01.11.2000

Bumsen gegen Rechts

Eine Satire von Sinasi Dikmen.

Gegen die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland wollte ich diesmal nicht schreiben. Nicht etwa darum, weil ich auch nicht über das schlechte Wetter in Deutschland schreiben würde, sondern vielmehr aus dem Grund, weil in Deutschland bereits alles, was nur möglich scheint, dagegen unternommen wurde. Die deutschen Schriftsteller haben vor den Asylantenheimen ihre Texte vorgelesen, und das auf die Gefahr hin, dass sie von niemandem verstanden werden würden, weil außer ihren Kollegen kein Deutscher sonst hinzugekommen war. Die deutschen Politiker haben sich zu Tode gesprochen. Sogar Stoiber, obwohl er gesagt haben soll, dass es nicht weitergehen könne mit einer Gesellschaft, in der alles durchrasst und durchmischt ist. Die deutschen Maler haben gegen Ausländerfeindlichkeit gemalt: Die Ausländerfeinde sehen auf den Bildern alle glatzköpfig, dumpf und besoffen aus. Ich kenne keinen zivilisierten Ausländerfeind in Deutschland, der anständig angezogen ist von Versace oder von Boss, keinen, der sich fein benimmt. Die deutschen Hausfrauen haben Mittwochstreffs gegen Ausländerfeindlichkeit organisiert, die deutschen Mediziner haben festgestellt, dass die Ausländerfeinde in Deutschland ungesund leben und herzinfarkt- und schlaganfallgefährdet sind. Die deutschen Gewerkschaften haben ihre Mitglieder auf Demos und Solidaritätskonzerte geschickt; die deutsche Wirtschaft hat öffentlich bekannt gegeben, dass die Ausländerfeinde nichts konsumieren, also für die Wirtschaft nutzlos sind.


Auch die Ausländer haben ihren Senf zu dem Thema gegeben. Jeder türkische Botschafter äußert sich vor seinem Amtsantritt mit ernstem Gesicht über die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland, und dann sagt er, Gott sei Dank, dass diese Nebenerscheinungen der traditionellen Freundschaft zwischen beiden Ländern auf keinen Fall schaden werden. Stellen Sie sich mal vor, die Türkei würde Deutschland deswegen den Krieg erklären oder keinen Panzer mehr von Deutschland kaufen.Lorenzo, ein (zumindest dem Namen nach) Italiener, hat die Kerzenlichterkette gegen die Ausländerfeinde entdeckt. Mensch, war das schrecklich romantisch: die Menschen, Kind und Kegel, standen, Kerzen in den Händen, in den Straßen gegen die Ausländerfeinde, die sich an dem Tag in ihre Löcher verkrochen hatten. Die türkischen, griechischen, italienischen Wirte haben eine Woche lang ständig Knoblauch angeboten, was von den Deutschen rege in Anspruch genommen wurde. – All das aber brachte nichts.


Daher nun mein Vorschlag, und der scheint mir der effektivste von allen zu sein: die Bildung einer “Bumskette”. Zugegeben, das ist grob ausgedrückt. Aber gegen die Ausländerfeindlichkeit muss man nun mal hart vorgehen, auch sprachlich. Wenn der/die eine oder andere Leser/in sich verbal angegriffen fühlen sollte, dann können wir es auch “Liebe machen gegen die Ausländerfeindlichkeit” nennen. Liebe über alle Nationalitäten, über alle Religionen und Hautfarben hinweg. Ausgeschlossen sind natürlich die Ausländerfeinde, mit denen machen wir nichts gemeinsam, außerdem Kinder unter 18 Jahren und die Alten über… naja, sagen wir, übers Rentenalter hinaus. Liebe machen immer dann, wenn ein Ausländer angegriffen wird. Wenn die Hausfrau Helga von ihrem Küchenfenster aus sieht, dass ein Schwarzer, ein Jude, ein Türke geschlagen wird, dann soll sie sofort mit ihrem Mann Liebe machen, und wenn der nicht da ist, mit dem nächsten Nachbarn, und wenn sie gar keines Mannes in ihrer nächsten Umgebung habhaft wird, soll sie eine Zentralstelle anrufen: “Hallo, hier Helga Müller, in unserer Straße wird gerade ein Schwarzer (Jude, Türke,...) geschlagen, schicken sie mir bitte sofort einen Mann, mit dem ich mich gegen diese Ausländerfeinde in Liebe verbinden kann.” Dieses Vorgehen beinhaltet Toleranz nicht nur Fremden gegenüber, sondern auch sich selbst, und darüber hinaus Romantik. Nicht zu vergessen außerdem folgender Aspekt: Wenn jeder mit jedem schläft, können sogar die Rentenprobleme gelöst werden: weniger Inder, mehr Kinder, von wem ist egal. Hauptsache nur, die Ausländerfeinde bleiben ohne Liebe.

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