01.07.2007

Babys nach Maß?

Kommentar von Edgar Dahl

In Alten Testament heißt es, dass Gott Sarahs Leib verschlossen habe, sodass sie Abraham kein Kind schenken konnte. Da sich Abraham nach einem männlichen Spross verzehrte, schlug ihm Sarah vor, ihrer ägyptischen Magd, Hagar, beizuwohnen: „Und er ging zu Hagar, die ward schwanger. Und Hagar gebar Abraham einen Sohn, und Abraham nannte den Sohn Ismael.“ Das „Abraham Center of Life“ im texanischen San Antonio macht sich diese biblische Geschichte zunutze, um seiner kinderlosen Klientel eine neue Verkaufsidee schmackhaft zu machen: Embryonen nach Maß!

In der Vergangenheit haben Paare, bei denen die Männer keine Samenzellen und die Frauen keine Eizellen produzieren können, häufig die überzähligen Embryonen von In-vitro-Fertilisations-Patienten adoptiert. Eine derartige Embryonenadoption hat den Nachteil, dass die Paare bei der genetischen Ausstattung ihrer Sprösslinge kaum ein Wörtchen mitreden können und zudem befürchten müssen, dass einige ihrer Kinder später selbst unter Fertilitätsproblemen leiden werden. Das Abraham Center of Life bietet seinen Kunden daher an, sich einen eigenen Embryo aus den Samen- und Eizellen nachweislich fruchtbarer Spender zusammenzustellen. Wer sich etwa ein attraktives, intelligentes und athletisches Kind mit braunen Augen und schwarzen Locken wünscht, der kann in einem Katalog handverlesener Spender, die allesamt wenigstens eine Collegeausbildung absolviert haben, die entsprechenden Keimzellen ordern und zu einem selbst entworfenen Embryo verschmelzen lassen. Um sich ein besseres Bild vom möglichen Aussehen ihrer künftigen Kinder zu machen, werden ihnen zwei Fotos der Spender – einmal in Windeln und einmal mit Doktorhut – zur Verfügung gestellt. Für den Fall, dass eine Kundin außerstande sein sollte, ihr Designer-Baby selbst auszutragen, arrangiert das Abraham Center gern auch noch eine Leihmutter, die das Kind bereitwillig für sie zur Welt bringt. Dieser Rundum-Service kostet in seiner buchstäblich preiswerten Familienpackung 8500 US-Dollar und ist damit nur etwa halb so teuer wie eine konventionelle Adoption.

„Was ist so entsetzlich daran, kinderlosen Paaren Embryonen zu vermitteln?“


Die Eröffnung der „weltweit ersten Designer-Embryonenbank“ hat auf beiden Seiten des Atlantiks zu einen Aufschrei des Entsetzens geführt. Der amerikanische Bioethiker Arthur Caplan befürchtet, dass das texanische Institut die USA „in den Wilden Westen der Reproduktionsmedizin“ zurückverwandeln könnte. Der Jurist Robert P. George von der Universität Princeton meinte, dass es uns „der Schönen Neuen Welt einen erheblichen Schritt näher bringe“. Und die britische Politikerin Josephine Quintavalle wirft dem Abraham Center of Life vor, menschliches Leben zu kommerzialisieren: „Es bricht einem das Herz, mitansehen zu müssen, dass Kinder wie Supermarktangebote feilgeboten werden.“


Keine Frage, das von Jennalee Ryan gegründete Abraham Center of Life trägt nicht gerade zu einem höheren Ansehen der modernen Reproduktionsmedizin bei. Doch weit skandalöser als die Gründung der weltweit ersten Embryonenbank ist die geradezu hysterische Berichterstattung der Medien, die, wie so oft, aus einer Mücke einen Elefanten machen. Was, so muss man fragen, ist eigentlich so entsetzlich daran, dass ein Institut es wagt, kinderlosen Paaren Embryonen zu vermitteln? Seit Jahrzehnten werden unfruchtbaren Männern Samenzellen und unfruchtbaren Frauen Eizellen vermittelt. Dass das Abraham Center of Life den Service einer Samenbank mit dem Service einer Eizellbank verbindet, wirft keine moralischen Probleme auf, die wir vorher nicht hatten. Wenn es statthaft ist, dass sich Kinderwunschpaare mit männlicher Infertilität einen geeigneten Samenspender vermitteln lassen, und es statthaft ist, dass sich Kinderwunschpaare mit weiblicher Infertilität eine geeignete Eizellspenderin vermitteln lassen, kann es schwerlich unstatthaft sein, wenn sich Kinderwunschpaare mit männlicher und weiblicher Infertilität sowohl einen Samenspender als auch eine Eizellspenderin vermitteln lassen.


Viel wichtiger aber noch ist, dass die Gründung einer „Designer-Embryonenbank“ ohnehin kaum Schule machen dürfte. Die Reproduktionsmedizin lebt davon, dass sie unfruchtbaren Paaren zu Kindern verhilft, die zumindest mit einem der beiden Partner genetisch verwandt sind. Die Zahl der Kinderwunschpaare, bei denen beide Partner unfruchtbar sind und keinerlei Aussicht auf ein genetisch eigenes Kind besteht, ist so verschwindend gering, dass vermutlich nur etwa eine Handvoll Paare von dem Angebot des texanischen Instituts Gebrauch machen wird. Bevor man an die Regierung appelliert und nach einer Verschärfung der Gesetze verlangt, sollte man sich also zunächst einmal Klarheit über die tatsächlichen sozialen Folgen verschaffen. Wenn Journalisten bei jeder reproduktionsmedizinischen Entwicklung den Untergang des Abendlandes heraufbeschwören, handeln sie genauso verantwortungslos wie die, die sie so gerne an den Pranger stellen.

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