10.10.2018

Der tödliche Kampf gegen DDT

Von Georg Keckl

Titelbild

Foto: lksuperboy via Pixabay / CC0

Seit Jahrzehnten machen westliche Umweltaktivisten Stimmung gegen das hochwirksame Insektizid DDT. Seitdem es weltweit wieder stärker eingesetzt wird, sinken die Zahlen der Malariatoten.

Das Insektizid DDT hat nach Ansicht der US-Akademie der Wissenschaften bisher rund 500 Millionen Menschen das Leben gerettet. DDT hat sie vor Malaria, Typhus und anderen Krankheiten bewahrt, die durch Stechmücken und andere Insekten übertragen werden. Für die Mehrheit der Menschen gilt DDT allerdings als „Ultragift“ – jahrelange Angstkampagnen von NGOs haben diese Einschätzung gefestigt und zur Ächtung von DDT beigetragen. Diese Organisationen müssen sich damit aber auch unzählige Gräber von Menschen zurechnen lassen, die durch Insektenstiche an Malaria, Typhus, Zika, Gelbfieber, Chikungunya, Denguefieber, West-Nil-Fieber, Schlafkrankheit, Fleckfieber, Pest und Borreliose erkrankt und daran gestorben sind. Demgegenüber gibt nicht ein einziges Grab eines Menschen, der an DDT zur Malariabekämpfung gestorben wäre.

Abbildung 1: Der Zuwachs bis 2004 wäre durch eine klügere, undogmatischere DDT-Politik vermeidbar gewesen! Wäre die Bekämpfung der Malaria-Mücken ab 1980 kontinuierlich mit den wirksamsten Mitteln fortgeführt und weiterentwickelt worden, wäre die Infektionsrate kontinuierlich gesunken und der Tod von ca. 20 Millionen Kindern in Afrika verhindert worden. (Grafik Keckl)

DDT wurde erstmals 1874 synthetisiert. 1939 entdeckte der Schweizer Wissenschaftler Paul Müller dessen Wirkung auf Insekten. DDT wurde daraufhin auf vielen Gebieten zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt – auch gegen Flöhe und Läuse bei Menschen. 1948 erhielt Müller für seine Entdeckung den Nobelpreis.

Allerdings baut sich der Wirkstoff nur langsam ab, er wirkt gegen nützliche und schädliche Insekten gleichermaßen und reichert sich im Fettgewebe an. Nach der Ausrottung der Malariamücken in Europa wurde DDT deshalb ab 1970 als landwirtschaftliches Total-Insektizid vorsorglich in immer mehr Ländern verboten. Möglich wurde dies auch, weil inzwischen schneller abbaubare und gezielter wirkende Mittel auf den Markt gekommen.

Allerdings geriet die Kampagne gegen DDT rasch aus dem Bereich des Rationalen, so dass Anfang der 1980er-Jahre ein Fast-Verbot auch für seinen Einsatz gegen Malariamücken durchgesetzt wurde. Danach stiegen die Todesraten bei immer weiter reduziertem DDT-Einsatz in den 1990er-Jahren bis 2004 wieder an; immer mehr Länder bekamen ernste Probleme mit der Gesundheitsvorsorge.1 2006 schließlich wurde das Verbot der WHO, das immer mehr Entwicklungsländer verärgert umgingen, wieder etwas gelockert, die Zahl der Malariatoten ging wieder spürbar zurück.

„An einer korrekten Anwendung von DDT gestorben oder ursächlich erkrankt ist niemand.“

Für die Malariaprophylaxe werden Minimengen von DDT zur Anwendung in den Häusern benötigt. Sie verursachen keinerlei relevanten Schaden für die Natur, bewahren aber die Menschen, vor allem Kinder, vor einem qualvollen Tod. Nur noch in Indien wird DDT relativ exzessiv eingesetzt. Ansonsten wird mit immer weniger DDT immer mehr Menschen geholfen. Wegen der vielen geretteten Menschenleben sollte es auch keine Rolle spielen, wo DDT überall nachweisbar ist. Die Frage ist vielmehr, ob die gefundenen Mengen schaden. Und eine daran orientierte objektive Risikoabschätzung müsste immer zu Gunsten der Rettung von Menschenleben ausfallen.

