05.04.2023

Nicht so nachhaltig: die Farm-to-Fork-Strategie der EU

Von Steven Cerier

Titelbild

Foto: Kasia Koziatek via Freestock / CC0

Der Ukraine-Krieg zeigt die Probleme von Europas grünem Agrarplan.

Im März 2020 stellte die EU ihre „Farm to Fork"-Strategie (F2F) vor, eine ehrgeizige Strategie zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks der Landwirtschaft. Das erklärte Ziel: „Beschleunigung des Übergangs zu einem nachhaltigen Lebensmittelsystem". Die Strategie umreißt fünf Schwerpunkte: 

  • Neutrale oder positive Auswirkungen auf die Umwelt zu erzielen.
  • Zur Abschwächung des Klimawandels und zur Anpassung an seine Auswirkungen beitragen.
  • Den Verlust der biologischen Vielfalt umkehren.
  • Gewährleistung von Lebensmittelsicherheit, Ernährung und öffentlicher Gesundheit, um sicherzustellen, dass jeder Zugang zu ausreichenden, sicheren, nahrhaften und nachhaltigen Lebensmitteln hat.
  • Erhaltung der Erschwinglichkeit von Lebensmitteln bei gleichzeitiger Erzielung gerechterer wirtschaftlicher Erträge, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des EU-Versorgungssektors und Förderung des fairen Handels.

Ziel ist es, den Übergang zu einem „nachhaltigeren" Landwirtschaftssystem einzuleiten. Was das in der Praxis bedeutet und wie „Nachhaltigkeit" definiert wird, ist noch weitgehend unklar und umstritten.

F2F hat als Ziele festgelegt, bis 2030 den Einsatz chemischer und gefährlicher Pestizide um 50 Prozent zu reduzieren, den Einsatz von Düngemitteln um 20 Prozent zu verringern und den Verkauf von antimikrobiellen Mitteln für Nutztiere und in der Aquakultur um 50 Prozent zu senken. Um die vielen genannten Ziele zu erreichen, soll laut F2F der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen von 9,1 Prozent im Jahr 2020 auf 25 Prozent im Jahr 2030 erhöht werden.

Visionär oder fehlgeleitet?

Die Reaktionen auf die Strategie waren unterschiedlich. Grundsätzlich sahen Umweltschützer darin eine mögliche Abkehr von den ihrer Meinung nach zerstörerischen landwirtschaftlichen Praktiken, die auf synthetische Düngemittel und Pflanzenschutzmittel angewiesen sind. Eine Analyse in Nature Food lobte die Strategie als „einen ersten Schritt zu einer echten Steuerung der Lebensmittelsysteme und [...] zum richtigen Zeitpunkt, um einige der dringendsten Umwelt- und Gesundheitsprobleme der europäischen Gesellschaft anzugehen". Viele grüne Gruppen sahen darin einen Sieg für eine Politik, die den ökologischen Landbau in den Vordergrund stellt. Die paneuropäische Gruppe Organic Cities behauptete, dass sie „den ökologischen Landbau in den Mittelpunkt des Übergangs zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen stellt".

Viele Nachhaltigkeitsexperten sind weniger zuversichtlich. Die Befürworter von F2F, darunter auch die Kommentatoren von Nature Food, wiesen darauf hin, dass die Verpflichtungen bisher nur  Wunschvorstellungen sind: „Das Konzept bleibt in der F2F-Strategie noch ziemlich undefiniert und erscheint als Allheilmittel ohne klare konzeptionelle Abgrenzung." Andere bezweifeln, dass ökologische Praktiken mit Nachhaltigkeit gleichzusetzen sind, und verweisen auf Lebenszyklus-Analysen, die zu dem Schluss kommen, dass die Umweltvorteile einer fast dreifachen Vergrößerung der ökologischen Anbaufläche am Ende mehr Kohlenstoff in die Atmosphäre freisetzen könnten als konventionelle Praktiken. [Mehr dazu findet sich in der umfassenden Darstellung von Our World in Data].

