachhaltigkeit ist also eine Überlebensfrage, heißt wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soziale und kulturelle Verantwortung sowie schonender Umgang mit Ressourcen. Die Realisierbarkeit von Nachhaltigkeit an konkreten Beispielen darzustellen ist nun Aufgabe der EXPO in Hannover.

 


Die EXPO ist ein großes Investitionsvorhaben. Konsum und Unterhaltung werden bei der Ausstellung eine große Rolle spielen. Es wurde Ihnen vorgeworfen, daß dies mit den inhaltlichen Ansprüchen nicht übereinstimmt – z.B. wurden die Probleme mit der Müllentsorgung angebracht oder die großen Bauinvestitionen. Ist dieser Vorwurf gerechtfertigt?

Birgit Breuel: Nein, diese Vorwürfe kann ich nicht nachvollziehen. Sowohl mit ihrer Architektur, mit ihren Bauten als auch mit ihrer gesamten Organisation wird die EXPO selbst einen Beitrag zum Thema Nachhaltigkeit leisten. Wir hinterlassen keine Bauruinen, wir pflegen einen schonenden Umgang mit den Ressourcen, und wir stellen den öffentlichen Personenverkehr in den Mittelpunkt der Verkehrsplanung. Was die Unterhaltung angeht: Ich glaube, man erreicht bei den Menschen gar nichts, wenn man stets nur Untergangsszenarien entwirft und Endzeitstimmung verbreitet. Wir gehen die Thematik positiv an, zeigen funktionierende Beispiele und verbreiten damit Zuversicht und Optimismus. Klar ist auch: Wenn Millionen von Menschen zusammenkommen, wollen sie sich auch näherkommen, ein Fest feiern, fröhlich sein und sich unterhalten. Das ist kein Gegensatz zum inhaltlichen Anspruch.

 

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