01.01.2000

Der Narzissmus westlicher Saubermänner

Essay von Linda Ryan

Im vergangenen Jahrzehnt wurde weder um Ölquellen noch um andere Ressourcen oder dicke Profite Krieg geführt. Aber eben deshalb waren diese Kriege so gefährlich, sagt Linda Ryan.

“Als hinter der Politik die Moral stand, stand hinter ihr häufig Narzissmus. Wir griffen nicht nur ein, um andere zu retten, sondern um uns selbst aus dem Sumpf zu ziehen, oder, genauer, unser Selbstverständnis als Verteidiger universeller Werte.” (Michael Ignatieff: The Warrior’s Honor. Ethnic War and the Modern Conscience, Chatto & Windus, London 1998)
Mit dem Fall der Mauer vor zehn Jahren begann die neue Zeit humanitärer Interventionen. Damals glaubte man, das Ende des Kalten Krieges würde auch die Konflikte um Einflusssphären zwischen Ost und West beenden. Die Vereinten Nationen könnten endlich, nachdem das Blockdenken sie lange genug lahm gelegt hatte, Wahrer des Friedens sein. Nachdem die Zyniker des Kalten Krieges verschwunden waren, würde sich eine neue Weltordnung mit einer firmen moralischen Basis errichten lassen. Die internationale Staatengemeinschaft schließlich würde nunmehr ihre militärische Macht allein dazu benutzen, Menschenrechte zu verteidigen statt zu räubern und zu plündern. So weit die damalige Vision. Wie aber sah die Praxis aus? Die wichtigsten Kriegsschauplätze im Kampf um Menschenrechte waren:


Irak 1991: 180.000 Menschen wurden von der “Internationalen Staatengemeinschaft” getötet, die Infrastruktur des Landes wurde zu 80 Prozent zerstört; die geschätzte Schadenssumme beläuft sich auf 150 Milliarden Dollar.
Somalia 1993: Im Laufe von zwölf Monaten wurden 4.000 Menschen von UN-Truppen getötet; allein in der Nacht des 5. September starben 700 Somalis.
Bosnien 1993 –1995: Tausende starben in einem blutigen Bürgerkrieg; der neue unabhängige Staat wurde daraufhin von UN-Truppen besetzt.
Ruanda 1994: Hunderttausende starben bei Auseinandersetzungen zwischen Hutus und Tutsis; es folgte eine Militärdiktatur mit Unterstützung der UN.
Irak 1992 – 1999: Etwa 500.000 Tote sind zu verzeichnen, ausgelöst durch den Nahrungs- und Medikamentenmangel, den die UN-Sanktionen bewirkt haben. Bei fortwährenden Luftangriffen der USA und Großbritanniens starben allein 1999 über 200 Menschen, bei einem einzigen Angriff am 19. Juli 1999 allein 17.
Jugoslawien 1999: Bis zu 2.000 jugoslawische Zivilisten und 600 Soldaten starben bei Luftangriffen der NATO, durch die außerdem 44 Prozent der Industrieanlagen des Landes zerstört wurden.


Die auf dem Altar des Humanitarismus dargebrachten Menschenopfer fielen üppig aus. Zu ihrer Verteidigung weisen die Hüter des Humanitären darauf hin, dass sie es mit sehr ernsten Bedrohungen zu tun gehabt hätten: Dem Diktator Saddam Hussein, dem ethnischen Nationalismus auf dem Balkan, gewalttätigen somalischen Jugendgangs, dem von den Hutus begangenen Völkermord usw.. Je erhabener die Rede vom Humanitären daher kommt, desto verächtlicher wird der jeweilige Gegner dargestellt. Die Produktion von Gräuelgeschichten über den Feind ist eines der Markenzeichen dieses merkwürdigen Humanitarismus. Von Beginn an wurden PR-Firmen wie Hill & Knowlton damit beauftragt, Horrorgeschichten zu erfinden, wie beispielsweise die von den irakischen Soldaten, die Babys auf Krankenhausflure schleuderten. Einige Jahre nach dem Golfkrieg räumte die damalige Reporterin Maggie O’Kane ein, dass “wir, die Medien, seinerzeit eingespannt wurden wie Strandponys, und dann durch den Sand geführt wurden, um das zu sehen, was die britischen und amerikanischen Militärs uns sehen lassen wollten.”
Die amerikanische PR-Agentur Ruder Finn wurde zuerst von den Kroaten, dann von den bosnischen Muslimen, schließlich von der UCK damit beauftragt, die Serben als Nazis darzustellen. Ruder Finn sprach mit seinen Geschichten über serbische Vergewaltigungs- und Todeslager speziell Frauen und Juden in den USA an. In der liberalen amerikanischen Zeitschrift The Nation schrieb Slavenka Drakulic 1993: “Auch wenn die Vergewaltigungen als politische Propaganda benutzt würden, könnte dies gerechtfertigt sein.”