Die Ökonomen gaben eine vernichtende Beurteilung ab. F2F, so gut gemeint es auch sein mag, könnte die weltweite Ernährungssicherheit erheblich verschlechtern. Ihre Ziele seien unrealistisch, und ihre Umsetzung würde die Nahrungsmittelproduktion reduzieren, was zu höheren Nahrungsmittelpreisen führen würde.

Unabhängige Bewertungen

Eine Folgenabschätzung der Universität Wageningen, die 2021 veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass die von der Kommission empfohlene Umsetzung der F2F-Politik zu einem Rückgang der EU-Erzeugung um 10 bis 20 Prozent führen würde.

Studien des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) schätzten einen Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion in der EU um 12 Prozent bis 2030: „Auf der Grundlage unserer Analyse würden die von der Europäischen Kommission in ihrem Zehnjahresplan vorgeschlagenen Maßnahmen zur Nachhaltigkeit von Lebensmitteln und Landwirtschaft zur Verringerung des Einsatzes traditioneller landwirtschaftlicher Betriebsmittel wie Böden, Düngemittel, antimikrobielle Mittel und Pestizide in der EU zu einer Verringerung sowohl der landwirtschaftlichen Produktion als auch der Wettbewerbsfähigkeit der EU auf den Exportmärkten führen.“

„Die Ökonomen gaben eine vernichtende Beurteilung ab. F2F, so gut gemeint es auch sein mag, könnte die weltweite Ernährungssicherheit erheblich verschlechtern."

F2F könnte die weltweiten Lebensmittelpreise in die Höhe schnellen lassen – um 89 Prozent, wenn alle Länder dem europäischen Modell folgen würden. „Eine Einschränkung des Lebensmittelangebots in der EU würde wahrscheinlich zu Preiserhöhungen führen, die sich auf die Budgets der Verbraucher auswirken, die Ernährungssicherheit verringern und das BIP weltweit senken würden [...]. Unsere Modelle zeigen, dass diese Auswirkungen umso ausgeprägter sind, je weiter sich die Maßnahmen der EU zur Beschränkung des Einsatzes von landwirtschaftlichen Betriebsmitteln erstrecken, was wiederum Folgen für die internationale Ernährungssicherheit hat. Unseren Befunden zufolge werden bei einer Einschränkung des Handels aufgrund der von der EG vorgeschlagenen Maßnahmen die Auswirkungen vor allem in den Regionen mit der weltweit größten Ernährungsunsicherheit zu spüren sein.“

Die vielleicht wichtigste ungewollte Folge der F2F-Strategie sind die Verwerfungen, die sie für Afrika und andere gefährdete Regionen mit sich bringen könnte, die wahrscheinlich die Hauptlast der unvermeidlichen Engpässe in der europäischen Nahrungsmittelproduktion zu tragen haben werden. Die USDA-Studie schätzt, dass „die Zahl der von Ernährungsunsicherheit betroffenen Menschen in den am meisten gefährdeten Regionen der Welt um 185 Millionen ansteigen [würde] (globale Annahme)".

Ein Kurzbericht des Zentrums für Afrika-Europa-Beziehungen über die F2F warnt ebenfalls davor, dass der Plan die globalen Nachhaltigkeitsauswirkungen seines „Europa-zuerst"-Vorschlags außer Acht lässt: „Die positiven Auswirkungen der F2F- und Biodiversitätsstrategie auf die Treibhausgasemissionen (aufgrund geringerer Produktion und gesteigerter Effizienz in Europa) könnten durch höhere Emissionen aufgrund der steigenden landwirtschaftlichen Produktion außerhalb der EU aufgezehrt werden. Ebenso könnten die potenziellen Biodiversitätsgewinne der F2F- und Biodiversitätsstrategie zunichte gemacht werden, wenn sie zur Ausweitung der Landwirtschaft in Biodiversitäts-Hotspots rund um den Äquator beitragen.“