Der Streit um die Umwelt- und Gesundheitswirkungen von DDT füllt Bibliotheken. An einer korrekten Anwendung gestorben oder ursächlich erkrankt ist niemand. Darf wegen eines „Vorsorgeprinzips“ für eine „ungestörte Natur“ und wegen hypothetischer Schadwirkungen auf den Menschen einem Massensterben zugesehen werden und eine Risikoabwägung zu Ungunsten von Kindern ausfallen? Ohne DDT gelingt in Armutsgebieten die Eindämmung der Stechmückenkrankheiten in der Praxis nicht. Gute Ratschläge sind wohlfeil und erhalten einen rassistischen, kolonialen und eugenischen Beigeschmack, wenn als Folge davon vorwiegend arme Kinder in Afrika sterben.

Würde deren Tod vor unserer, dank DDT malariafreien, europäischen Haustüre passieren, die Diskussion wäre differenzierter. Wir Europäer können es uns leisten, auf das spottbillige DDT zu verzichten. Die Ärzte, Wissenschaftler und Politiker in Afrika müssen sich dagegen von Europäern, auch nicht von unseren Ministerien, dem Umweltbundesamt  oder deutschen NGO’s, heute nicht mehr vorschreiben lassen, wie sie ihre heimischen Massenkrankheiten bekämpfen sollen. 2

Abbildung 2: Malariainfektionen nach dem DDT-Verbot und nach der Wiederzulassung (Quelle 3)

Insbesondere aus Deutschland sollten in Fragen der Malariabekämpfung keine Ferndiagnosen gestellt werden. Die Entscheidung über die besten Wege sollte der WHO und den betroffenen Ländern überlassen bleiben. Es sollten auch keine grünpopulistischen Urteile über die DDT-Anwenderstaaten gefällt werden. Wir eignen uns gewiss nicht als Chefideologen oder Zuchtmeister einer neuen Umweltbewegung.

„Insbesondere aus Deutschland sollten in Fragen der Malariabekämpfung keine Ferndiagnosen gestellt werden.“

Es ist jedenfalls anmaßender Kolonialstil, wenn unser Entwicklungshilfeministerium unter dem peinlich anbiedernden Schlagwort „Marshallplan mit Afrika“ zur Malariabekämpfung schreibt: „Weil außerdem bekannt ist, dass DDT gefährliche Langzeitwirkungen hat, unterstützt Deutschland allenfalls äußerst eingeschränkt Maßnahmen mit Verwendung von DDT. Auch das Besprühen der Innenräume mit alternativen Substanzen ist nur unter bestimmten Bedingungen zu empfehlen. Die Wirkung ist unter anderem abhängig von den klimatischen Verhältnissen und konstruktionsbedingten Kriterien wie dem Wandmaterial. Hinzu kommt, dass das großflächige Sprühen der Insektizide die Umwelt übermäßig und unnötig belastet. Die Gesundheitsbelastung für Menschen, die in solchen Räumen leben, ist besonders hoch.“

Und es ist schließlich grotesk, wenn sich das Umweltbundesamt zum Welt-Malaria-Tag am 25. April 04.2009 auf einer Pressekonferenz des Pestizid Aktions-Netzwerk (PAN) Fragen zur Anwendung von DDT in Afrika stellt, nachdem PAN zugleich in einer Broschüre die Staaten, die DDT zum Malariaschutz anwenden, als „Staaten am Rande der Legalität“ verurteilt. Es darf nicht sein, dass Kinder sterben, nur weil die Politiker ihres Landes fürchten müssen, bei einem medizinisch geboten DDT-Einsatz Gelder von der Entwicklungshilfe zu verlieren oder mit NGO-Kampagnen überzogen zu werden.

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