“Die auf dem Altar des Humanitarismus dargebrachten Menschenopfer fielen üppig aus”

Im März 1999 berichtete der UN-Waffen-Kontrolleur Richard Butler, dass der Irak neue Massenvernichtungswaffen besitze. Diese Äußerung führte zu erneuten Luftangriffen. Butlers Stellvertreter Scott Ritter behauptete hingegen, Butler habe von amerikanischen Regierungsvertretern die Weisung erhalten, “in der Wortwahl seines Berichts härter zu sein, damit sich Luftangriffe rechtfertigen ließen.” Ende 1999 kam es zu Auseinandersetzungen darüber, wie viele ethnische Albaner von den Serben während des letzten Konflikts getötet worden seien. Die Behauptung, die Serben würden einen Völkermord an Kosovo-Albaner verüben, war die wichtigste Rechtfertigung für die NATO-Luftangriffe. Der Versuch, den Krieg als Kreuzzug gegen einen Völkermord zu verkaufen, führte dazu, dass die Zahl der von Serben getöteten Kosovo-Albanern übertrieben wurde.
Den Feind als Schurken hinzustellen, ist und war immer schon Teil jeder Kriegspropaganda. Ist der Feind einmal im Geiste zum Unmenschen gemacht, kann er auch ohne weitere Skrupel umgebracht werden. So konnte Bill Clinton freimütig über die Somalis herziehen: “Diese Arschgeigen kommen viel zu leicht davon. Wenn irgendwer unsere Leute killt, dann sollten dafür sehr viele von denen gekillt werden. Ich glaub’ es nicht: Diese kleinen Wichser versuchen, uns in den Arsch zu treten!” (zit.: George Stephanopoulos: All Too Human, S.214)
In den Flüchtlingslagern an der Grenze zwischen Ruanda und Zaire erreichten 1996 die Schrecken des Humanitarismus einen traurigen Höhepunkt. Die allgemeine Überzeugung, dass die Hutus per se schuld am Völkermord an der Tutsi-Minderheit seien, führte dazu, dass Hilfsorganisationen wie CARE und Médecins Sans Frontières (MSF) einer Million flüchtender Hutus keine Unterstützung zukommen ließen. Das Flüchtlingskommissariat der UN (UNHCR) und Hilfsorganisationen trugen gemeinsam dazu bei, dass Flüchtlinge zwangsweise nach Ruanda zurück geführt wurden – was für sie Bürgerkrieg und Verfolgung bedeutete. Vertreter des UNHCR ließen Flüchtlinge waggonweise zurückführen – obwohl sie wussten, dass dies für sie den sicheren Tod bedeutete. Diejenigen, die sich in die Wälder flüchteten, wurden häufig von der Ruandischen Patriotischen Front umgebracht.