Bewertung der Auswirkungen des Ukrainekriegs

Der Krieg in der Ukraine, der weltweit zu erheblichen Störungen bei der Nahrungsmittelversorgung geführt hat, hat die ehrgeizigen Ziele der F2F-Strategie weiter in Frage gestellt. Er hat in der EU eine anhaltende Debatte darüber ausgelöst, ob die Strategie angesichts der durch den jahrelangen Konflikt verursachten weltweiten Störungen der Nahrungsmittelversorgung geändert werden sollte. Die Preise für Lebensmittel und Düngemittel sind in die Höhe geschnellt, haben Russland und die Ukraine doch als Kornkammern die Weltmärkte mit Weizen, Gerste, Mais, Sonnenblumenöl und Düngemitteln versorgt. Die damit verbundenen Preissteigerungen für wichtige landwirtschaftliche Rohstoffe und Betriebsmittel haben zum weltweiten Inflationsdruck beigetragen.

„Die vielleicht wichtigste ungewollte Folge der F2F-Strategie sind die Verwerfungen, die sie für Afrika und andere gefährdete Regionen mit sich bringen könnte."

In einem Bericht des Europäischen Parlaments vom April 2022 wurde das Ausmaß der eskalierenden Nahrungsmittelkrise und der durch den Krieg verursachten Kollateralschäden festgestellt: „Die Ukraine liefert normalerweise fast die Hälfte des Getreides (52 Prozent der EU-Maiseinfuhren) und der Pflanzen-/Rapsöle (23 Prozent bzw. 72 Prozent der EU-Einfuhren) sowie ein Viertel des nach Europa eingeführten Geflügelfleisches, und Russland ist ein wichtiger globaler Exporteur von Düngemitteln, Pflanzenölen, Weizen und Gerste. Auf beide Länder zusammen entfallen mehr als 30 Prozent der weltweiten Weizenausfuhren und fast 30 Prozent der Gerstenexporte. Russland ist der weltweit größte Lieferant von Düngemitteln und der zweitgrößte Exporteur von Kali, einem wichtigen Bestandteil von Düngemitteln. [...] Sanktionen werden die EU verpflichten, den Importanteil Russlands und Weißrusslands zu ersetzen, nämlich 60 Prozent bei Kali und 35 Prozent bei Phosphaten. In der EU haben einige Düngemittelhersteller die Produktion vorübergehend eingestellt, da die Energiekosten zu hoch waren.“

Europa hat seine Pläne zur Umsetzung der F2F-Strategie zumindest vorübergehend gebremst und damit eine Auseinandersetzung zwischen Befürwortern und Gegnern der Strategie ausgelöst. Die Befürworter der F2F-Strategie sind nicht bereit, Abstriche zu machen und argumentieren, dass die Unterbrechungen durch den Krieg nur vorübergehend sind. Sie argumentieren, die Dringlichkeit des Klimawandels verlange, dass die F2F Strategie vollständig umgesetzt und nicht verwässert werde. Skeptiker argumentieren, dass der Krieg in der Ukraine deutlich gemacht hat, warum die Ziele der F2F-Strategie nie erreichbar waren, und dass sie überdacht werden müssen. Sie plädieren für eine umfassendere Bewertung der Nachhaltigkeit von Lebensmitteln, bei der auch innovative Technologien wie gentechnisch veränderte Nutzpflanzen, einschließlich CRISPR-veränderter Sorten, in Betracht gezogen werden sollten.

