13.01.2009

Der Althaus-Effekt: Helmpflicht auf der Skipiste?

Von Barbara Off

Seit dem Skiunfall des Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus in Österreich am Neujahrstag hat sich eine Debatte um die Helmpflicht auf Skipisten entfacht. Keine Frage, solche Unfälle sind tragisch. Doch über die Berichterstattung kann man sich nur wundern.

Wer in unmittelbarer Nähe von Skigebieten aufgewachsen ist, der weiß, dass solche Unfälle auf der Tagesordnung stehen. Vor allem in der Hochsaison sieht man den roten Rettungshubschrauber täglich mehrmals am Himmel und weiß, dass es wieder jemanden erwischt hat. Kein Wort wurde anfänglich darüber verloren, welche Auswirkungen der Unfall von Althaus auf die Regierungsführung in Thüringen haben könnte. Im Mittelpunkt des Interesses steht vielmehr die Sicherheit auf den Skipisten, und ob es nicht Sinn machen würde, eine Helmpflicht gesetzlich vorzuschreiben.

Ein Gedanke, der völlig absurd ist, wenn man ihn bis zu Ende denkt. Skifahren ist ein rein privates Freizeitvergnügen. Wer soll denn da bitte kontrollieren, ob alle einen Helm tragen? Darf man sich nur noch mit Helm eine Liftkarte kaufen oder in den Sessellift steigen? Neben der Helmkontrolle wird es auf der Piste auch Geschwindigkeitskontrollen und eine Pistenpolizei geben müssen, die für ein geregeltes Skifahren sorgen. Denn laut Experten schützt ein Helm nur zu 85 Prozent vor Verletzungen. Oder wird man in Zukunft nur auf die Piste gelassen, wenn man einen Skiführerschein vorweisen kann? Die Skischulen, die dann wahrscheinlich die Skiführerscheinprüfung abnehmen, würden sich freuen. Sportgeschäfte und Hersteller von Skihelmen reiben sich schon jetzt die Hände. Seit Tagen boomt die Nachfrage nach Skihelmen wie noch nie – der sogenannte Althaus-Effekt.

Man fragt sich wirklich, warum der Skiunfall eines Politikers eine solche Debatte auslöst, die von Panikmache und einem überzogenen Sicherheitsdenken geprägt ist. Skifahren ist mit Risiko verbunden – schon immer und nicht erst seit dem 1. Januar 2009. Nichtsdestotrotz ist Skifahren heute sicherer als jemals zuvor, wie eine Studie zur Unfallhäufigkeit im Skisport nachweist, die auf dem Kongress für Wintersportmedizin 2008 in Garmisch-Partenkirchen vorgestellt wurde. Das Risiko, heute einen Skiunfall zu erleiden, der einen Arztbesuch erforderlich macht, liegt demnach bei etwa 0,7 Prozent pro Saison. Das sei etwa halb so viel wie vor zehn Jahren, was u.a. daran liege, dass Skipisten zunehmend „wie Autobahnen“ präpariert und viele Gefahrenstellen entschärft würden. (http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/skelett_und_weichteilkrankheiten/?sid=483710).

Es stellt sich also die Frage, warum ausgerechnet jetzt die Lösung in der gesetzlichen Regulierung gesucht wird. Mal ehrlich, wer in den Skiurlaub fährt, will den Alltag hinter sich lassen, die frische Luft, die Sonne, die Weite der Berglandschaft genießen und ein bisschen das Gefühl von Freiheit und Unbeschwertheit verspüren, und nicht Angst vor Radarkontrollen, Pistenpolizei oder sogar Geldstrafen haben. Wer will und sich sicherer damit fühlt, sollte auf jeden Fall einen Helm tragen. Das sei jedem völlig unbenommen. Doch grundsätzlich sollte die Antwort auf das Risiko beim Skifahren ein Appell an die Vernunft des einzelnen und die realistische Einschätzung des eigenen Könnens sein. Die Berge waren schon immer ein Sinnbild für Freiheit und ein Ort der Kameradschaft mit Rücksicht des Stärkeren für den Schwächeren. Dabei sollte man es belassen.

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