“Diese Arschgeigen kommen viel zu leicht davon. Wenn irgendwer unsere Leute killt, dann sollten dafür sehr viele von denen gekillt werden”

Wie skrupellos humanitäre Interventionen ablaufen, zeigten die Luftangriffe der NATO auf Flüchtlingstrecks im Kosovo im April 1999. Als die NATO nach diesen Zwischenfällen kritisiert wurde, versuchte sie schnell, das Vorgefallene zu verschleiern und die Schuld allein den Serben zu geben. Ein Bericht in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift der amerikanischen Vereinigung “International Strategic Studies Association” zeichnet ein anderes Bild der Ereignisse. Abgedruckt ist dort u.a. das Protokoll der Funkkommunikation zwischen dem Kampfbomber und der die Gegend überwachenden EC-130 Hercules AWACS:


“Pilot: Halte mich auf 3.000 Fuß. Unter mir ein Fahrzeugkonvoi, irgendwelche Traktoren. Was ist das? – Bitte um Anweisungen.
AWACS: Sehen Sie Panzer? Wiederhole: Wo sind die Panzer?
Pilot: Ich sehe Traktoren. Glaube nicht, dass die Kommis Panzer als Traktoren getarnt haben.
AWACS: Was für ein merkwürdiger Konvoi ist das? – Was, Zivilisten? Verdammt, da stecken die Serben dahinter. – Zerstören sie das Zielobjekt.
Pilot: Was soll ich zerstören? Traktoren? PKWs? – Wiederhole: Keine Panzer zu sehen. Bitte um weitere Anweisungen.
AWACS: Das ist ein militärisches Ziel, ein ganz legitimes militärisches Ziel. Zerstören Sie das Zielobjekt. Wiederhole: Zerstören Sie das Zielobjekt.
Pilot: Verstanden, roger. Greife an.”


Der Zwiespalt zwischen bekennendem Humanitarismus einerseits und seinen tatsächlichen Auswirkungen andererseits führt häufig dazu, dass die Akteure der Scheinheiligkeit verdächtigt werden. Kritiker humanitärer Intervention sahen darin von Anfang an nur einen Vorwand, hinter dem sich handfeste Interessen verbargen. “Worum es wirklich geht, ist Öl,” schrieb Peter Gowan in der New Left Review anlässlich des Golfkriegs gegen den Irak. Ein häufig gehörter Slogan war denn auch “Kein Blut für Öl.”
Es ist aber alles andere als offensichtlich, dass der Golfkrieg das Ziel hatte, den Zugriff auf die Ölvorkommen der Region zu sichern. Die Bedingungen des “Öl für Lebensmittel”-Programms für den Irak sind rigide. 1995 wurden 700 Millionen Dollar des Gewinns der Ölverkäufe (in Höhe von zwei Milliarden Dollar) von der UN als Reparationen an Kuwait ausbezahlt. Durch regulären Handel hätte der Westen viel einfacher vom irakischen Öl profitieren können, auch darum, weil dann die Ausgaben in Höhe von 150 Milliarden Dollar für den Krieg und von 918 Millionen Pfund für Hilfsleistungen an den Irak erst gar nicht angefallen wären.

Auch die anderen humanitären Interventionen entsprechen so gar nicht dem Muster der imperialistischen Raubzüge des 19. Jahrhunderts, bei denen es meist darum ging, sich den Zugriff auf Ressourcen zu sichern. Kriegsschauplätze waren nicht etwa die reichsten, sondern gerade die ärmsten Teile der Welt. Kritiker, die dennoch versuchten, wirtschaftliche Interessen als Grund des Eingreifens auszumachen, verfielen auf weit hergeholte Spekulationen. Im Balkan wollte man beispielsweise eine strategische Etappe auf halbem Weg zu den Ölvorkommen des Kaukasus sehen. Eine bizarre Vorstellung: Boris Jelzin tanzt auch so schon nach der Pfeife westlicher Politiker. Andere Kritiker der humanitären Interventionen sahen das verborgene Motiv der Militäreinsätze darin, dass solche außenpolitischen Aktivitäten dazu dienten, von innenpolitischen Problemen abzulenken. In David Mamets Film Wag the Dog sieht man einen Präsidenten, der Kriege anfängt, um von seinen hausgemachten Sexskandalen abzulenken. Als der Film herauskam, befahl Präsident Clinton, seinerzeit auf dem Höhepunkt der Lewinsky-Affäre, erneute Luftangriffe auf den Irak. War also Monica Lewinsky, wie Helena einst im trojanischen Krieg, der Auslöser der Vernichtung? Wohl kaum, denn nicht allein der in allerlei Skandale verwickelte Clinton steht hinter humanitären Interventionen. Noch entschiedener als Clinton betreibt der Saubermann Tony Blair seine Außenpolitik ganz nach ethischen Gesichtspunkten. Auch die deutsche Außenpolitik steht in nichts nach.