Widerstreitende Visionen

Die britische Financial Times hat die politischen Kräfte beschrieben, die sich zusammenfinden, um eine Neubewertung der F2F-Ziele vorzunehmen. Der französische Präsident Emmanuel Macron rechnet mit einem Rückgang der Nahrungsmittelproduktion um 13 Prozent und erklärt, die nachhaltige Ernährungsstrategie basiere „auf einer Welt vor dem Ukraine-Krieg" und müsse überarbeitet werden. Die Financial Times berichtet: „Ein Paradigmenwechsel ist nötig [...], angefangen bei den Zielen, Vorgaben und dem Zeitplan der Farm to Fork-Strategie [...]. Pekka Pesonen, Generalsekretär der Copa-Cogeca [Europas größter Interessenverband der Landwirte], sagte, der beste Weg zur Reduzierung der Kohlenstoffemissionen sei die Steigerung der Produktivität. Er drängt darauf, neue Technologien zuzulassen, die es ermöglichen, durch gentechnische Veränderungen die Leistung von Tieren und Pflanzen zu verbessern. Schätzungsweise würden zwei Drittel der Produktivitätssteigerungen bei Nutzpflanzen und -tieren aus besserem genetischen Material resultieren.“

Die Interessenvertreter der europäischen Landwirte lehnen viele Aspekte der F2F-Strategie ab, da sich viele Landwirte in der EU aufgrund steigender Düngemittel- und Energiekosten in einer schwierigen Lage befinden. Dies wurde durch die Hitzewelle des letzten Sommers noch verschärft, die die Ernteerträge reduzierte. Christiane Lambert, Ko-Vorsitzende von Copa-Cogeca, sagte laut Financial Times, die geplante Reduzierung des Pestizideinsatzes sei „nicht realistisch", und fügte hinzu: „Wir werden möglicherweise nicht in der Lage sein, die Verbrauchernachfrage zu befriedigen, wenn wir sehen, dass einige dieser Produkte aufgrund der Richtlinie vom Markt genommen werden.  Es ist wichtig, dass diese Entscheidung auf der Grundlage der Wissenschaft und nicht der Politik getroffen wird."

Der Vorschlag zur Umsetzung der Pläne zur Reduzierung des Pestizideinsatzes wurde im vergangenen September von den Landwirtschaftsministern aus Österreich, Bulgarien, Estland, Ungarn, Malta, Polen, Rumänien, Slowenien und der Slowakei auf Eis gelegt. Während eines Treffens der EU-Landwirtschafts- und Fischereiminister forderten sie gemeinsam die Europäische Kommission auf, eine zweite Folgenabschätzung für die Maßnahme durchzuführen, da sie „die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die weltweite Ernährungssicherheit und die daraus resultierenden Gefahren für die Europäische Union nicht berücksichtigt".

Umweltschützer halten dagegen

Umweltgruppen, die vor dem Krieg davon ausgingen, dass F2F eine ausgemachte Sache sei, geraten in Panik. „Eine Verwässerung der Farm to Fork-Strategie und ihrer Maßnahmen wird die Abhängigkeit Europas von nicht-erneuerbaren Energiequellen wie fossilen Brennstoffen aufrechterhalten und steht im Widerspruch zu dem, was jetzt notwendig ist, um die Ernährung für alle zu sichern", erklärte die Food Policy Coalition.

Für die grüne Lobby gibt es keinen Raum für Kompromisse. Sie haben alle Maßnahmen zur Aufweichung der Strategie heftig kritisiert und sie als Ausverkauf an die Interessen der Konzerne und als Einschränkung der Verpflichtung der EU zur Verringerung des Kohlenstoff-Fußabdrucks des Agrarsektors bezeichnet. Im November letzten Jahres haben mehrere Umwelt-, Bio- und grüne nicht-staatliche Organisationen einen Brief an die EU-Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Gesundheit und den Präsidenten des Europäischen Parlaments verfasst, in dem sie eine Verzögerung der Reduzierung des Pestizideinsatzes in der EU als inakzeptabel bezeichneten. Die Koalition „verurteilt aufs Schärfste die Bestrebungen, den Vorschlag zur Verringerung des Pestizideinsatzes abzuschwächen" und erklärt, dass seine Verabschiedung „von entscheidender Bedeutungfür die Umsetzung der Farm to Fork- und der Biodiversitäts-Strategie sei.

