01.07.2006

Editorial

Von Thomas Deichmann

Peter Handke ist nun bereits zum dritten Mal auf dem Cover unseres Magazins. Die Aufregung um die vom Düsseldorfer Stadtrat in Frage gestellte und im Anschluss von Handke zurückgewiesene Verleihung des Heine-Preises an den österreichischen Dichter hielt bei Redaktionsschluss noch an – und wird möglicherweise bald neu aufflackern, wenn Handke den kriegsgebeutelten Balkan wieder bereist. Wir hoffen, Ihnen mit dem Abdruck eines Textes von Peter Handke und einer eigenen Kommentierung der jüngsten Ereignisse deutliche Wegweiser für die Einordnung des anhaltenden Feuilletonstreites bieten zu können.

Die Unverfrorenheit, mit der die Düsseldorfer Politik jüngst in den Kulturbetrieb intervenierte und damit dessen Unabhängigkeit und Freiheit unterlief, sucht ihresgleichen. Inwieweit Hoffnungen berechtigt sind, dass es sich hier um einen einmaligen Ausrutscher gehandelt haben könnte, wird sich zeigen. Weitere Novo-Autoren dieser Ausgabe (Sabine Reul, Kai Rogusch, Sabine Beppler-Spahl und Frank Furedi) weisen darauf hin, dass es sich hier eher um ein mittlerweile „chronisches“ Problem handelt, das auch eine „Radikalisierung des Trends zur gesetzgeberischen Intervention ins zivile Alltagsleben der Bürger“ mit sich bringt, wie Sabine Reul es treffend formuliert.


Mitunter kann man sich nur noch verwundert die Augen reiben, wenn man verfolgt, wie unsere Politikerklasse agiert: Die Union betreibt Kuhhandel mit den Sozialdemokraten und winkt das vor wenigen Monaten noch gescholtene Antidiskriminierungsgesetz durch. Die CSU entdeckt derweil den christlichen „Schöpfungsgedanken“ wieder und formuliert auf dieser Ebene ökologistisch-religiöse Gemeinsamkeiten mit den Grünen, um sich gegen die Biotechnologien in der Landwirtschaft zu positionieren. Und die Liberalen der FDP erfinden sich auf ihrem Parteitag neu als die wahren Natur- und Umweltschützer und Retter vor dem Weltuntergang.



Anregende Lektüre wünscht Ihr


Thomas Deichmann
 

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