Die bemühte Suche nach den eigentlichen Motiven der humanitären Interventionen rührt von dem Unwillen her, den Vertretern des Humanitären ihre Überzeugungen abzukaufen. Irgendwie wäre alles viel simpler, würden wir nur auf die noch unentdeckten Goldminen und Ölquellen des Kosovo oder Ost-Timors stoßen. Wäre der heutige neue Imperialismus nur eine Neuauflage des Raubzugs gegen den Rest der Welt, wie er im 19. Jahrhundert stattfand, wäre das schlimm genug. Profitkalkül hat aber wenigstens Gründe – und setzt sich folglich auch Ziele und Grenzen. Was die gegenwärtige Politik besonders verheerend macht, ist die Tatsache, dass sie nicht auf Profit abzielt, sondern auf dem Gebiet der Außenpolitik eine moralische Selbstläuterung vollziehen will. Dieser moralische Eifer kennt, wie die Ärzte von Médecins Sans Frontières, keine Grenzen.
Kritik, die in den humanitären Interventionen nur platte Interessenpolitik hinter einer scheinheiligen Fassade verborgen sieht, greift nicht bloß daneben. Solche Kritik betreibt letztlich denselben Moralismus, der auch die treibende Kraft der humanitären Interventionen ist. So monierten liberale Kritiker der Angriffe auf den Irak beispielsweise lange Zeit die Tatenlosigkeit des Westens in Bosnien und behaupteten, diese rühre daher, dass es in Bosnien “nur” um Muslime ginge. Radikale Kritiker des Imperialismus wie John Pilger und Noam Chomsky schrieben immer wieder über die Scheinheiligkeit des Westens, der die Verletzung der Menschenrechte, die seine indonesischen Verbündeten auf Ost-Timor begingen, ungestraft durchgehen lassen würde. Sie wurden kalt erwischt: Ihre moralischen Appelle waren Munition für die Durchsetzung der Entscheidung, nun auch in Ost-Timor militärisch einzugreifen.

“Die heute ausgerufenen Kreuzzüge – für das Gute, gegen das Böse – setzen sich über die geopolitischen Zwänge des Kalten Krieges hinweg”

Scheinheiligkeit ist nicht das Problem – das Problem ist, dass heute alle Auseinandersetzungen darum geführt werden, wer die bessere Moral hat. In dieser Atmosphäre führt die Forderung, Verletzungen der Menschenrechte abzustellen, immer häufiger zum militärischen Eingreifen, zu internationalen Gerichtshöfen und zu “Demokratisierungs”-Programmen. Was den Humanitarismus so gefährlich mit Leben erfüllt, ist das Bedürfnis der Eliten im Westen, sich moralisch neu zu erfinden. Die uneigennützige Außenpolitik bewegt sich auf einer höheren Ebene der Moral als die altbekannte Realpolitik. Gerade deshalb ist die neue Politik aber besonders gefährlich. Die heute ausgerufenen Kreuzzüge – für das Gute, gegen das Böse – setzen sich über die geopolitischen Zwänge des Kalten Krieges hinweg. In ihren Mitteln, in ihrer Ausweitung sind sie potenziell unbegrenzt und gerade deswegen extrem gefährlich.