F2F sei ein wichtiger Schritt, schreiben sie, „auf dem Weg zu einer giftfreien Umwelt, zum Schutz der Umwelt und zur Schaffung widerstandsfähiger landwirtschaftlicher Systeme, die in der Lage sind, die Nahrungsmittelproduktion zu sichern und aktuelle und künftige Krisen zu bewältigen [...]. Der massive Einsatz synthetischer Pestizide hat bereits jetzt negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, auf die biologische Vielfalt, einschließlich der Bestäuber, sowie auf die Wasser- und Bodenqualität.“

Neubewertung des ökologischen Fußabdrucks von F2F

Unter Berufung auf ein internes Dokument der Europäischen Kommission berichtete Politico im Januar in einem Artikel mit dem Titel „Farm to Flop", dass die F2F „in großer Gefahr sei, da viele der ehrgeizigsten Reformvorhaben durch politische Kämpfe zwischen Landwirten, EU-Beamten und nationalen Diplomaten verzögert oder ganz blockiert würden". Drei Jahre nach dem Vorschlag wird in dem Artikel festgestellt: „Der grüne Schein verblasst, da die doppelte Lebensmittel- und Energiekrise, die durch Russlands Invasion in der Ukraine ausgelöst wurde, die Kritiker ermutigt, von der französischen Agrarlobby bis hin zum eigenen Agrarkommissar, der argumentiert, dass die Umstellung zu ehrgeizig sei und eine ungleiche und ungerechte Belastung für die EU-Mitgliedsländer bedeuten würde.“

Dem Kommisionsdokument zufolge verlieren viele der am weitesten gehenden vorgeschlagenen Änderungen in den 31 EU-Ländern an Zugkraft. Das größte Problem: Viele Länder glauben nicht, dass der Plan der EU-Kommission, den Pestizideinsatz bis zum Ende des Jahrzehnts zu halbieren, machbar ist. „Der Green Deal ist [...] ein politisches Programm, in dem alle möglichen Ziele enthalten sind und das, wie es bei politischen Programmen der Fall ist, mehr oder weniger umgesetzt werden wird", sagte EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski, der dafür bekannt ist, dass er gegen einen seiner Meinung nach unpraktikablen Plan ist, im Dezember vor dem polnischen Parlament.

Die F2F-Strategie war nie eine realistische Politik; sie ist zwar anspruchsvoll, aber es fehlen die notwendigen Details, um sicherzustellen, dass es die nachhaltigste Strategie ist. Der Plan würde die Lebensmittelproduktion und das landwirtschaftliche Einkommen verringern und die Lebensmittelpreise in die Höhe treiben. Es handelt sich größtenteils um eine Wunschliste, die auf die Anliegen grüner Aktivisten ausgerichtet ist, ohne nennenswerten Bezug zur landwirtschaftlichen Erzeugung, die der jüngsten unabhängigen Studie zufolge im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft einen Ertragsrückgang von bis zu 44 Prozent  hinnehmen muss. Eine separate Folgenabschätzung der Universität Wageningen kam zu dem Schluss, dass die vorgeschlagene Umsetzung der F2F-Strategie die Ernteerträge in der EU um 10 bis 20 Prozent senken würde.

Und da die Umstellung auf biologische Landwirtschaft weniger Ertrag bringt als die konventionelle Landwirtschaft, würde viel mehr Land für den Anbau von Lebensmitteln benötigt. Dies könnte den CO2-Fußabdruck der Landwirtschaft vergrößern, anstatt ihn zu verkleinern. Eine Studie der Chalmers University of Technology in Schweden, die in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde, kommt zu dem Schluss, dass „Lebensmittel aus ökologischem Landbau aufgrund des größeren Flächenbedarfs größere Auswirkungen auf das Klima als konventionell erzeugte Lebensmittel."

Laut Stefan Wirsenius, der an der Studie mitgewirkt hat, „führt die höhere Landnutzung in der ökologischen Landwirtschaft indirekt zu einem Anstieg der Kohlendioxid-Emissionen durch die Abholzung von Wäldern.[...] Die weltweite Nahrungsmittelproduktion wird durch den internationalen Handel bestimmt, so dass die Art und Weise, wie wir in Schweden Landwirtschaft betreiben, die Entwaldung in den Tropen beeinflusst. Wenn wir mehr Land für die gleiche Menge an Lebensmitteln beanspruchen, tragen wir indirekt zu einer größeren Abholzung in anderen Teilen der Welt bei.“

Die EU muss sich auf die Wissenschaft stützen, um eine nachhaltigere Landwirtschaftspolitik zu entwickeln, die den CO2-Fußabdruck der Landwirtschaft verringert und den Einsatz chemischer Mittel reduziert, von denen einige gefährliche ökologische Auswirkungen haben. Entscheidend wäre es, den Einsatz neuer Züchtungstechniken, die die Belastung durch Chemikalien verringern, die Erträge steigern, die Klimaresilienz erhöhen und die Ernährung verbessern könnten, zu erweitern und nicht einzuschränken – aber die F2F-Strategie schließt solche Innovationen ausdrücklich aus und beugt sich damit der Lobbyarbeit grüner Gruppen.

Wie die Studie der Universität Wageningen feststellt: „Die Beseitigung gesetzlicher Hindernisse für neue Züchtungstechniken, um den Züchtungsprozess erheblich zu verkürzen, könnte eine große Hilfe sein. Dies würde dazu beitragen, die Pflanzenproduktion mittelfristig für einjährige Kulturen und langfristig für Dauerkulturen nachhaltiger zu gestalten.“

„Nur Wissenschaft und Technologie können die Landwirtschaft nachhaltiger machen, ihren CO2-Fußabdruck verkleinern und den Einsatz von Chemikalien reduzieren."

Nur durch den Einsatz fortschrittlicher Technologien konnte die Nahrungsmittelproduktion in den USA und Europa gesteigert werden, obwohl die Zahl der Landwirte und die Anbauflächen zurückgegangen sind. Es wäre töricht, die Uhr zurückdrehen zu wollen, um in eine mythische, idyllische Zeit zurückzukehren, in der der Einsatz von Chemikalien in der Landwirtschaft weniger ausgeprägt war, wo wir doch in den westlichen Ländern tatsächlich auf den Ertrag bezogen weniger Pflanzenschutzmittel für die Nahrungsmittelproduktion einsetzen als je zuvor in der Geschichte.

Nur Wissenschaft und Technologie können die Landwirtschaft nachhaltiger machen, ihren CO2-Fußabdruck verkleinern und den Einsatz von Chemikalien reduzieren. Wenn die EU die Gentechnik für Nutzpflanzen nicht zulässt, während viele Länder wie China, Israel, die USA, Kanada, Argentinien, England, Brasilien, Japan – und jetzt auch Länder in Afrika – dies tun, bedeutet dies für die Landwirte in der EU einen erheblichen Wettbewerbsnachteil, ohne die Landwirtschaft nachhaltiger zu machen.

Die Einführung von CRISPR und anderen gentechnischen Verfahren würde es den Landwirten ermöglichen, krankheits-, pestizid- und dürreresistente sowie nährstoffreichere Pflanzen zu züchten.  Angesichts der Tatsache, dass die Weltbevölkerung von derzeit 8,0 Milliarden auf 9,7 Milliarden zusteuert, sollten alle landwirtschaftlichen Techniken in Betracht gezogen werden. Entscheidend ist, dass die Ernährungspolitik von der Wissenschaft und nicht von Ideologien bestimmt wird. Alle Anstrengungen müssen darauf gerichtet sein, die Nahrungsmittelproduktion zu steigern, nicht aber sie zu begrenzen, sodass sie teurer, weniger produktiv und weniger nachhaltig wird.

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