Zu Beginn der Bosnienkrise beklagte UN-Generalsekretär Boutros Boutros-Ghali, dass der Sicherheitsrat “immer mehr wie eine Generalversammlung wird: Er stellt Forderungen, von denen er weiß, dass sie sich nicht erfüllen lassen” (Boutros-Ghali: Unvanquished, S.42). Die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates warfen sich immer mehr in moralische Posen, anstatt pragmatische Politikvorschläge zu machen. Ziel und Zweck von Außenpolitik verwandelten sich hier von geopolitischem Kalkül hin zu einer introvertierten, moralischen Selbstreinigung.
Der australische Premierminister John Howard erklärte, als er bekannt gab, dass sein Land eine führende Rolle beim Ost-Timor-Einsatz übernehmen würde, diese Entscheidung so: “...wir sind in der Lage, etwas zu tun, was wahrscheinlich kein anderes Land könnte, ... weil wir in einer besonderen Position sind. Wir sind eine europäische, westliche Kultur mit engen Verbindungen zu den USA, aber wir befinden uns hier in Asien. ... Bisher haben wir zu viel Zeit damit verbracht, uns darüber den Kopf zu zerbrechen, ob wir Asiaten sind, oder Teil Asiens oder was auch immer” (Agence France Press, 22.9.1999). Howard hofft, dass Australiens gute Werke in Ost-Timor die Identitätskrise seines Landes lösen können. Die portugiesische Tageszeitung Diario de Noticias schrieb indes in einem Leitartikel: “... unserer Vergangenheit, unserer Gegenwart und unserer Zukunft wegen dürfen wir jetzt nicht versagen.” Militäraktionen geben den Eliten der westlichen Welt einen festen moralischen Sinn und Zweck; beides ist ihnen, geht es um Innenpolitik, abhanden gekommen.


Regelmäßig veranstalten westliche Politiker Fototermine in Flüchtlingslagern und Militärposten. So beobachtete Boutros-Ghali, wie Bill Clinton bei der Amtseinführung des haitianischen Präsidenten unbedingt “herausfinden wollte, mit welchem Kniff es Aristide gelang, die Massen zu begeistern” (Unvanquished, S.219).
In einer Rede über Kinder und Krieg am 26. April 1999 sprach die britische Entwicklungsministerin Clare Short über “die Herausforderung, der wir uns alle – Regierungen, NGOs, internationale Institutionen –  gleichermaßen gegenüber sehen”, nämlich dass “wir sicher stellen müssen, dass die Gräuel ethnischer Säuberungen nicht auch noch belohnt werden ... wir kümmern uns um Flüchtlinge [und] wir haben eine klare moralische Aufgabe.”
Hört man genau hin, fällt auf, dass es weniger um Kindersoldaten oder Kriegsgräuel geht, sondern um das “wir” – “wir”, die wir uns kümmern, wir, die wir unsere moralischen Aufgaben haben, wir, die wir gegen das Böse kämpfen müssen. Im gleichen Atemzug, in dem Clare Short diese moralischen Pflichten aufzählt, benennt sie auch die neue Elite, die sich dieser Pflichten annimmt: NGOs, internationale Institutionen und Regierungen.

Die humanitäre Agenda führt zur Ablösung der alten, zynischen Interessenpolitiker, der Beamten und Stäbe aus der Zeit des Kalten Krieges. An ihre Stelle tritt die neue Elite der selbstlosen Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Menschenrechts-NGOs.
Im Laufe der 80er-Jahre hatten Eliten im Westen ihre eigenen, wichtigsten Institutionen und die über sie bei der Stange gehaltenen Klientelen geschwächt, um im Rahmen ihrer Sparpolitik die jeweiligen Erwartungen an das System zu vermindern. Dadurch wurden auch die mit den jeweiligen Institutionen zusammenhängenden politischen Lager und Bewegungen, rechts wie links, weitgehend lahm gelegt. Heute versuchen die Eliten wieder, wenigstens einen kleinen gemeinsamen Nenner herzustellen. Zu diesem Zweck sind internationale humanitäre Einsätze ideal. Über sie können “Ideale” propagiert werden – ganz ohne innenpolitische Risiken.
In Tony Blairs Worten aus einer Rede im Flüchtlingslager Stenkovac heißt das: “Milosevic muss besiegt werden, damit diese Menschen hier wieder Symbole der Hoffnung, der Humanität und des Friedens werden können.” Menschen zu Symbolen westlicher Großmut zu degradieren, das ist der wirkliche Sinn der humanitären Interventionen. Die Motivation dafür, diese humanitäre Weltgemeinschaft durchzupeitschen, ist der Narzissmus unserer Eliten.

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